Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

Bild:
<< vorherige Seite

Cabildo erreicht, von wo die Staatsbahn bis Osovno bereits im Betrieb ist, verbinden. Nach Fertigstellung der Längsbahn und nach Inbetriebnahme der nahezu fertigen Strecke Osovno - Puerto Montt, werden von Tacna im Norden bis Puerto Montt im Süden 3439 km Eisenbahnverbindung vorhanden sein, jedoch mit Spurweiten, die abwechselnd 1 m und 1·68 m betragen. Der Bau der Linie liegt in den Händen zweier englischer Syndikate. Die größten Schwierigkeiten finden sich auf der Strecke Cabildo-Vallenar. Zwischen Cabildo und Vallenar entfallen auf eine Gesamtlänge von etwa 400 km rund 65 km Zahnradstrecken. Die Höchststeigung auf den Zahnstrecken beträgt 6%, auf den Reibungsstrecken 3%, der kleinste Krümmungshalbmesser auf den Zahnradstrecken 140 m, sonst 80 m. An Kunstbauten hat die Linie Cabildo-Copiapo neben verschiedenen kleineren Tunneln vier große Tunnel von 787 bis 1470 m Länge aufzuweisen, ferner zwei Brücken mit je zehn Öffnungen zu 30 m und eine mit fünf Öffnungen von 60 und 30 m. Der höchste Punkt auf dem mittleren Abschnitt liegt 1387 m ü. d. M., zu noch größeren Höhen erhebt sich das Gleis zwischen Pueblo Hundido und Lagunas.

Literatur: Santiago Marin Vicunda: Los ferrocariles de Chile. Santiago de Chile. 1910. - Luis Galdames, El commerco interior de Chile. 1909. - Arch. f. Ebw. - Ztg. d. VDEV. - Rev. gen. d. chem. 1900. S. 287 ff. - The Railway Gazette (London), Sondernummer vom 25. Mai 1910, S. 89 ff. Organ 1912, S. 206.

v. der Leyen.


Chinesische Eisenbahnen (vgl. Karte Taf. V).

Inhaltsübersicht: A. Geographisch-politischer Überblick. Hauptabschnitte der Entwicklung des Eisenbahnwesens. Verzeichnis der heutigen Linien. - B. Die einzelnen Bahngruppen in China. I. Die Bahnen in der Mandschurei. II. Die Nordbahnen. III. Die Zentralbahn (nördlicher Teil) Peking-Hankau. IV. Die Schantung- und Tientsin-Pukoubahn. V. Die Yangtsebahnen. VI. Die Bahnen im Süden. - C. Die Zukunft der Bahnen Chinas.

A. Geographisch-politischer Überblick. China zerfällt in das eigentliche Reich und die vier Nebenländer Mandschurei, Mongolei, Ostturkestan und Tibet. Für das Eisenbahnwesen kommen das eigentliche China und die Mandschurei in Betracht. Man berechnet den Flächeninhalt des Gesamtreichs auf etwa 11 Mill. km2, den des eigentlichen China auf 31/2 Mill. und den der Mandschurei auf 942.000 km2. Die Einwohnerzahl Chinas und der Mandschurei wird auf 4381/2 Mill. geschätzt. China steht darnach mit seiner Seelenzahl an erster Stelle, mit seinem Flächeninhalt an dritter Stelle auf der Erde.

Hankau am mittleren Yangtsekiang wird voraussichtlich den Haupteisenbahnknotenpunkt bilden. Denkt man sich diese Stadt als ungefähren Mittelpunkt eines langgestreckten Vierecks, so würden an den Ecken Kanton, Schanghai, Peking und Tschengtufu (Setschuan) liegen, die wagrechte Mittellinie würde der Yangtse bilden, die lotrechte die Trasse der großen Zentralbann Peking-Hankau-Kanton.

Der Yangtse teilt China in eine Nord- und Südhälfte. Der Ausbau eines Eisenbahnnetzes hat sich im wesentlichen auf das nördliche China beschränkt. Nordchina ist arm an Wasserstraßen, deren der Süden eine große Menge aufweist. Der Norden hat überwiegend Flachland, der Süden Gebirgsland. Im Norden liegt die Reichshauptstadt; die Bevölkerung des Südens ist fremdenfeindlicher als die des Nordens. Auch ist der Norden weit mehr von Fremden besucht und bereist und endlich sind die meisten Bergwerksunternehmungen im Norden zu finden.

Im Süden erwarb Frankreich 1878 mit Tongking sein großes östliches Kolonialreich und wurde so vom Meere bis zum Mekong Chinas Nachbar. Vom Mekong, der Grenze von Britisch-Oberburma, schließt sich England als Beherrscher der Grenzgebiete bis zum 39. Breitengrade an, ihm folgt Rußland, das in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts in ständigem Vordringen in bisher kaum betretene Gebiete seine Macht allenthalben bis an die chinesische Grenze vorgeschoben hat. Im Osten endlich hat die neueste Entwicklung Japan in Korea zum unmittelbaren Nachbar Chinas gemacht. Die Lage ist die, daß von Norden und Süden Rußland und Frankreich China zu durchdringen suchen und von Osten und Westen England und Japan sich die Hand reichen möchten. Dieser in der Eisenbahnentwicklung verfolgbare Gedanke ist von den Chinesen bewußt bekämpft worden. Besonders hat die Politik Chinas sich auf ein Zusammengehen mit Ländern, von denen keine Befürchtungen wie von den vier Großmächten zu hegen waren, gerichtet. Hier ist besonders an die Vereinigten Staaten zu denken, denen auch im Eisenbahnwesen viel Entgegenkommen bewiesen worden ist. Ihrer Stellung nicht unähnlich ist die des Deutschen Reichs und Österreichs, deren Entfernung von den Grenzen Chinas weniger Anlaß zu Mißtrauen bietet.

Vor allem war im Norden das Bedürfnis nach besseren Verkehrsmöglichkeiten größer, weil der Süden sich durch ein weites Netz von Wasserstraßen auszeichnet, während im Norden der Transport auf schlechte Wege und primitive Beförderungsmittel, Schubkarre, Tragstange, Esel, Maultiere und auch Karren angewiesen ist. Obschon trotz der Kümmerlichkeit der Wege der Verkehr im nördlichen China recht erheblich war, geschah wenig oder nichts zu einer Besserung der Verkehrswege. Auch der Gedanke an Einführung von Eisenbahnen fand keine geneigten Ohren. Der Widerstand ging zunächst aus von einzelnen Interessenten, die sich in ihrer Existenz als Beamte, Wegzollerheber, Karrenführer, Träger u. s. w. bedroht fühlten, eine Erscheinung, die auch in westlichen Ländern zu beobachten gewesen ist. Dazu kam die Abneigung gegen alles Fremde, der durchgängig konservative Sinn des Chinesen, sowie eine Fülle von abergläubischen Vorstellungen. Auch schwerwiegende politische Gründe ließen die Regierung eine ablehnende Haltung einnehmen.

Bis in die neueste Zeit war China nur auf dem Wasserwege zu erreichen. Dadurch, daß nur wenige bestimmt bezeichnete Häfen dem Eindringen und der Ansiedlung der Fremden geöffnet wurden, hatte die Regierung eine erfolgreiche Waffe in der Hand, den Zustrom der unbeliebten Fremden zu hemmen oder doch zu regeln. Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist jedoch China, wie oben bemerkt, aus seiner Isolierung auf der Landseite in die Nachbarschaft von vier Großmächten auf der ganzen Riesenlänge seiner Grenzen gekommen, deren Bahnen sich bis unmittelbar an die Grenze Chinas erstrecken.


Cabildo erreicht, von wo die Staatsbahn bis Osovno bereits im Betrieb ist, verbinden. Nach Fertigstellung der Längsbahn und nach Inbetriebnahme der nahezu fertigen Strecke Osovno – Puerto Montt, werden von Tacna im Norden bis Puerto Montt im Süden 3439 km Eisenbahnverbindung vorhanden sein, jedoch mit Spurweiten, die abwechselnd 1 m und 1·68 m betragen. Der Bau der Linie liegt in den Händen zweier englischer Syndikate. Die größten Schwierigkeiten finden sich auf der Strecke Cabildo-Vallenar. Zwischen Cabildo und Vallenar entfallen auf eine Gesamtlänge von etwa 400 km rund 65 km Zahnradstrecken. Die Höchststeigung auf den Zahnstrecken beträgt 6%, auf den Reibungsstrecken 3%, der kleinste Krümmungshalbmesser auf den Zahnradstrecken 140 m, sonst 80 m. An Kunstbauten hat die Linie Cabildo-Copiapó neben verschiedenen kleineren Tunneln vier große Tunnel von 787 bis 1470 m Länge aufzuweisen, ferner zwei Brücken mit je zehn Öffnungen zu 30 m und eine mit fünf Öffnungen von 60 und 30 m. Der höchste Punkt auf dem mittleren Abschnitt liegt 1387 m ü. d. M., zu noch größeren Höhen erhebt sich das Gleis zwischen Pueblo Hundido und Lagunas.

Literatur: Santiago Marin Vicuña: Los ferrocariles de Chile. Santiago de Chile. 1910. – Luis Galdames, El commerco interior de Chile. 1909. – Arch. f. Ebw. – Ztg. d. VDEV. – Rev. gén. d. chem. 1900. S. 287 ff. – The Railway Gazette (London), Sondernummer vom 25. Mai 1910, S. 89 ff. Organ 1912, S. 206.

v. der Leyen.


Chinesische Eisenbahnen (vgl. Karte Taf. V).

Inhaltsübersicht: A. Geographisch-politischer Überblick. Hauptabschnitte der Entwicklung des Eisenbahnwesens. Verzeichnis der heutigen Linien. – B. Die einzelnen Bahngruppen in China. I. Die Bahnen in der Mandschurei. II. Die Nordbahnen. III. Die Zentralbahn (nördlicher Teil) Peking-Hankau. IV. Die Schantung- und Tientsin-Pukoubahn. V. Die Yangtsebahnen. VI. Die Bahnen im Süden. – C. Die Zukunft der Bahnen Chinas.

A. Geographisch-politischer Überblick. China zerfällt in das eigentliche Reich und die vier Nebenländer Mandschurei, Mongolei, Ostturkestan und Tibet. Für das Eisenbahnwesen kommen das eigentliche China und die Mandschurei in Betracht. Man berechnet den Flächeninhalt des Gesamtreichs auf etwa 11 Mill. km2, den des eigentlichen China auf 31/2 Mill. und den der Mandschurei auf 942.000 km2. Die Einwohnerzahl Chinas und der Mandschurei wird auf 4381/2 Mill. geschätzt. China steht darnach mit seiner Seelenzahl an erster Stelle, mit seinem Flächeninhalt an dritter Stelle auf der Erde.

Hankau am mittleren Yangtsekiang wird voraussichtlich den Haupteisenbahnknotenpunkt bilden. Denkt man sich diese Stadt als ungefähren Mittelpunkt eines langgestreckten Vierecks, so würden an den Ecken Kanton, Schanghai, Peking und Tschengtufu (Setschuan) liegen, die wagrechte Mittellinie würde der Yangtse bilden, die lotrechte die Trasse der großen Zentralbann Peking-Hankau-Kanton.

Der Yangtse teilt China in eine Nord- und Südhälfte. Der Ausbau eines Eisenbahnnetzes hat sich im wesentlichen auf das nördliche China beschränkt. Nordchina ist arm an Wasserstraßen, deren der Süden eine große Menge aufweist. Der Norden hat überwiegend Flachland, der Süden Gebirgsland. Im Norden liegt die Reichshauptstadt; die Bevölkerung des Südens ist fremdenfeindlicher als die des Nordens. Auch ist der Norden weit mehr von Fremden besucht und bereist und endlich sind die meisten Bergwerksunternehmungen im Norden zu finden.

Im Süden erwarb Frankreich 1878 mit Tongking sein großes östliches Kolonialreich und wurde so vom Meere bis zum Mekong Chinas Nachbar. Vom Mekong, der Grenze von Britisch-Oberburma, schließt sich England als Beherrscher der Grenzgebiete bis zum 39. Breitengrade an, ihm folgt Rußland, das in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts in ständigem Vordringen in bisher kaum betretene Gebiete seine Macht allenthalben bis an die chinesische Grenze vorgeschoben hat. Im Osten endlich hat die neueste Entwicklung Japan in Korea zum unmittelbaren Nachbar Chinas gemacht. Die Lage ist die, daß von Norden und Süden Rußland und Frankreich China zu durchdringen suchen und von Osten und Westen England und Japan sich die Hand reichen möchten. Dieser in der Eisenbahnentwicklung verfolgbare Gedanke ist von den Chinesen bewußt bekämpft worden. Besonders hat die Politik Chinas sich auf ein Zusammengehen mit Ländern, von denen keine Befürchtungen wie von den vier Großmächten zu hegen waren, gerichtet. Hier ist besonders an die Vereinigten Staaten zu denken, denen auch im Eisenbahnwesen viel Entgegenkommen bewiesen worden ist. Ihrer Stellung nicht unähnlich ist die des Deutschen Reichs und Österreichs, deren Entfernung von den Grenzen Chinas weniger Anlaß zu Mißtrauen bietet.

Vor allem war im Norden das Bedürfnis nach besseren Verkehrsmöglichkeiten größer, weil der Süden sich durch ein weites Netz von Wasserstraßen auszeichnet, während im Norden der Transport auf schlechte Wege und primitive Beförderungsmittel, Schubkarre, Tragstange, Esel, Maultiere und auch Karren angewiesen ist. Obschon trotz der Kümmerlichkeit der Wege der Verkehr im nördlichen China recht erheblich war, geschah wenig oder nichts zu einer Besserung der Verkehrswege. Auch der Gedanke an Einführung von Eisenbahnen fand keine geneigten Ohren. Der Widerstand ging zunächst aus von einzelnen Interessenten, die sich in ihrer Existenz als Beamte, Wegzollerheber, Karrenführer, Träger u. s. w. bedroht fühlten, eine Erscheinung, die auch in westlichen Ländern zu beobachten gewesen ist. Dazu kam die Abneigung gegen alles Fremde, der durchgängig konservative Sinn des Chinesen, sowie eine Fülle von abergläubischen Vorstellungen. Auch schwerwiegende politische Gründe ließen die Regierung eine ablehnende Haltung einnehmen.

Bis in die neueste Zeit war China nur auf dem Wasserwege zu erreichen. Dadurch, daß nur wenige bestimmt bezeichnete Häfen dem Eindringen und der Ansiedlung der Fremden geöffnet wurden, hatte die Regierung eine erfolgreiche Waffe in der Hand, den Zustrom der unbeliebten Fremden zu hemmen oder doch zu regeln. Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist jedoch China, wie oben bemerkt, aus seiner Isolierung auf der Landseite in die Nachbarschaft von vier Großmächten auf der ganzen Riesenlänge seiner Grenzen gekommen, deren Bahnen sich bis unmittelbar an die Grenze Chinas erstrecken.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0198" n="186"/>
Cabildo erreicht, von wo die Staatsbahn bis Osovno bereits im Betrieb ist, verbinden. Nach Fertigstellung der Längsbahn und nach Inbetriebnahme der nahezu fertigen Strecke Osovno &#x2013; Puerto Montt, werden von Tacna im Norden bis Puerto Montt im Süden 3439 <hi rendition="#i">km</hi> Eisenbahnverbindung vorhanden sein, jedoch mit Spurweiten, die abwechselnd 1 <hi rendition="#i">m</hi> und 1·68 <hi rendition="#i">m</hi> betragen. Der Bau der Linie liegt in den Händen zweier englischer Syndikate. Die größten Schwierigkeiten finden sich auf der Strecke Cabildo-Vallenar. Zwischen Cabildo und Vallenar entfallen auf eine Gesamtlänge von etwa 400 <hi rendition="#i">km</hi> rund 65 <hi rendition="#i">km</hi> Zahnradstrecken. Die Höchststeigung auf den Zahnstrecken beträgt 6<hi rendition="#i">%</hi>, auf den Reibungsstrecken 3<hi rendition="#i">%</hi>, der kleinste Krümmungshalbmesser auf den Zahnradstrecken 140 <hi rendition="#i">m,</hi> sonst 80 <hi rendition="#i">m.</hi> An Kunstbauten hat die Linie Cabildo-Copiapó neben verschiedenen kleineren Tunneln vier große Tunnel von 787 bis 1470 <hi rendition="#i">m</hi> Länge aufzuweisen, ferner zwei Brücken mit je zehn Öffnungen zu 30 <hi rendition="#i">m</hi> und eine mit fünf Öffnungen von 60 und 30 <hi rendition="#i">m.</hi> Der höchste Punkt auf dem mittleren Abschnitt liegt 1387 <hi rendition="#i">m</hi> ü. d. M., zu noch größeren Höhen erhebt sich das Gleis zwischen Pueblo Hundido und Lagunas.</p><lb/>
          <p rendition="#smaller"><hi rendition="#i">Literatur:</hi><hi rendition="#g">Santiago Marin Vicuña:</hi> Los ferrocariles de Chile. Santiago de Chile. 1910. &#x2013; <hi rendition="#g">Luis Galdames,</hi> El commerco interior de Chile. 1909. &#x2013; Arch. f. Ebw. &#x2013; Ztg. d. VDEV. &#x2013; Rev. gén. d. chem. 1900. S. 287 ff. &#x2013; The Railway Gazette (London), Sondernummer vom 25. Mai 1910, S. 89 ff. Organ 1912, S. 206.</p><lb/>
          <p rendition="#right">v. der Leyen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Chinesische Eisenbahnen</hi> (vgl. Karte Taf. V).</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Inhaltsübersicht</hi>: A. Geographisch-politischer Überblick. Hauptabschnitte der Entwicklung des Eisenbahnwesens. Verzeichnis der heutigen Linien. &#x2013; B. Die einzelnen Bahngruppen in China. I. Die Bahnen in der Mandschurei. II. Die Nordbahnen. III. Die Zentralbahn (nördlicher Teil) Peking-Hankau. IV. Die Schantung- und Tientsin-Pukoubahn. V. Die Yangtsebahnen. VI. Die Bahnen im Süden. &#x2013; C. Die Zukunft der Bahnen Chinas.</p><lb/>
          <p>A. <hi rendition="#g">Geographisch-politischer Überblick.</hi> China zerfällt in das eigentliche Reich und die vier Nebenländer Mandschurei, Mongolei, Ostturkestan und Tibet. Für das Eisenbahnwesen kommen das eigentliche China und die Mandschurei in Betracht. Man berechnet den Flächeninhalt des Gesamtreichs auf etwa 11 Mill. <hi rendition="#i">km</hi><hi rendition="#sup">2</hi>, den des eigentlichen China auf 3<hi rendition="#sup">1</hi>/<hi rendition="#sub">2</hi> Mill. und den der Mandschurei auf 942.000 <hi rendition="#i">km</hi><hi rendition="#sup">2</hi>. Die Einwohnerzahl Chinas und der Mandschurei wird auf 438<hi rendition="#sup">1</hi>/<hi rendition="#sub">2</hi> Mill. geschätzt. China steht darnach mit seiner Seelenzahl an erster Stelle, mit seinem Flächeninhalt an dritter Stelle auf der Erde.</p><lb/>
          <p>Hankau am mittleren Yangtsekiang wird voraussichtlich den Haupteisenbahnknotenpunkt bilden. Denkt man sich diese Stadt als ungefähren Mittelpunkt eines langgestreckten Vierecks, so würden an den Ecken Kanton, Schanghai, Peking und Tschengtufu (Setschuan) liegen, die wagrechte Mittellinie würde der Yangtse bilden, die lotrechte die Trasse der großen Zentralbann Peking-Hankau-Kanton.</p><lb/>
          <p>Der Yangtse teilt China in eine Nord- und Südhälfte. Der Ausbau eines Eisenbahnnetzes hat sich im wesentlichen auf das nördliche China beschränkt. Nordchina ist arm an Wasserstraßen, deren der Süden eine große Menge aufweist. Der Norden hat überwiegend Flachland, der Süden Gebirgsland. Im Norden liegt die Reichshauptstadt; die Bevölkerung des Südens ist fremdenfeindlicher als die des Nordens. Auch ist der Norden weit mehr von Fremden besucht und bereist und endlich sind die meisten Bergwerksunternehmungen im Norden zu finden.</p><lb/>
          <p>Im Süden erwarb Frankreich 1878 mit Tongking sein großes östliches Kolonialreich und wurde so vom Meere bis zum Mekong Chinas Nachbar. Vom Mekong, der Grenze von Britisch-Oberburma, schließt sich England als Beherrscher der Grenzgebiete bis zum 39. Breitengrade an, ihm folgt Rußland, das in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts in ständigem Vordringen in bisher kaum betretene Gebiete seine Macht allenthalben bis an die chinesische Grenze vorgeschoben hat. Im Osten endlich hat die neueste Entwicklung Japan in Korea zum unmittelbaren Nachbar Chinas gemacht. Die Lage ist die, daß von Norden und Süden Rußland und Frankreich China zu durchdringen suchen und von Osten und Westen England und Japan sich die Hand reichen möchten. Dieser in der Eisenbahnentwicklung verfolgbare Gedanke ist von den Chinesen bewußt bekämpft worden. Besonders hat die Politik Chinas sich auf ein Zusammengehen mit Ländern, von denen keine Befürchtungen wie von den vier Großmächten zu hegen waren, gerichtet. Hier ist besonders an die Vereinigten Staaten zu denken, denen auch im Eisenbahnwesen viel Entgegenkommen bewiesen worden ist. Ihrer Stellung nicht unähnlich ist die des Deutschen Reichs und Österreichs, deren Entfernung von den Grenzen Chinas weniger Anlaß zu Mißtrauen bietet.</p><lb/>
          <p>Vor allem war im Norden das Bedürfnis nach besseren Verkehrsmöglichkeiten größer, weil der Süden sich durch ein weites Netz von Wasserstraßen auszeichnet, während im Norden der Transport auf schlechte Wege und primitive Beförderungsmittel, Schubkarre, Tragstange, Esel, Maultiere und auch Karren angewiesen ist. Obschon trotz der Kümmerlichkeit der Wege der Verkehr im nördlichen China recht erheblich war, geschah wenig oder nichts zu einer Besserung der Verkehrswege. Auch der Gedanke an Einführung von Eisenbahnen fand keine geneigten Ohren. Der Widerstand ging zunächst aus von einzelnen Interessenten, die sich in ihrer Existenz als Beamte, Wegzollerheber, Karrenführer, Träger u. s. w. bedroht fühlten, eine Erscheinung, die auch in westlichen Ländern zu beobachten gewesen ist. Dazu kam die Abneigung gegen alles Fremde, der durchgängig konservative Sinn des Chinesen, sowie eine Fülle von abergläubischen Vorstellungen. Auch schwerwiegende politische Gründe ließen die Regierung eine ablehnende Haltung einnehmen.</p><lb/>
          <p>Bis in die neueste Zeit war China nur auf dem Wasserwege zu erreichen. Dadurch, daß nur wenige bestimmt bezeichnete Häfen dem Eindringen und der Ansiedlung der Fremden geöffnet wurden, hatte die Regierung eine erfolgreiche Waffe in der Hand, den Zustrom der unbeliebten Fremden zu hemmen oder doch zu regeln. Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist jedoch China, wie oben bemerkt, aus seiner Isolierung auf der Landseite in die Nachbarschaft von vier Großmächten auf der ganzen Riesenlänge seiner Grenzen gekommen, deren Bahnen sich bis unmittelbar an die Grenze Chinas erstrecken.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0198] Cabildo erreicht, von wo die Staatsbahn bis Osovno bereits im Betrieb ist, verbinden. Nach Fertigstellung der Längsbahn und nach Inbetriebnahme der nahezu fertigen Strecke Osovno – Puerto Montt, werden von Tacna im Norden bis Puerto Montt im Süden 3439 km Eisenbahnverbindung vorhanden sein, jedoch mit Spurweiten, die abwechselnd 1 m und 1·68 m betragen. Der Bau der Linie liegt in den Händen zweier englischer Syndikate. Die größten Schwierigkeiten finden sich auf der Strecke Cabildo-Vallenar. Zwischen Cabildo und Vallenar entfallen auf eine Gesamtlänge von etwa 400 km rund 65 km Zahnradstrecken. Die Höchststeigung auf den Zahnstrecken beträgt 6%, auf den Reibungsstrecken 3%, der kleinste Krümmungshalbmesser auf den Zahnradstrecken 140 m, sonst 80 m. An Kunstbauten hat die Linie Cabildo-Copiapó neben verschiedenen kleineren Tunneln vier große Tunnel von 787 bis 1470 m Länge aufzuweisen, ferner zwei Brücken mit je zehn Öffnungen zu 30 m und eine mit fünf Öffnungen von 60 und 30 m. Der höchste Punkt auf dem mittleren Abschnitt liegt 1387 m ü. d. M., zu noch größeren Höhen erhebt sich das Gleis zwischen Pueblo Hundido und Lagunas. Literatur: Santiago Marin Vicuña: Los ferrocariles de Chile. Santiago de Chile. 1910. – Luis Galdames, El commerco interior de Chile. 1909. – Arch. f. Ebw. – Ztg. d. VDEV. – Rev. gén. d. chem. 1900. S. 287 ff. – The Railway Gazette (London), Sondernummer vom 25. Mai 1910, S. 89 ff. Organ 1912, S. 206. v. der Leyen. Chinesische Eisenbahnen (vgl. Karte Taf. V). Inhaltsübersicht: A. Geographisch-politischer Überblick. Hauptabschnitte der Entwicklung des Eisenbahnwesens. Verzeichnis der heutigen Linien. – B. Die einzelnen Bahngruppen in China. I. Die Bahnen in der Mandschurei. II. Die Nordbahnen. III. Die Zentralbahn (nördlicher Teil) Peking-Hankau. IV. Die Schantung- und Tientsin-Pukoubahn. V. Die Yangtsebahnen. VI. Die Bahnen im Süden. – C. Die Zukunft der Bahnen Chinas. A. Geographisch-politischer Überblick. China zerfällt in das eigentliche Reich und die vier Nebenländer Mandschurei, Mongolei, Ostturkestan und Tibet. Für das Eisenbahnwesen kommen das eigentliche China und die Mandschurei in Betracht. Man berechnet den Flächeninhalt des Gesamtreichs auf etwa 11 Mill. km2, den des eigentlichen China auf 31/2 Mill. und den der Mandschurei auf 942.000 km2. Die Einwohnerzahl Chinas und der Mandschurei wird auf 4381/2 Mill. geschätzt. China steht darnach mit seiner Seelenzahl an erster Stelle, mit seinem Flächeninhalt an dritter Stelle auf der Erde. Hankau am mittleren Yangtsekiang wird voraussichtlich den Haupteisenbahnknotenpunkt bilden. Denkt man sich diese Stadt als ungefähren Mittelpunkt eines langgestreckten Vierecks, so würden an den Ecken Kanton, Schanghai, Peking und Tschengtufu (Setschuan) liegen, die wagrechte Mittellinie würde der Yangtse bilden, die lotrechte die Trasse der großen Zentralbann Peking-Hankau-Kanton. Der Yangtse teilt China in eine Nord- und Südhälfte. Der Ausbau eines Eisenbahnnetzes hat sich im wesentlichen auf das nördliche China beschränkt. Nordchina ist arm an Wasserstraßen, deren der Süden eine große Menge aufweist. Der Norden hat überwiegend Flachland, der Süden Gebirgsland. Im Norden liegt die Reichshauptstadt; die Bevölkerung des Südens ist fremdenfeindlicher als die des Nordens. Auch ist der Norden weit mehr von Fremden besucht und bereist und endlich sind die meisten Bergwerksunternehmungen im Norden zu finden. Im Süden erwarb Frankreich 1878 mit Tongking sein großes östliches Kolonialreich und wurde so vom Meere bis zum Mekong Chinas Nachbar. Vom Mekong, der Grenze von Britisch-Oberburma, schließt sich England als Beherrscher der Grenzgebiete bis zum 39. Breitengrade an, ihm folgt Rußland, das in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts in ständigem Vordringen in bisher kaum betretene Gebiete seine Macht allenthalben bis an die chinesische Grenze vorgeschoben hat. Im Osten endlich hat die neueste Entwicklung Japan in Korea zum unmittelbaren Nachbar Chinas gemacht. Die Lage ist die, daß von Norden und Süden Rußland und Frankreich China zu durchdringen suchen und von Osten und Westen England und Japan sich die Hand reichen möchten. Dieser in der Eisenbahnentwicklung verfolgbare Gedanke ist von den Chinesen bewußt bekämpft worden. Besonders hat die Politik Chinas sich auf ein Zusammengehen mit Ländern, von denen keine Befürchtungen wie von den vier Großmächten zu hegen waren, gerichtet. Hier ist besonders an die Vereinigten Staaten zu denken, denen auch im Eisenbahnwesen viel Entgegenkommen bewiesen worden ist. Ihrer Stellung nicht unähnlich ist die des Deutschen Reichs und Österreichs, deren Entfernung von den Grenzen Chinas weniger Anlaß zu Mißtrauen bietet. Vor allem war im Norden das Bedürfnis nach besseren Verkehrsmöglichkeiten größer, weil der Süden sich durch ein weites Netz von Wasserstraßen auszeichnet, während im Norden der Transport auf schlechte Wege und primitive Beförderungsmittel, Schubkarre, Tragstange, Esel, Maultiere und auch Karren angewiesen ist. Obschon trotz der Kümmerlichkeit der Wege der Verkehr im nördlichen China recht erheblich war, geschah wenig oder nichts zu einer Besserung der Verkehrswege. Auch der Gedanke an Einführung von Eisenbahnen fand keine geneigten Ohren. Der Widerstand ging zunächst aus von einzelnen Interessenten, die sich in ihrer Existenz als Beamte, Wegzollerheber, Karrenführer, Träger u. s. w. bedroht fühlten, eine Erscheinung, die auch in westlichen Ländern zu beobachten gewesen ist. Dazu kam die Abneigung gegen alles Fremde, der durchgängig konservative Sinn des Chinesen, sowie eine Fülle von abergläubischen Vorstellungen. Auch schwerwiegende politische Gründe ließen die Regierung eine ablehnende Haltung einnehmen. Bis in die neueste Zeit war China nur auf dem Wasserwege zu erreichen. Dadurch, daß nur wenige bestimmt bezeichnete Häfen dem Eindringen und der Ansiedlung der Fremden geöffnet wurden, hatte die Regierung eine erfolgreiche Waffe in der Hand, den Zustrom der unbeliebten Fremden zu hemmen oder doch zu regeln. Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist jedoch China, wie oben bemerkt, aus seiner Isolierung auf der Landseite in die Nachbarschaft von vier Großmächten auf der ganzen Riesenlänge seiner Grenzen gekommen, deren Bahnen sich bis unmittelbar an die Grenze Chinas erstrecken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:54Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:54Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/198
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/198>, abgerufen am 21.11.2024.