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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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Die Geschichte der Chinesischen Bahnen zerfällt in vier Perioden: Die erste von 1863 bis 1878 ist die Zeit vergeblicher Gesuche Fremder um Baukonzessionen; die zweite von 1878 bis 1894 ist die eigentliche Periode der Einführung der Eisenbahnen und zeichnet sich dadurch aus, daß China aus eigener Kraft Bahnen zu bauen versucht. Die dritte Periode, von 1894 bis 1900, die Zeit der Konzessionserteilungen an die Fremden, ist bei weitem die bedeutendste; in ihr spielen sich heftige Kämpfe um Konzessionen zwischen den Unternehmern und der Regierung ab. Auch die europäischen Großmächte interessieren sich für die Frage. Sie unterstützen die Unternehmer in jeder Hinsicht und machen sich alle günstigen Umstände zunutze, um Konzessionserteilungen zu erwirken. Diese Periode schließt mit einer Reihe von Konzessionserteilungen, die alle um das Jahr 1898 herum verliehen worden sind. Die vierte Periode ist gekennzeichnet durch das Bestreben Chinas, Bahnen selbst zu bauen und von Fremden gebaute in eigene Verwaltung zu bringen. In den letzten Jahren hat sich das Bild noch mehr geändert, denn China begnügte sich nicht mehr damit, die Eisenbahnen an sich zu bringen, sondern tat auch sein möglichstes, um allein Herr im Lande zu bleiben, indem es energisch jede neue Konzession verweigerte und in seinen Unternehmungen die Europäer durch Eingeborene ersetzte.

Der älteste Schienenweg war eine Bahn von Wusung, einem Ort an der Küste, wo die großen Dampfer, die bis Schanghai nicht hinauffahren können, liegen bleiben, nach Schanghai. Eine Gesellschaft unter Führung englischer Firmen erbat eine Konzession zum Bau einer "Wagenstraße", die ihr bewilligt wurde. In Eile und Heimlichkeit wurde statt einer Straße eine Eisenbahn gebaut. Sie wurde am 30. Juni 1876 eröffnet und erfreute sich bald eines überraschenden Zuspruchs. Aber der Zorn der getäuschten Behörden war groß, und als gar ein Kuli von der Bahn überfahren wurde, erhoben sie nachdrücklichen Protest in Peking. Der englische Gesandte mußte sich fügen und nach Verlauf eines Jahres, in dem die chinesische Regierung selbst den Betrieb erfolgreich geleitet hatte, wurde die etwa 17 km lange Bahn aus der Erde gerissen und nach Formosa verschifft, wo das Material großenteils zu grunde gegangen ist.

Der nächste Versuch der Einführung der Eisenbahn stammt aus dem Jahre 1878; damals erkannte der Verwalter der Steinkohlenbergwerke von Kaiping, Li-Hung-Tschang, die Notwendigkeit der Eisenbahn für den Transport der Steinkohle; er machte Schritte bei der Regierung, um die Erlaubnis zum Bau einer Bahn zu erhalten, die sein Bergwerk mit dem nächstliegenden Hafen am Pehtang verbinden sollte. Im Jahre 1880 wurde ihm diese Linie unter der Bedingung genehmigt, daß die Zugförderung durch Maultiere erfolgen sollte. Am 9. Juni 1881 wurde diese Beförderungsart beseitigt und, ungeachtet eines heftigen Einspruchs von Peking aus, der Dampfbetrieb eingeführt.

Diese erste Eisenbahn berechtigte ihre Erbauer zu großen Hoffnungen und ermutigte zur Ausführung weiterer Bahnen.

Zunächst richtete Li-Hung-Tschang in Gemeinschaft mit Tschang-Tschih-Tung sein Augenmerk auf die Strecke Peking-Hankau, und es gelang ihm, durch den Vertrag vom Juni 1897 die Konzession für ein französisch-belgisches Syndikat zu erhalten.

Rußland erhielt für die guten Dienste, die es China geleistet hatte, als es der Annexion der Mandschurei durch Japan widersprach, in den Jahren 1896 und 1898 die Konzession für die transmandschurische und für die südmandschurische Eisenbahn, so daß Transsibirien mit Wladiwostok einerseits und Port Arthur anderseits verbunden werden konnte.

Um dieselbe Zeit erhielt Herr Luzzatti für das Peking-Syndikat die wichtige Minenkonzession von Schansi und Honan; damit war zugleich auch die Ermächtigung verbunden, überall, wo es für die Beförderung der Kohle notwendig sein sollte, Bahnen zu bauen.

Deutschland blieb nicht untätig und zog geschickt Nutzen aus der Ermordung zweier Missionäre; durch den Vertrag vom 6. März 1898, der ihm auch sonst noch viele Vorteile bot, erhielt es mehrere Minen- und Eisenbahnkonzessionen in Schantung.

Frankreich wurde im Jahre 1898 die Linie von Schansi genehmigt, die eine große Zukunft hatte, da sie ein bedeutendes Kohlenbecken durchscheiden mußte und erforderlichenfalls bis zur Hauptstadt von Schansi verlängert werden konnte.

Die Chinesen selbst machten den Ausländern Konkurrenz, und noch in demselben Jahre (1898) wurden die Konzessionen von Schanghai-Nanking und von Tientsin-Yangtse (dem heutigen Tientsin-Pukou) an zwei Chinesen vergeben, während die chinesischen Bergwerksbesitzer von Hanyang die Erlaubnis erhielten, die Linie von Tschutschou nach Pinghsiang

Die Geschichte der Chinesischen Bahnen zerfällt in vier Perioden: Die erste von 1863 bis 1878 ist die Zeit vergeblicher Gesuche Fremder um Baukonzessionen; die zweite von 1878 bis 1894 ist die eigentliche Periode der Einführung der Eisenbahnen und zeichnet sich dadurch aus, daß China aus eigener Kraft Bahnen zu bauen versucht. Die dritte Periode, von 1894 bis 1900, die Zeit der Konzessionserteilungen an die Fremden, ist bei weitem die bedeutendste; in ihr spielen sich heftige Kämpfe um Konzessionen zwischen den Unternehmern und der Regierung ab. Auch die europäischen Großmächte interessieren sich für die Frage. Sie unterstützen die Unternehmer in jeder Hinsicht und machen sich alle günstigen Umstände zunutze, um Konzessionserteilungen zu erwirken. Diese Periode schließt mit einer Reihe von Konzessionserteilungen, die alle um das Jahr 1898 herum verliehen worden sind. Die vierte Periode ist gekennzeichnet durch das Bestreben Chinas, Bahnen selbst zu bauen und von Fremden gebaute in eigene Verwaltung zu bringen. In den letzten Jahren hat sich das Bild noch mehr geändert, denn China begnügte sich nicht mehr damit, die Eisenbahnen an sich zu bringen, sondern tat auch sein möglichstes, um allein Herr im Lande zu bleiben, indem es energisch jede neue Konzession verweigerte und in seinen Unternehmungen die Europäer durch Eingeborene ersetzte.

Der älteste Schienenweg war eine Bahn von Wusung, einem Ort an der Küste, wo die großen Dampfer, die bis Schanghai nicht hinauffahren können, liegen bleiben, nach Schanghai. Eine Gesellschaft unter Führung englischer Firmen erbat eine Konzession zum Bau einer „Wagenstraße“, die ihr bewilligt wurde. In Eile und Heimlichkeit wurde statt einer Straße eine Eisenbahn gebaut. Sie wurde am 30. Juni 1876 eröffnet und erfreute sich bald eines überraschenden Zuspruchs. Aber der Zorn der getäuschten Behörden war groß, und als gar ein Kuli von der Bahn überfahren wurde, erhoben sie nachdrücklichen Protest in Peking. Der englische Gesandte mußte sich fügen und nach Verlauf eines Jahres, in dem die chinesische Regierung selbst den Betrieb erfolgreich geleitet hatte, wurde die etwa 17 km lange Bahn aus der Erde gerissen und nach Formosa verschifft, wo das Material großenteils zu grunde gegangen ist.

Der nächste Versuch der Einführung der Eisenbahn stammt aus dem Jahre 1878; damals erkannte der Verwalter der Steinkohlenbergwerke von Kaiping, Li-Hung-Tschang, die Notwendigkeit der Eisenbahn für den Transport der Steinkohle; er machte Schritte bei der Regierung, um die Erlaubnis zum Bau einer Bahn zu erhalten, die sein Bergwerk mit dem nächstliegenden Hafen am Pehtang verbinden sollte. Im Jahre 1880 wurde ihm diese Linie unter der Bedingung genehmigt, daß die Zugförderung durch Maultiere erfolgen sollte. Am 9. Juni 1881 wurde diese Beförderungsart beseitigt und, ungeachtet eines heftigen Einspruchs von Peking aus, der Dampfbetrieb eingeführt.

Diese erste Eisenbahn berechtigte ihre Erbauer zu großen Hoffnungen und ermutigte zur Ausführung weiterer Bahnen.

Zunächst richtete Li-Hung-Tschang in Gemeinschaft mit Tschang-Tschih-Tung sein Augenmerk auf die Strecke Peking-Hankau, und es gelang ihm, durch den Vertrag vom Juni 1897 die Konzession für ein französisch-belgisches Syndikat zu erhalten.

Rußland erhielt für die guten Dienste, die es China geleistet hatte, als es der Annexion der Mandschurei durch Japan widersprach, in den Jahren 1896 und 1898 die Konzession für die transmandschurische und für die südmandschurische Eisenbahn, so daß Transsibirien mit Wladiwostok einerseits und Port Arthur anderseits verbunden werden konnte.

Um dieselbe Zeit erhielt Herr Luzzatti für das Peking-Syndikat die wichtige Minenkonzession von Schansi und Honan; damit war zugleich auch die Ermächtigung verbunden, überall, wo es für die Beförderung der Kohle notwendig sein sollte, Bahnen zu bauen.

Deutschland blieb nicht untätig und zog geschickt Nutzen aus der Ermordung zweier Missionäre; durch den Vertrag vom 6. März 1898, der ihm auch sonst noch viele Vorteile bot, erhielt es mehrere Minen- und Eisenbahnkonzessionen in Schantung.

Frankreich wurde im Jahre 1898 die Linie von Schansi genehmigt, die eine große Zukunft hatte, da sie ein bedeutendes Kohlenbecken durchscheiden mußte und erforderlichenfalls bis zur Hauptstadt von Schansi verlängert werden konnte.

Die Chinesen selbst machten den Ausländern Konkurrenz, und noch in demselben Jahre (1898) wurden die Konzessionen von Schanghai-Nanking und von Tientsin-Yangtse (dem heutigen Tientsin-Pukou) an zwei Chinesen vergeben, während die chinesischen Bergwerksbesitzer von Hanyang die Erlaubnis erhielten, die Linie von Tschutschou nach Pinghsiang

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[187/0199] Die Geschichte der Chinesischen Bahnen zerfällt in vier Perioden: Die erste von 1863 bis 1878 ist die Zeit vergeblicher Gesuche Fremder um Baukonzessionen; die zweite von 1878 bis 1894 ist die eigentliche Periode der Einführung der Eisenbahnen und zeichnet sich dadurch aus, daß China aus eigener Kraft Bahnen zu bauen versucht. Die dritte Periode, von 1894 bis 1900, die Zeit der Konzessionserteilungen an die Fremden, ist bei weitem die bedeutendste; in ihr spielen sich heftige Kämpfe um Konzessionen zwischen den Unternehmern und der Regierung ab. Auch die europäischen Großmächte interessieren sich für die Frage. Sie unterstützen die Unternehmer in jeder Hinsicht und machen sich alle günstigen Umstände zunutze, um Konzessionserteilungen zu erwirken. Diese Periode schließt mit einer Reihe von Konzessionserteilungen, die alle um das Jahr 1898 herum verliehen worden sind. Die vierte Periode ist gekennzeichnet durch das Bestreben Chinas, Bahnen selbst zu bauen und von Fremden gebaute in eigene Verwaltung zu bringen. In den letzten Jahren hat sich das Bild noch mehr geändert, denn China begnügte sich nicht mehr damit, die Eisenbahnen an sich zu bringen, sondern tat auch sein möglichstes, um allein Herr im Lande zu bleiben, indem es energisch jede neue Konzession verweigerte und in seinen Unternehmungen die Europäer durch Eingeborene ersetzte. Der älteste Schienenweg war eine Bahn von Wusung, einem Ort an der Küste, wo die großen Dampfer, die bis Schanghai nicht hinauffahren können, liegen bleiben, nach Schanghai. Eine Gesellschaft unter Führung englischer Firmen erbat eine Konzession zum Bau einer „Wagenstraße“, die ihr bewilligt wurde. In Eile und Heimlichkeit wurde statt einer Straße eine Eisenbahn gebaut. Sie wurde am 30. Juni 1876 eröffnet und erfreute sich bald eines überraschenden Zuspruchs. Aber der Zorn der getäuschten Behörden war groß, und als gar ein Kuli von der Bahn überfahren wurde, erhoben sie nachdrücklichen Protest in Peking. Der englische Gesandte mußte sich fügen und nach Verlauf eines Jahres, in dem die chinesische Regierung selbst den Betrieb erfolgreich geleitet hatte, wurde die etwa 17 km lange Bahn aus der Erde gerissen und nach Formosa verschifft, wo das Material großenteils zu grunde gegangen ist. Der nächste Versuch der Einführung der Eisenbahn stammt aus dem Jahre 1878; damals erkannte der Verwalter der Steinkohlenbergwerke von Kaiping, Li-Hung-Tschang, die Notwendigkeit der Eisenbahn für den Transport der Steinkohle; er machte Schritte bei der Regierung, um die Erlaubnis zum Bau einer Bahn zu erhalten, die sein Bergwerk mit dem nächstliegenden Hafen am Pehtang verbinden sollte. Im Jahre 1880 wurde ihm diese Linie unter der Bedingung genehmigt, daß die Zugförderung durch Maultiere erfolgen sollte. Am 9. Juni 1881 wurde diese Beförderungsart beseitigt und, ungeachtet eines heftigen Einspruchs von Peking aus, der Dampfbetrieb eingeführt. Diese erste Eisenbahn berechtigte ihre Erbauer zu großen Hoffnungen und ermutigte zur Ausführung weiterer Bahnen. Zunächst richtete Li-Hung-Tschang in Gemeinschaft mit Tschang-Tschih-Tung sein Augenmerk auf die Strecke Peking-Hankau, und es gelang ihm, durch den Vertrag vom Juni 1897 die Konzession für ein französisch-belgisches Syndikat zu erhalten. Rußland erhielt für die guten Dienste, die es China geleistet hatte, als es der Annexion der Mandschurei durch Japan widersprach, in den Jahren 1896 und 1898 die Konzession für die transmandschurische und für die südmandschurische Eisenbahn, so daß Transsibirien mit Wladiwostok einerseits und Port Arthur anderseits verbunden werden konnte. Um dieselbe Zeit erhielt Herr Luzzatti für das Peking-Syndikat die wichtige Minenkonzession von Schansi und Honan; damit war zugleich auch die Ermächtigung verbunden, überall, wo es für die Beförderung der Kohle notwendig sein sollte, Bahnen zu bauen. Deutschland blieb nicht untätig und zog geschickt Nutzen aus der Ermordung zweier Missionäre; durch den Vertrag vom 6. März 1898, der ihm auch sonst noch viele Vorteile bot, erhielt es mehrere Minen- und Eisenbahnkonzessionen in Schantung. Frankreich wurde im Jahre 1898 die Linie von Schansi genehmigt, die eine große Zukunft hatte, da sie ein bedeutendes Kohlenbecken durchscheiden mußte und erforderlichenfalls bis zur Hauptstadt von Schansi verlängert werden konnte. Die Chinesen selbst machten den Ausländern Konkurrenz, und noch in demselben Jahre (1898) wurden die Konzessionen von Schanghai-Nanking und von Tientsin-Yangtse (dem heutigen Tientsin-Pukou) an zwei Chinesen vergeben, während die chinesischen Bergwerksbesitzer von Hanyang die Erlaubnis erhielten, die Linie von Tschutschou nach Pinghsiang

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/199>, abgerufen am 23.11.2024.