drehungen verleitet werde, welche mit der nackten Wahrheit, der ich mich ehemahls zu rühmen pfleg- te, nicht bestehen können. Allein erlauben Sie mir um Jhrentwillen, und damit ich die Besorgnis Jh- rer Frau Mutter verringern möge, zu sagen: daß wenn ich jemahls eine solche Tücke bey mir mercken sollte, ich nicht darin fortfahren, sondern die verlohr- ne Aufrichtigkeit wieder zu erlangen suchen will, da- mit die Gewohnheit meine Fehler nicht zur Natur machen möge.
Auf Ansuchen der Frau Sorlings habe ich mei- ne Abreise nach London bis auf den Montag ver- schoben. Jch werde Jhnen die Umstände in mei- nem künftigen Briefe melden, den ich schon an- gefangen habe: weil ich aber jetzt eben eine uner- wartete Gelegenheit finde, so schicke ich blos diesen Brief, welcher schon fertig ist.
Der zwey und viertzigste Brief von Fräulein Howe an Fräulein Clarissa Harlowe.
Freytags Morgens den 21 April.
Meine Mutter will sich Jhre Bedingung nicht gefallen lassen. Jch brachte es ihr vor als wenn es mein eigener Vorschlag wäre, allein die Harlowes haben sie gäntzlich eingenommen. Sie sagte: das wäre eine List von mir, dadurch ich sie bewegen wollte, mit Jhnen Parthey gegen Jhre
Eltern
drehungen verleitet werde, welche mit der nackten Wahrheit, der ich mich ehemahls zu ruͤhmen pfleg- te, nicht beſtehen koͤnnen. Allein erlauben Sie mir um Jhrentwillen, und damit ich die Beſorgnis Jh- rer Frau Mutter verringern moͤge, zu ſagen: daß wenn ich jemahls eine ſolche Tuͤcke bey mir mercken ſollte, ich nicht darin fortfahren, ſondern die verlohr- ne Aufrichtigkeit wieder zu erlangen ſuchen will, da- mit die Gewohnheit meine Fehler nicht zur Natur machen moͤge.
Auf Anſuchen der Frau Sorlings habe ich mei- ne Abreiſe nach London bis auf den Montag ver- ſchoben. Jch werde Jhnen die Umſtaͤnde in mei- nem kuͤnftigen Briefe melden, den ich ſchon an- gefangen habe: weil ich aber jetzt eben eine uner- wartete Gelegenheit finde, ſo ſchicke ich blos dieſen Brief, welcher ſchon fertig iſt.
Der zwey und viertzigſte Brief von Fraͤulein Howe an Fraͤulein Clariſſa Harlowe.
Freytags Morgens den 21 April.
Meine Mutter will ſich Jhre Bedingung nicht gefallen laſſen. Jch brachte es ihr vor als wenn es mein eigener Vorſchlag waͤre, allein die Harlowes haben ſie gaͤntzlich eingenommen. Sie ſagte: das waͤre eine Liſt von mir, dadurch ich ſie bewegen wollte, mit Jhnen Parthey gegen Jhre
Eltern
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drehungen verleitet werde, welche mit der nackten
Wahrheit, der ich mich ehemahls zu ruͤhmen pfleg-
te, nicht beſtehen koͤnnen. Allein erlauben Sie mir
um Jhrentwillen, und damit ich die Beſorgnis Jh-
rer Frau Mutter verringern moͤge, zu ſagen: daß
wenn ich jemahls eine ſolche Tuͤcke bey mir mercken
ſollte, ich nicht darin fortfahren, ſondern die verlohr-
ne Aufrichtigkeit wieder zu erlangen ſuchen will, da-
mit die Gewohnheit meine Fehler nicht zur Natur
machen moͤge.
Auf Anſuchen der Frau Sorlings habe ich mei-
ne Abreiſe nach London bis auf den Montag ver-
ſchoben. Jch werde Jhnen die Umſtaͤnde in mei-
nem kuͤnftigen Briefe melden, den ich ſchon an-
gefangen habe: weil ich aber jetzt eben eine uner-
wartete Gelegenheit finde, ſo ſchicke ich blos dieſen
Brief, welcher ſchon fertig iſt.
Der zwey und viertzigſte Brief
von
Fraͤulein Howe an Fraͤulein Clariſſa
Harlowe.
Freytags Morgens den 21 April.
Meine Mutter will ſich Jhre Bedingung nicht
gefallen laſſen. Jch brachte es ihr vor als
wenn es mein eigener Vorſchlag waͤre, allein die
Harlowes haben ſie gaͤntzlich eingenommen. Sie
ſagte: das waͤre eine Liſt von mir, dadurch ich ſie
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/345>, abgerufen am 21.11.2024.
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