Eltern zu machen. Sie ist wegen ihres eigenen Vortheils sehr behutsam sich in ein solches Ver- bündniß einzulassen.
Jch bitte Sie nochmahls, seyn Sie meinetwe- gen und meiner Mutter wegen nicht so sehr besorgt. Wir werden schon mit einander auskommen. Wenn wir gleich einmahl zerfallen, so vertragen wir uns doch wieder mit einander. Dieses ist immer unsere Gewohnheit gewesen, ehe wir noch Jhrent- wegen haben streiten können.
Jch dancke Jhnen indessen für eine jede Zeile Jhres Straf-Briefes, den ich von neuen überlesen werde, so oft mein Blut in Wallung kommt. Jch leugne nicht, daß ich bey der ersten Durchlesung etwas unruhig war: allein je öfter ich ihn überlese, destomehr finde ich Ursache, Sie noch mehr zu lie- ben und zu ehren, wenn es anders möglich ist, daß meine Liebe und Hochachtung gegen Sie noch zu- nehmen kann.
Jch glaube, daß ich einen Vortheil vor Jhnen zum voraus habe, dessen ich mich in diesen und in meinen folgenden Briefen bedienen will. Jch wer- de an Sie eben so frey schreiben als Sie an mich, und werde dennoch niemahls darauf dencken, daß eine Entschuldigung nöthig sey. Es ist dieses ein Vortheil, welchen ich der Jhnen natürlichen Gütig- keit zu dancken habe: und zugleich ist es der erste Entwurf einer kleinen Satyre auf die Heftigkeit meines Gemüths. Sie glauben, daß diese Gütig- keit nie ein Fehler bey einem Frauenzimmer sey: und ich halte eben nicht eine jede Heftigkeit, zu der
wir
Eltern zu machen. Sie iſt wegen ihres eigenen Vortheils ſehr behutſam ſich in ein ſolches Ver- buͤndniß einzulaſſen.
Jch bitte Sie nochmahls, ſeyn Sie meinetwe- gen und meiner Mutter wegen nicht ſo ſehr beſorgt. Wir werden ſchon mit einander auskommen. Wenn wir gleich einmahl zerfallen, ſo vertragen wir uns doch wieder mit einander. Dieſes iſt immer unſere Gewohnheit geweſen, ehe wir noch Jhrent- wegen haben ſtreiten koͤnnen.
Jch dancke Jhnen indeſſen fuͤr eine jede Zeile Jhres Straf-Briefes, den ich von neuen uͤberleſen werde, ſo oft mein Blut in Wallung kommt. Jch leugne nicht, daß ich bey der erſten Durchleſung etwas unruhig war: allein je oͤfter ich ihn uͤberleſe, deſtomehr finde ich Urſache, Sie noch mehr zu lie- ben und zu ehren, wenn es anders moͤglich iſt, daß meine Liebe und Hochachtung gegen Sie noch zu- nehmen kann.
Jch glaube, daß ich einen Vortheil vor Jhnen zum voraus habe, deſſen ich mich in dieſen und in meinen folgenden Briefen bedienen will. Jch wer- de an Sie eben ſo frey ſchreiben als Sie an mich, und werde dennoch niemahls darauf dencken, daß eine Entſchuldigung noͤthig ſey. Es iſt dieſes ein Vortheil, welchen ich der Jhnen natuͤrlichen Guͤtig- keit zu dancken habe: und zugleich iſt es der erſte Entwurf einer kleinen Satyre auf die Heftigkeit meines Gemuͤths. Sie glauben, daß dieſe Guͤtig- keit nie ein Fehler bey einem Frauenzimmer ſey: und ich halte eben nicht eine jede Heftigkeit, zu der
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Eltern zu machen. Sie iſt wegen ihres eigenen
Vortheils ſehr behutſam ſich in ein ſolches Ver-
buͤndniß einzulaſſen.
Jch bitte Sie nochmahls, ſeyn Sie meinetwe-
gen und meiner Mutter wegen nicht ſo ſehr beſorgt.
Wir werden ſchon mit einander auskommen.
Wenn wir gleich einmahl zerfallen, ſo vertragen wir
uns doch wieder mit einander. Dieſes iſt immer
unſere Gewohnheit geweſen, ehe wir noch Jhrent-
wegen haben ſtreiten koͤnnen.
Jch dancke Jhnen indeſſen fuͤr eine jede Zeile
Jhres Straf-Briefes, den ich von neuen uͤberleſen
werde, ſo oft mein Blut in Wallung kommt. Jch
leugne nicht, daß ich bey der erſten Durchleſung
etwas unruhig war: allein je oͤfter ich ihn uͤberleſe,
deſtomehr finde ich Urſache, Sie noch mehr zu lie-
ben und zu ehren, wenn es anders moͤglich iſt, daß
meine Liebe und Hochachtung gegen Sie noch zu-
nehmen kann.
Jch glaube, daß ich einen Vortheil vor Jhnen
zum voraus habe, deſſen ich mich in dieſen und in
meinen folgenden Briefen bedienen will. Jch wer-
de an Sie eben ſo frey ſchreiben als Sie an mich,
und werde dennoch niemahls darauf dencken, daß
eine Entſchuldigung noͤthig ſey. Es iſt dieſes ein
Vortheil, welchen ich der Jhnen natuͤrlichen Guͤtig-
keit zu dancken habe: und zugleich iſt es der erſte
Entwurf einer kleinen Satyre auf die Heftigkeit
meines Gemuͤths. Sie glauben, daß dieſe Guͤtig-
keit nie ein Fehler bey einem Frauenzimmer ſey:
und ich halte eben nicht eine jede Heftigkeit, zu der
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/346>, abgerufen am 21.11.2024.
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