das Feld vor ihm wieder mal umsonst sich mit Leich¬ namen bedecke! in der festen Voraussicht, daß mit den Pontons bei Bodenwerder ein Malheur passiret sei und Generallieutenant Hardenberg nicht zur rechten Stunde kommen werde, um den Sack um den General Rohan- Chabot, den Marquis von Poyanne und ihre zwanzig¬ tausend Mann bei Stadtoldendorf zuzuziehen, den Her¬ zog von Broglio auf der Hube bei Einbeck rettungslos dem Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand zu über¬ liefern und dem: Venons a cinquante cinq-cents! für dießmal wenigstens gründlich ein Ende zu machen.
Wie der Magister Buchius horchte der Herzog Fer¬ dinand nach dem Südwesten; aber nicht der Kirchuhr von Amelungsborn wegen.
"Wo bleibt Hardenberg? Hardenberg? Man müßte ihn längst vernehmen, den Herrn Generallieutenant!" ...
"Nun Herr, wes soll ich mich trösten? Ich hoffe auf Dich!" seufzte der Magister mit dem Psalmisten. "Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien, und schweige nicht über meinen Thränen; denn ich bin Beides, Dein Pilgrim und Dein Bürger, wie alle meine Väter! Ich bin hinausgetrieben, und es nützet nichts, daß ich heimkehre und mein Kämmerlein suche. Sie werden es schon ausgekehret und den Greuel der Ver¬ wüstung darinnen angerichtet haben. Ja, ja, wie es geschrieben steht im Neununddreißigsten: sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird! Di immortales,
das Feld vor ihm wieder mal umſonſt ſich mit Leich¬ namen bedecke! in der feſten Vorausſicht, daß mit den Pontons bei Bodenwerder ein Malheur paſſiret ſei und Generallieutenant Hardenberg nicht zur rechten Stunde kommen werde, um den Sack um den General Rohan- Chabot, den Marquis von Poyanne und ihre zwanzig¬ tauſend Mann bei Stadtoldendorf zuzuziehen, den Her¬ zog von Broglio auf der Hube bei Einbeck rettungslos dem Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand zu über¬ liefern und dem: Venons à cinquante cinq-cents! für dießmal wenigſtens gründlich ein Ende zu machen.
Wie der Magiſter Buchius horchte der Herzog Fer¬ dinand nach dem Südweſten; aber nicht der Kirchuhr von Amelungsborn wegen.
„Wo bleibt Hardenberg? Hardenberg? Man müßte ihn längſt vernehmen, den Herrn Generallieutenant!“ ...
„Nun Herr, wes ſoll ich mich tröſten? Ich hoffe auf Dich!“ ſeufzte der Magiſter mit dem Pſalmiſten. „Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien, und ſchweige nicht über meinen Thränen; denn ich bin Beides, Dein Pilgrim und Dein Bürger, wie alle meine Väter! Ich bin hinausgetrieben, und es nützet nichts, daß ich heimkehre und mein Kämmerlein ſuche. Sie werden es ſchon ausgekehret und den Greuel der Ver¬ wüſtung darinnen angerichtet haben. Ja, ja, wie es geſchrieben ſteht im Neununddreißigſten: ſie ſammeln und wiſſen nicht, wer es kriegen wird! Di immortales,
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das Feld vor ihm wieder mal umſonſt ſich mit Leich¬
namen bedecke! in der feſten Vorausſicht, daß mit den
Pontons bei Bodenwerder ein Malheur paſſiret ſei und
Generallieutenant Hardenberg nicht zur rechten Stunde
kommen werde, um den Sack um den General Rohan-
Chabot, den Marquis von Poyanne und ihre zwanzig¬
tauſend Mann bei Stadtoldendorf zuzuziehen, den Her¬
zog von Broglio auf der Hube bei Einbeck rettungslos
dem Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand zu über¬
liefern und dem:
Venons à cinquante cinq-cents!
für dießmal wenigſtens gründlich ein Ende zu machen.
Wie der Magiſter Buchius horchte der Herzog Fer¬
dinand nach dem Südweſten; aber nicht der Kirchuhr
von Amelungsborn wegen.
„Wo bleibt Hardenberg? Hardenberg? Man müßte
ihn längſt vernehmen, den Herrn Generallieutenant!“ ...
„Nun Herr, wes ſoll ich mich tröſten? Ich hoffe
auf Dich!“ ſeufzte der Magiſter mit dem Pſalmiſten.
„Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien,
und ſchweige nicht über meinen Thränen; denn ich bin
Beides, Dein Pilgrim und Dein Bürger, wie alle meine
Väter! Ich bin hinausgetrieben, und es nützet nichts,
daß ich heimkehre und mein Kämmerlein ſuche. Sie
werden es ſchon ausgekehret und den Greuel der Ver¬
wüſtung darinnen angerichtet haben. Ja, ja, wie es
geſchrieben ſteht im Neununddreißigſten: ſie ſammeln
und wiſſen nicht, wer es kriegen wird! Di immortales,
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/162>, abgerufen am 26.04.2024.
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