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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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die ihm sein Zufallrettungswerk in der hiesigen besten
Gesellschaft in die Hand gab, hat er richtig wieder
verspielt. Wie auf unserem Bureau erzählt wurde,
haben Durchlaucht zu dem Herrn Vater Eures unter
das Eis gerathenen Schulfreundes längst bemerken
müssen: ,Schade um den jungen Mann; ich würde
ihn gern im Auge behalten haben.' -- Mein einziger
Trost ist, daß Du, mein Sohn, wenigstens fürs Erste
seinem verderblichen Einfluß aus dem Wege gerückt
bist. Ob er demnächst sein Examen bestehen wird,
weiß der liebe Himmel. Wenn nicht, was dann mit
ihm? frage ich Dich!" . . .


Ich habe mich nun wirklich erst für eine Periode
von anderthalb Jahren des Näheren zu besinnen.
Man hatte damals so viel mit sich selber zu thun,
und die Tage gingen so leicht hin, daß es in der
That seine Schwierigkeiten haben würde, ganz Genaues
darüber zu Papier zu bringen. Wir sind noch in
den Ferien zu Hause beisammen: ich als Student
und er noch als Schüler, und es ist für mich ein
gewissermaßen peinliches Verhältniß. Für ihn nicht.

Auch Helene Trotzendorff ist noch im Vogelsang.
Aber sie steigt nicht mehr über die grüne Hecke oder

die ihm ſein Zufallrettungswerk in der hieſigen beſten
Geſellſchaft in die Hand gab, hat er richtig wieder
verſpielt. Wie auf unſerem Bureau erzählt wurde,
haben Durchlaucht zu dem Herrn Vater Eures unter
das Eis gerathenen Schulfreundes längſt bemerken
müſſen: ‚Schade um den jungen Mann; ich würde
ihn gern im Auge behalten haben.‘ — Mein einziger
Troſt iſt, daß Du, mein Sohn, wenigſtens fürs Erſte
ſeinem verderblichen Einfluß aus dem Wege gerückt
biſt. Ob er demnächſt ſein Examen beſtehen wird,
weiß der liebe Himmel. Wenn nicht, was dann mit
ihm? frage ich Dich!“ . . .


Ich habe mich nun wirklich erſt für eine Periode
von anderthalb Jahren des Näheren zu beſinnen.
Man hatte damals ſo viel mit ſich ſelber zu thun,
und die Tage gingen ſo leicht hin, daß es in der
That ſeine Schwierigkeiten haben würde, ganz Genaues
darüber zu Papier zu bringen. Wir ſind noch in
den Ferien zu Hauſe beiſammen: ich als Student
und er noch als Schüler, und es iſt für mich ein
gewiſſermaßen peinliches Verhältniß. Für ihn nicht.

Auch Helene Trotzendorff iſt noch im Vogelſang.
Aber ſie ſteigt nicht mehr über die grüne Hecke oder

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[89/0099] die ihm ſein Zufallrettungswerk in der hieſigen beſten Geſellſchaft in die Hand gab, hat er richtig wieder verſpielt. Wie auf unſerem Bureau erzählt wurde, haben Durchlaucht zu dem Herrn Vater Eures unter das Eis gerathenen Schulfreundes längſt bemerken müſſen: ‚Schade um den jungen Mann; ich würde ihn gern im Auge behalten haben.‘ — Mein einziger Troſt iſt, daß Du, mein Sohn, wenigſtens fürs Erſte ſeinem verderblichen Einfluß aus dem Wege gerückt biſt. Ob er demnächſt ſein Examen beſtehen wird, weiß der liebe Himmel. Wenn nicht, was dann mit ihm? frage ich Dich!“ . . . Ich habe mich nun wirklich erſt für eine Periode von anderthalb Jahren des Näheren zu beſinnen. Man hatte damals ſo viel mit ſich ſelber zu thun, und die Tage gingen ſo leicht hin, daß es in der That ſeine Schwierigkeiten haben würde, ganz Genaues darüber zu Papier zu bringen. Wir ſind noch in den Ferien zu Hauſe beiſammen: ich als Student und er noch als Schüler, und es iſt für mich ein gewiſſermaßen peinliches Verhältniß. Für ihn nicht. Auch Helene Trotzendorff iſt noch im Vogelſang. Aber ſie ſteigt nicht mehr über die grüne Hecke oder

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/99>, abgerufen am 26.04.2024.