Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite
3) Ius eundi in partes 1712-1727.


III.
Mißhelligkeiten über einige Fälle, da das evan-
gelische Corpus auf dem Reichstage in partes
gegangen 1712-1727.


I. Vier Fälle, worin auf dem Reichstage beide Reli-
gionstheile ungleicher Meynung waren, gaben zu neuen
Streitigkeiten Anlaß. -- II. Diese vier Fälle betrafen a)
die Religionsgleichheit einer Reichsdeputation, welche die
Toggenburger Sache in der Schweiz vermitteln sollte; --
III. b) eine von der Reichsstadt Cölln begehrte Moderation
ihrer Reichsanlagen; -- IV. c) das Erzstallmeisteramt, so
dem Hause Hannover aufgedrungen werden sollte; -- V.
d
) die Vollziehung eines Reichsdeputationsurtheils, vermö-
ge dessen Churpfalz die Herrschaft Zwingenberg an eine evan-
gelische adeliche Familie zurückgeben sollte, wowider Chur-
pfalz einen Recurs an den Reichstag genommen hatte. --
VI-VIII. In diesen Fällen wollten die Catholischen behaup-
ten, es müßte eine Religionssache seyn, wenn man in par-
tes
gehen wollte. -- IX. Ferner wollte man behaupten, es
könnte nicht anders geschehen, als wenn alle evangelische
Reichsstände ganz einmüthig wären; -- X. da doch sonst
ein jedes reichsständisches Corpus nach Mehrheit der Stim-
men Schlüsse fasset, -- XI. XII. und hier nicht wie bey
den Reichsgerichten eine Ausnahme vorgeschrieben ist. --
XIII. Selbst als zwey Partheyen sind beide Religionstheile
zu betrachten, wenn gleich nicht immer alle Stände von ei-
ner Religion ganz einmüthig zusammenhalten. -- XIV.
Sonst würde dieses Hülfsmittel der Protestanten gegen die
Mehrheit der catholischen Stimmen bald vereitelt werden. --
XV. XVI. Es ist auch nicht nöthig, allezeit schon vor Able-
gung der einzelnen Stimmen die Gesammterklärung von
sich zu geben, -- wenn es nur vor Abfassung des Schlus-
ses geschieht. -- XVII-XIX. Die Wirkung der Trennung
eines Religionstheils besteht darin, daß der andere mit der
Mehrheit der Stimmen nicht zu des erstern Nachtheil et-
was durchsetzen kann; -- XX. wobey nicht nur das evan-
gelische Corpus seine Erhaltung, sondern in der That die
Ruhe von ganz Teutschland gewinnt. -- XXI. Von Sei-
ten der Catholischen ist in der Generalmajors-Sache 1672.
alles obige auch schon so gehalten worden. -- XXII. Eine

merk-
B b 4
3) Ius eundi in partes 1712-1727.


III.
Mißhelligkeiten uͤber einige Faͤlle, da das evan-
geliſche Corpus auf dem Reichstage in partes
gegangen 1712-1727.


I. Vier Faͤlle, worin auf dem Reichstage beide Reli-
gionstheile ungleicher Meynung waren, gaben zu neuen
Streitigkeiten Anlaß. — II. Dieſe vier Faͤlle betrafen a)
die Religionsgleichheit einer Reichsdeputation, welche die
Toggenburger Sache in der Schweiz vermitteln ſollte; —
III. b) eine von der Reichsſtadt Coͤlln begehrte Moderation
ihrer Reichsanlagen; — IV. c) das Erzſtallmeiſteramt, ſo
dem Hauſe Hannover aufgedrungen werden ſollte; — V.
d
) die Vollziehung eines Reichsdeputationsurtheils, vermoͤ-
ge deſſen Churpfalz die Herrſchaft Zwingenberg an eine evan-
geliſche adeliche Familie zuruͤckgeben ſollte, wowider Chur-
pfalz einen Recurs an den Reichstag genommen hatte. —
VI-VIII. In dieſen Faͤllen wollten die Catholiſchen behaup-
ten, es muͤßte eine Religionsſache ſeyn, wenn man in par-
tes
gehen wollte. — IX. Ferner wollte man behaupten, es
koͤnnte nicht anders geſchehen, als wenn alle evangeliſche
Reichsſtaͤnde ganz einmuͤthig waͤren; — X. da doch ſonſt
ein jedes reichsſtaͤndiſches Corpus nach Mehrheit der Stim-
men Schluͤſſe faſſet, — XI. XII. und hier nicht wie bey
den Reichsgerichten eine Ausnahme vorgeſchrieben iſt. —
XIII. Selbſt als zwey Partheyen ſind beide Religionstheile
zu betrachten, wenn gleich nicht immer alle Staͤnde von ei-
ner Religion ganz einmuͤthig zuſammenhalten. — XIV.
Sonſt wuͤrde dieſes Huͤlfsmittel der Proteſtanten gegen die
Mehrheit der catholiſchen Stimmen bald vereitelt werden. —
XV. XVI. Es iſt auch nicht noͤthig, allezeit ſchon vor Able-
gung der einzelnen Stimmen die Geſammterklaͤrung von
ſich zu geben, — wenn es nur vor Abfaſſung des Schluſ-
ſes geſchieht. — XVII-XIX. Die Wirkung der Trennung
eines Religionstheils beſteht darin, daß der andere mit der
Mehrheit der Stimmen nicht zu des erſtern Nachtheil et-
was durchſetzen kann; — XX. wobey nicht nur das evan-
geliſche Corpus ſeine Erhaltung, ſondern in der That die
Ruhe von ganz Teutſchland gewinnt. — XXI. Von Sei-
ten der Catholiſchen iſt in der Generalmajors-Sache 1672.
alles obige auch ſchon ſo gehalten worden. — XXII. Eine

merk-
B b 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0433" n="391"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">3) <hi rendition="#aq">Ius eundi in partes</hi> 1712-1727.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
Mißhelligkeiten u&#x0364;ber einige Fa&#x0364;lle, da das evan-<lb/>
geli&#x017F;che Corpus auf dem Reichstage <hi rendition="#aq">in partes</hi><lb/>
gegangen 1712-1727.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <argument>
            <p><hi rendition="#aq">I.</hi> Vier Fa&#x0364;lle, worin auf dem Reichstage beide Reli-<lb/>
gionstheile ungleicher Meynung waren, gaben zu neuen<lb/>
Streitigkeiten Anlaß. &#x2014; <hi rendition="#aq">II.</hi> Die&#x017F;e vier Fa&#x0364;lle betrafen <hi rendition="#aq">a</hi>)<lb/>
die Religionsgleichheit einer Reichsdeputation, welche die<lb/>
Toggenburger Sache in der Schweiz vermitteln &#x017F;ollte; &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">III. b</hi>) eine von der Reichs&#x017F;tadt Co&#x0364;lln begehrte Moderation<lb/>
ihrer Reichsanlagen; &#x2014; <hi rendition="#aq">IV. c</hi>) das Erz&#x017F;tallmei&#x017F;teramt, &#x017F;o<lb/>
dem Hau&#x017F;e Hannover aufgedrungen werden &#x017F;ollte; &#x2014; <hi rendition="#aq">V.<lb/>
d</hi>) die Vollziehung eines Reichsdeputationsurtheils, vermo&#x0364;-<lb/>
ge de&#x017F;&#x017F;en Churpfalz die Herr&#x017F;chaft Zwingenberg an eine evan-<lb/>
geli&#x017F;che adeliche Familie zuru&#x0364;ckgeben &#x017F;ollte, wowider Chur-<lb/>
pfalz einen Recurs an den Reichstag genommen hatte. &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">VI-VIII.</hi> In die&#x017F;en Fa&#x0364;llen wollten die Catholi&#x017F;chen behaup-<lb/>
ten, es mu&#x0364;ßte eine Religions&#x017F;ache &#x017F;eyn, wenn man <hi rendition="#aq">in par-<lb/>
tes</hi> gehen wollte. &#x2014; <hi rendition="#aq">IX.</hi> Ferner wollte man behaupten, es<lb/>
ko&#x0364;nnte nicht anders ge&#x017F;chehen, als wenn alle evangeli&#x017F;che<lb/>
Reichs&#x017F;ta&#x0364;nde ganz einmu&#x0364;thig wa&#x0364;ren; &#x2014; <hi rendition="#aq">X.</hi> da doch &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
ein jedes reichs&#x017F;ta&#x0364;ndi&#x017F;ches Corpus nach Mehrheit der Stim-<lb/>
men Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e fa&#x017F;&#x017F;et, &#x2014; <hi rendition="#aq">XI. XII.</hi> und hier nicht wie bey<lb/>
den Reichsgerichten eine Ausnahme vorge&#x017F;chrieben i&#x017F;t. &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">XIII.</hi> Selb&#x017F;t als zwey Partheyen &#x017F;ind beide Religionstheile<lb/>
zu betrachten, wenn gleich nicht immer alle Sta&#x0364;nde von ei-<lb/>
ner Religion ganz einmu&#x0364;thig zu&#x017F;ammenhalten. &#x2014; <hi rendition="#aq">XIV.</hi><lb/>
Son&#x017F;t wu&#x0364;rde die&#x017F;es Hu&#x0364;lfsmittel der Prote&#x017F;tanten gegen die<lb/>
Mehrheit der catholi&#x017F;chen Stimmen bald vereitelt werden. &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">XV. XVI.</hi> Es i&#x017F;t auch nicht no&#x0364;thig, allezeit &#x017F;chon vor Able-<lb/>
gung der einzelnen Stimmen die Ge&#x017F;ammterkla&#x0364;rung von<lb/>
&#x017F;ich zu geben, &#x2014; wenn es nur vor Abfa&#x017F;&#x017F;ung des Schlu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es ge&#x017F;chieht. &#x2014; <hi rendition="#aq">XVII-XIX.</hi> Die Wirkung der Trennung<lb/>
eines Religionstheils be&#x017F;teht darin, daß der andere mit der<lb/>
Mehrheit der Stimmen nicht zu des er&#x017F;tern Nachtheil et-<lb/>
was durch&#x017F;etzen kann; &#x2014; <hi rendition="#aq">XX.</hi> wobey nicht nur das evan-<lb/>
geli&#x017F;che Corpus &#x017F;eine Erhaltung, &#x017F;ondern in der That die<lb/>
Ruhe von ganz Teut&#x017F;chland gewinnt. &#x2014; <hi rendition="#aq">XXI.</hi> Von Sei-<lb/>
ten der Catholi&#x017F;chen i&#x017F;t in der Generalmajors-Sache 1672.<lb/>
alles obige auch &#x017F;chon &#x017F;o gehalten worden. &#x2014; <hi rendition="#aq">XXII.</hi> Eine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b 4</fw><fw place="bottom" type="catch">merk-</fw><lb/></p>
          </argument>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0433] 3) Ius eundi in partes 1712-1727. III. Mißhelligkeiten uͤber einige Faͤlle, da das evan- geliſche Corpus auf dem Reichstage in partes gegangen 1712-1727. I. Vier Faͤlle, worin auf dem Reichstage beide Reli- gionstheile ungleicher Meynung waren, gaben zu neuen Streitigkeiten Anlaß. — II. Dieſe vier Faͤlle betrafen a) die Religionsgleichheit einer Reichsdeputation, welche die Toggenburger Sache in der Schweiz vermitteln ſollte; — III. b) eine von der Reichsſtadt Coͤlln begehrte Moderation ihrer Reichsanlagen; — IV. c) das Erzſtallmeiſteramt, ſo dem Hauſe Hannover aufgedrungen werden ſollte; — V. d) die Vollziehung eines Reichsdeputationsurtheils, vermoͤ- ge deſſen Churpfalz die Herrſchaft Zwingenberg an eine evan- geliſche adeliche Familie zuruͤckgeben ſollte, wowider Chur- pfalz einen Recurs an den Reichstag genommen hatte. — VI-VIII. In dieſen Faͤllen wollten die Catholiſchen behaup- ten, es muͤßte eine Religionsſache ſeyn, wenn man in par- tes gehen wollte. — IX. Ferner wollte man behaupten, es koͤnnte nicht anders geſchehen, als wenn alle evangeliſche Reichsſtaͤnde ganz einmuͤthig waͤren; — X. da doch ſonſt ein jedes reichsſtaͤndiſches Corpus nach Mehrheit der Stim- men Schluͤſſe faſſet, — XI. XII. und hier nicht wie bey den Reichsgerichten eine Ausnahme vorgeſchrieben iſt. — XIII. Selbſt als zwey Partheyen ſind beide Religionstheile zu betrachten, wenn gleich nicht immer alle Staͤnde von ei- ner Religion ganz einmuͤthig zuſammenhalten. — XIV. Sonſt wuͤrde dieſes Huͤlfsmittel der Proteſtanten gegen die Mehrheit der catholiſchen Stimmen bald vereitelt werden. — XV. XVI. Es iſt auch nicht noͤthig, allezeit ſchon vor Able- gung der einzelnen Stimmen die Geſammterklaͤrung von ſich zu geben, — wenn es nur vor Abfaſſung des Schluſ- ſes geſchieht. — XVII-XIX. Die Wirkung der Trennung eines Religionstheils beſteht darin, daß der andere mit der Mehrheit der Stimmen nicht zu des erſtern Nachtheil et- was durchſetzen kann; — XX. wobey nicht nur das evan- geliſche Corpus ſeine Erhaltung, ſondern in der That die Ruhe von ganz Teutſchland gewinnt. — XXI. Von Sei- ten der Catholiſchen iſt in der Generalmajors-Sache 1672. alles obige auch ſchon ſo gehalten worden. — XXII. Eine merk- B b 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/433
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/433>, abgerufen am 21.12.2024.