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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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X. Carl der VI. 1711-1740.
merkwürdige Schrift, wozu sich das ganze evangelische Cor-
pus bekannt, hat das alles in helles Licht gesetzt.



I.

So verschiedene Gesinnungen der beiden Reli-
gionstheile äußerten sich noch bey mehreren
Gelegenheiten über eine der wichtigsten Stellen des
Westphälischen Friedens, wo derselbe verordnet
hatte, daß, so oft die beiden Religionstheile auf
reichsständischen Versammlungen sich trennten,
nichts als gütliche Vergleichung, aber kein Schluß
nach Mehrheit der Stimmen statt finden sollte (b).
Unter Carl dem VI. ereigneten sich vier Fälle, wo
es hierüber zwischen beiden Religionstheilen zu gro-
ßen Streitigkeiten kam.


II.

Im Jahre 1712. war in der Schweiz zwischen
dem Abte zu St. Gallen und der Toggenburger
Landschaft
ein schon seit dem Anfange des Jahr-
hunderts entstandener Streit in öffentlichen Krieg
ausgebrochen, worin fünf catholische Cantons dem
Abte, zwey evangelische den Toggenburgern bey-
standen. In dieser Angelegenheit kam das Reich
in den Fall, die Vermittelung zu übernehmen,
die durch einige deputirte Stände besorgt werden
sollte. Wie die Deputirten ernannt werden soll-
ten, wollte man deren mehrere von catholischer,
als von evangelischer Religion ernennen, und dar-
über mittelst Mehrheit der Stimmen einen Schluß
fassen. Die Evangelischen bereifen sich dawider
auf die klare Vorschrift des Westphälischen Frie-
dens, daß alle Reichsdeputirte jedesmal in völli-

ger
(b) Osnabr. Fr. Art. 5. §. 52. Oben S. 78.
u. f.

X. Carl der VI. 1711-1740.
merkwuͤrdige Schrift, wozu ſich das ganze evangeliſche Cor-
pus bekannt, hat das alles in helles Licht geſetzt.



I.

So verſchiedene Geſinnungen der beiden Reli-
gionstheile aͤußerten ſich noch bey mehreren
Gelegenheiten uͤber eine der wichtigſten Stellen des
Weſtphaͤliſchen Friedens, wo derſelbe verordnet
hatte, daß, ſo oft die beiden Religionstheile auf
reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen ſich trennten,
nichts als guͤtliche Vergleichung, aber kein Schluß
nach Mehrheit der Stimmen ſtatt finden ſollte (b).
Unter Carl dem VI. ereigneten ſich vier Faͤlle, wo
es hieruͤber zwiſchen beiden Religionstheilen zu gro-
ßen Streitigkeiten kam.


II.

Im Jahre 1712. war in der Schweiz zwiſchen
dem Abte zu St. Gallen und der Toggenburger
Landſchaft
ein ſchon ſeit dem Anfange des Jahr-
hunderts entſtandener Streit in oͤffentlichen Krieg
ausgebrochen, worin fuͤnf catholiſche Cantons dem
Abte, zwey evangeliſche den Toggenburgern bey-
ſtanden. In dieſer Angelegenheit kam das Reich
in den Fall, die Vermittelung zu uͤbernehmen,
die durch einige deputirte Staͤnde beſorgt werden
ſollte. Wie die Deputirten ernannt werden ſoll-
ten, wollte man deren mehrere von catholiſcher,
als von evangeliſcher Religion ernennen, und dar-
uͤber mittelſt Mehrheit der Stimmen einen Schluß
faſſen. Die Evangeliſchen bereifen ſich dawider
auf die klare Vorſchrift des Weſtphaͤliſchen Frie-
dens, daß alle Reichsdeputirte jedesmal in voͤlli-

ger
(b) Osnabr. Fr. Art. 5. §. 52. Oben S. 78.
u. f.
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[392/0434] X. Carl der VI. 1711-1740. merkwuͤrdige Schrift, wozu ſich das ganze evangeliſche Cor- pus bekannt, hat das alles in helles Licht geſetzt. So verſchiedene Geſinnungen der beiden Reli- gionstheile aͤußerten ſich noch bey mehreren Gelegenheiten uͤber eine der wichtigſten Stellen des Weſtphaͤliſchen Friedens, wo derſelbe verordnet hatte, daß, ſo oft die beiden Religionstheile auf reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen ſich trennten, nichts als guͤtliche Vergleichung, aber kein Schluß nach Mehrheit der Stimmen ſtatt finden ſollte (b). Unter Carl dem VI. ereigneten ſich vier Faͤlle, wo es hieruͤber zwiſchen beiden Religionstheilen zu gro- ßen Streitigkeiten kam. Im Jahre 1712. war in der Schweiz zwiſchen dem Abte zu St. Gallen und der Toggenburger Landſchaft ein ſchon ſeit dem Anfange des Jahr- hunderts entſtandener Streit in oͤffentlichen Krieg ausgebrochen, worin fuͤnf catholiſche Cantons dem Abte, zwey evangeliſche den Toggenburgern bey- ſtanden. In dieſer Angelegenheit kam das Reich in den Fall, die Vermittelung zu uͤbernehmen, die durch einige deputirte Staͤnde beſorgt werden ſollte. Wie die Deputirten ernannt werden ſoll- ten, wollte man deren mehrere von catholiſcher, als von evangeliſcher Religion ernennen, und dar- uͤber mittelſt Mehrheit der Stimmen einen Schluß faſſen. Die Evangeliſchen bereifen ſich dawider auf die klare Vorſchrift des Weſtphaͤliſchen Frie- dens, daß alle Reichsdeputirte jedesmal in voͤlli- ger (b) Osnabr. Fr. Art. 5. §. 52. Oben S. 78. u. f.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/434>, abgerufen am 27.07.2024.