Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Park soll auch sehr ausgedehnt und pittoresk
seyn; das abscheuliche Wetter hinderte mich aber, al-
les dies zu sehen. Ich fuhr den Abend noch bis
Petworth, wo ein anderes sehenswerthes Schloß ist,
und schreibe Dir jetzt aus dem Gasthof, wo ich in
wenigen Minuten wie zu Hause eingerichtet war,
denn meine Reiseequipage und Bequemlichkeitsroutine
hat sich in England noch sehr vervollkommnet.



Obrist C . . . . kam heute früh zu mir in den
Gasthof, machte mir viel Vorwürfe, nicht bei seinem
Schwiegervater, Lord E . . ., dem Besitzer von Pet-
worth-Schloß, gleich vorgefahren zu seyn, und bat
mich dabei so freundlich, wenigstens einen Tag bei
ihnen zu bleiben, daß ich es nicht abschlagen konnte.
Meine Sachen wurden also auf das Schloß gebracht,
und ich sogleich dort installirt. Es ist ein schöner mo-
derner Pallast mit einer herrlichen Gemälde- und
Antiken-Sammlung, und einem großen Park, der
auch eine berühmte Stuterei in sich schließt. Unter
den Gemälden sprachen mich drei besonders an, ein
ganz ausgezeichnetes Bild Heinrich VIII. in Lebens-
größe, von Holbein, merkwürdig durch den prachtvol-
len täuschend gemalten Schmuck und das frische, mei-
sterhafte Colorit; ein Portrait des unsterblichen New-
ton, der bei weitem weniger geistreich als emi-
nent vornehm aussieht, und ein anderes des Mo-

und der Park ſoll auch ſehr ausgedehnt und pittoresk
ſeyn; das abſcheuliche Wetter hinderte mich aber, al-
les dies zu ſehen. Ich fuhr den Abend noch bis
Petworth, wo ein anderes ſehenswerthes Schloß iſt,
und ſchreibe Dir jetzt aus dem Gaſthof, wo ich in
wenigen Minuten wie zu Hauſe eingerichtet war,
denn meine Reiſeequipage und Bequemlichkeitsroutine
hat ſich in England noch ſehr vervollkommnet.



Obriſt C . . . . kam heute früh zu mir in den
Gaſthof, machte mir viel Vorwürfe, nicht bei ſeinem
Schwiegervater, Lord E . . ., dem Beſitzer von Pet-
worth-Schloß, gleich vorgefahren zu ſeyn, und bat
mich dabei ſo freundlich, wenigſtens einen Tag bei
ihnen zu bleiben, daß ich es nicht abſchlagen konnte.
Meine Sachen wurden alſo auf das Schloß gebracht,
und ich ſogleich dort inſtallirt. Es iſt ein ſchöner mo-
derner Pallaſt mit einer herrlichen Gemälde- und
Antiken-Sammlung, und einem großen Park, der
auch eine berühmte Stuterei in ſich ſchließt. Unter
den Gemälden ſprachen mich drei beſonders an, ein
ganz ausgezeichnetes Bild Heinrich VIII. in Lebens-
größe, von Holbein, merkwürdig durch den prachtvol-
len täuſchend gemalten Schmuck und das friſche, mei-
ſterhafte Colorit; ein Portrait des unſterblichen New-
ton, der bei weitem weniger geiſtreich als emi-
nent vornehm ausſieht, und ein anderes des Mo-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0255" n="239"/>
und der Park &#x017F;oll auch &#x017F;ehr ausgedehnt und pittoresk<lb/>
&#x017F;eyn; das ab&#x017F;cheuliche Wetter hinderte mich aber, al-<lb/>
les dies zu &#x017F;ehen. Ich fuhr den Abend noch bis<lb/>
Petworth, wo ein anderes &#x017F;ehenswerthes Schloß i&#x017F;t,<lb/>
und &#x017F;chreibe Dir jetzt aus dem Ga&#x017F;thof, wo ich in<lb/>
wenigen Minuten wie zu Hau&#x017F;e eingerichtet war,<lb/>
denn meine Rei&#x017F;eequipage und Bequemlichkeitsroutine<lb/>
hat &#x017F;ich in England noch &#x017F;ehr vervollkommnet.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Petworthhou&#x017F;e, den 26&#x017F;ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Obri&#x017F;t C . . . . kam heute früh zu mir in den<lb/>
Ga&#x017F;thof, machte mir viel Vorwürfe, nicht bei &#x017F;einem<lb/>
Schwiegervater, Lord E . . ., dem Be&#x017F;itzer von Pet-<lb/>
worth-Schloß, gleich vorgefahren zu &#x017F;eyn, und bat<lb/>
mich dabei &#x017F;o freundlich, wenig&#x017F;tens einen Tag bei<lb/>
ihnen zu bleiben, daß ich es nicht ab&#x017F;chlagen konnte.<lb/>
Meine Sachen wurden al&#x017F;o auf das Schloß gebracht,<lb/>
und ich &#x017F;ogleich dort in&#x017F;tallirt. Es i&#x017F;t ein &#x017F;chöner mo-<lb/>
derner Palla&#x017F;t mit einer herrlichen Gemälde- und<lb/>
Antiken-Sammlung, und einem großen Park, der<lb/>
auch eine berühmte Stuterei in &#x017F;ich &#x017F;chließt. Unter<lb/>
den Gemälden &#x017F;prachen mich drei be&#x017F;onders an, ein<lb/>
ganz ausgezeichnetes Bild Heinrich <hi rendition="#aq">VIII.</hi> in Lebens-<lb/>
größe, von Holbein, merkwürdig durch den prachtvol-<lb/>
len täu&#x017F;chend gemalten Schmuck und das fri&#x017F;che, mei-<lb/>
&#x017F;terhafte Colorit; ein Portrait des un&#x017F;terblichen New-<lb/>
ton, der bei weitem weniger <hi rendition="#g">gei&#x017F;treich</hi> als emi-<lb/>
nent <hi rendition="#g">vornehm</hi> aus&#x017F;ieht, und ein anderes des Mo-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0255] und der Park ſoll auch ſehr ausgedehnt und pittoresk ſeyn; das abſcheuliche Wetter hinderte mich aber, al- les dies zu ſehen. Ich fuhr den Abend noch bis Petworth, wo ein anderes ſehenswerthes Schloß iſt, und ſchreibe Dir jetzt aus dem Gaſthof, wo ich in wenigen Minuten wie zu Hauſe eingerichtet war, denn meine Reiſeequipage und Bequemlichkeitsroutine hat ſich in England noch ſehr vervollkommnet. Petworthhouſe, den 26ſten. Obriſt C . . . . kam heute früh zu mir in den Gaſthof, machte mir viel Vorwürfe, nicht bei ſeinem Schwiegervater, Lord E . . ., dem Beſitzer von Pet- worth-Schloß, gleich vorgefahren zu ſeyn, und bat mich dabei ſo freundlich, wenigſtens einen Tag bei ihnen zu bleiben, daß ich es nicht abſchlagen konnte. Meine Sachen wurden alſo auf das Schloß gebracht, und ich ſogleich dort inſtallirt. Es iſt ein ſchöner mo- derner Pallaſt mit einer herrlichen Gemälde- und Antiken-Sammlung, und einem großen Park, der auch eine berühmte Stuterei in ſich ſchließt. Unter den Gemälden ſprachen mich drei beſonders an, ein ganz ausgezeichnetes Bild Heinrich VIII. in Lebens- größe, von Holbein, merkwürdig durch den prachtvol- len täuſchend gemalten Schmuck und das friſche, mei- ſterhafte Colorit; ein Portrait des unſterblichen New- ton, der bei weitem weniger geiſtreich als emi- nent vornehm ausſieht, und ein anderes des Mo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/255
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/255>, abgerufen am 23.11.2024.