Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritter Akt.

Hof im Hause des Mopsus.
Phyllis (allein).
Schon dämmert es rings und der Venusstern
Tritt aus dem Gewölk in die Nacht glorreich;
Zwar Sirmio fehlt und der Schultheiß fehlt,
Doch brennt in der Brust die Begierde mir stets
Nach Blut und Verderb, und der Fluchtvorsatz.
Wie ertrug ich so lang, was dieser Gemahl
Aufs Herz mir gelegt, solch vielfach Leid?
In der Brautnacht schon, was that mir der Wicht?
Ich trug, wie bekannt, ringsfließendes Haar,
Wie ein Bandwurm lang, wie der Ruß kohlschwarz:
In der Brautnacht nun, als schnarchend ich lag,
Scheert mir der Barbar das Gelocke vom Kopf,
Und er gibt's zum Verkauf in der Frühe sogleich
An den nächsten Perückenverfert'ger!

Mit den Kindern sodann, was denkt er zu thun?
Denk' ich's, überläuft mich die Ganshaut kalt!
Denn er will ja die zwölf Kernjungen mir als
Karl Witte's erziehn, zu gelehrten Genie's.

Dritter Akt.

Hof im Hauſe des Mopſus.
Phyllis (allein).
Schon daͤmmert es rings und der Venusſtern
Tritt aus dem Gewoͤlk in die Nacht glorreich;
Zwar Sirmio fehlt und der Schultheiß fehlt,
Doch brennt in der Bruſt die Begierde mir ſtets
Nach Blut und Verderb, und der Fluchtvorſatz.
Wie ertrug ich ſo lang, was dieſer Gemahl
Aufs Herz mir gelegt, ſolch vielfach Leid?
In der Brautnacht ſchon, was that mir der Wicht?
Ich trug, wie bekannt, ringsfließendes Haar,
Wie ein Bandwurm lang, wie der Ruß kohlſchwarz:
In der Brautnacht nun, als ſchnarchend ich lag,
Scheert mir der Barbar das Gelocke vom Kopf,
Und er gibt's zum Verkauf in der Fruͤhe ſogleich
An den naͤchſten Peruͤckenverfert'ger!

Mit den Kindern ſodann, was denkt er zu thun?
Denk' ich's, uͤberlaͤuft mich die Ganshaut kalt!
Denn er will ja die zwoͤlf Kernjungen mir als
Karl Witte's erziehn, zu gelehrten Genie's.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0045" n="[39]"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Dritter Akt</hi>.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Hof im Hau&#x017F;e des Mop&#x017F;us</hi>.</hi> </stage><lb/>
          <sp who="#PHY">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Phyllis</hi> </hi> </speaker>
            <stage> <hi rendition="#c">(allein).</hi> </stage><lb/>
            <p>Schon da&#x0364;mmert es rings und der Venus&#x017F;tern<lb/>
Tritt aus dem Gewo&#x0364;lk in die Nacht glorreich;<lb/>
Zwar Sirmio fehlt und der Schultheiß fehlt,<lb/>
Doch brennt in der Bru&#x017F;t die Begierde mir &#x017F;tets<lb/>
Nach Blut und Verderb, und der Fluchtvor&#x017F;atz.<lb/>
Wie ertrug ich &#x017F;o lang, was die&#x017F;er Gemahl<lb/>
Aufs Herz mir gelegt, &#x017F;olch vielfach Leid?<lb/>
In der Brautnacht &#x017F;chon, was that mir der Wicht?<lb/>
Ich trug, wie bekannt, ringsfließendes Haar,<lb/>
Wie ein Bandwurm lang, wie der Ruß kohl&#x017F;chwarz:<lb/>
In der Brautnacht nun, als &#x017F;chnarchend ich lag,<lb/>
Scheert mir der Barbar das Gelocke vom Kopf,<lb/>
Und er gibt's zum Verkauf in der Fru&#x0364;he &#x017F;ogleich<lb/>
An den na&#x0364;ch&#x017F;ten Peru&#x0364;ckenverfert'ger!</p><lb/>
            <p>Mit den Kindern &#x017F;odann, was denkt er zu thun?<lb/>
Denk' <hi rendition="#g">ich's</hi>, u&#x0364;berla&#x0364;uft mich die Ganshaut kalt!<lb/>
Denn er will ja die zwo&#x0364;lf Kernjungen mir als<lb/>
Karl Witte's erziehn, zu gelehrten Genie's.<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[39]/0045] Dritter Akt. Hof im Hauſe des Mopſus. Phyllis (allein). Schon daͤmmert es rings und der Venusſtern Tritt aus dem Gewoͤlk in die Nacht glorreich; Zwar Sirmio fehlt und der Schultheiß fehlt, Doch brennt in der Bruſt die Begierde mir ſtets Nach Blut und Verderb, und der Fluchtvorſatz. Wie ertrug ich ſo lang, was dieſer Gemahl Aufs Herz mir gelegt, ſolch vielfach Leid? In der Brautnacht ſchon, was that mir der Wicht? Ich trug, wie bekannt, ringsfließendes Haar, Wie ein Bandwurm lang, wie der Ruß kohlſchwarz: In der Brautnacht nun, als ſchnarchend ich lag, Scheert mir der Barbar das Gelocke vom Kopf, Und er gibt's zum Verkauf in der Fruͤhe ſogleich An den naͤchſten Peruͤckenverfert'ger! Mit den Kindern ſodann, was denkt er zu thun? Denk' ich's, uͤberlaͤuft mich die Ganshaut kalt! Denn er will ja die zwoͤlf Kernjungen mir als Karl Witte's erziehn, zu gelehrten Genie's.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826/45
Zitationshilfe: Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826, S. [39]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826/45>, abgerufen am 21.11.2024.