Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.rufen herab, sein Ohr müsse morgen her, und Die Mutter schwieg nun und ließ die 75. Zykel. Ein harter, schwarzer Morgen! -- Nur Liane fand auf ihrem Schreibtisch ein Bil¬ rufen herab, ſein Ohr müſſe morgen her, und Die Mutter ſchwieg nun und ließ die 75. Zykel. Ein harter, ſchwarzer Morgen! — Nur Liane fand auf ihrem Schreibtiſch ein Bil¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0129" n="117"/> rufen herab, ſein Ohr müſſe morgen her, und<lb/> ſoll' ers in allen Schränken ſelber ſuchen.</p><lb/> <p>Die Mutter ſchwieg nun und ließ die<lb/> Tochter ſanft an ihrem Halſe weinen; beiden<lb/> war nach dieſer Seelen-Dürre der Trank der<lb/> Liebe Erfriſchung und Arzenei. Sie lieſſen ein¬<lb/> ander ausgeheitert aus den Armen los, aber<lb/> beide mit ganz irrenden Hoffnungen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head>75. <hi rendition="#g">Zykel.</hi><lb/></head> <p>Ein harter, ſchwarzer Morgen! — Nur<lb/> der athmoſphäriſche drauſſen war dunkelblau,<lb/> nichts war ſtürmiſch und laut als etwan die<lb/> Bienenflüge im Lindendickigt, der Himmelsäther<lb/> ſchien über die ſteinernen Gaſſen hoch wegzu¬<lb/> flattern, um im hellen, offnen Lilar ſich tief in<lb/> alle Gipfel und Spitzen einzuſenken und blau<lb/> wie Pfauengefieder aus den Zweigen zu<lb/> ſchillern.</p><lb/> <p>Liane fand auf ihrem Schreibtiſch ein Bil¬<lb/> let in Großquart gebrochen, worin der wie ein<lb/> Herz ewig arbeitende Miniſter ſchon am frü¬<lb/> hen Morgen eh' er für die einzelnen Regie¬<lb/> rungs- und Kammerräthe die zur Fruchtbarkeit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0129]
rufen herab, ſein Ohr müſſe morgen her, und
ſoll' ers in allen Schränken ſelber ſuchen.
Die Mutter ſchwieg nun und ließ die
Tochter ſanft an ihrem Halſe weinen; beiden
war nach dieſer Seelen-Dürre der Trank der
Liebe Erfriſchung und Arzenei. Sie lieſſen ein¬
ander ausgeheitert aus den Armen los, aber
beide mit ganz irrenden Hoffnungen.
75. Zykel.
Ein harter, ſchwarzer Morgen! — Nur
der athmoſphäriſche drauſſen war dunkelblau,
nichts war ſtürmiſch und laut als etwan die
Bienenflüge im Lindendickigt, der Himmelsäther
ſchien über die ſteinernen Gaſſen hoch wegzu¬
flattern, um im hellen, offnen Lilar ſich tief in
alle Gipfel und Spitzen einzuſenken und blau
wie Pfauengefieder aus den Zweigen zu
ſchillern.
Liane fand auf ihrem Schreibtiſch ein Bil¬
let in Großquart gebrochen, worin der wie ein
Herz ewig arbeitende Miniſter ſchon am frü¬
hen Morgen eh' er für die einzelnen Regie¬
rungs- und Kammerräthe die zur Fruchtbarkeit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/129 |
Zitationshilfe: | Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/129>, abgerufen am 04.07.2024. |