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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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schauete auf den gebückten Kopf mit süßer Re¬
gung nieder.

Herzlich gern hätt' er der Erschreckten
Schmerzengelder und Benefiziate in dieser Ko¬
mödie für die Armen gegeben; er hatt' aber
nichts bei sich, bis ihm zum Glück seine Schwe¬
ster Rabette -- von welcher Bandagistin er
irrig schloß, daß mehrere Mädchen des Teu¬
fels auf Bänder sind, und sie wie Taschenspie¬
ler verschlingen aber nicht wiedergeben -- und
sein neues Zopfband einfiel. Er spuhlte freu¬
dig das lange seidne Wickelband von seinem
Kopf an ihren. Aber die liebliche Nachbar¬
schaft, das Flechtwerk eines feinern innern Ban¬
des, und die Süßigkeit zu geben, und das Vi¬
vace seines angebohrnen Übermaaßes machten,
daß er ihr gern das Dresdner grüne Gewölbe
in die Schürze gegossen hätte; als ein Schnur¬
jude mit seinem kleinern seidnen auf dem Ma¬
gen und mit einem Sack voll eingekaufter
Haare auf dem Rücken die Pestizer Straße hin¬
zog. Der Jude ließ sich wohl herrufen, aber
nichts ableihen, trotz allen ausgestellten Wech¬
seln auf Eltern und Taschengelder. Ach ein

herrliches

ſchauete auf den gebückten Kopf mit ſüßer Re¬
gung nieder.

Herzlich gern hätt' er der Erſchreckten
Schmerzengelder und Benefiziate in dieſer Ko¬
mödie für die Armen gegeben; er hatt' aber
nichts bei ſich, bis ihm zum Glück ſeine Schwe¬
ſter Rabette — von welcher Bandagiſtin er
irrig ſchloß, daß mehrere Mädchen des Teu¬
fels auf Bänder ſind, und ſie wie Taſchenſpie¬
ler verſchlingen aber nicht wiedergeben — und
ſein neues Zopfband einfiel. Er ſpuhlte freu¬
dig das lange ſeidne Wickelband von ſeinem
Kopf an ihren. Aber die liebliche Nachbar¬
ſchaft, das Flechtwerk eines feinern innern Ban¬
des, und die Süßigkeit zu geben, und das Vi¬
vace ſeines angebohrnen Übermaaßes machten,
daß er ihr gern das Dresdner grüne Gewölbe
in die Schürze gegoſſen hätte; als ein Schnur¬
jude mit ſeinem kleinern ſeidnen auf dem Ma¬
gen und mit einem Sack voll eingekaufter
Haare auf dem Rücken die Peſtizer Straße hin¬
zog. Der Jude ließ ſich wohl herrufen, aber
nichts ableihen, trotz allen ausgeſtellten Wech¬
ſeln auf Eltern und Taſchengelder. Ach ein

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[144/0164] ſchauete auf den gebückten Kopf mit ſüßer Re¬ gung nieder. Herzlich gern hätt' er der Erſchreckten Schmerzengelder und Benefiziate in dieſer Ko¬ mödie für die Armen gegeben; er hatt' aber nichts bei ſich, bis ihm zum Glück ſeine Schwe¬ ſter Rabette — von welcher Bandagiſtin er irrig ſchloß, daß mehrere Mädchen des Teu¬ fels auf Bänder ſind, und ſie wie Taſchenſpie¬ ler verſchlingen aber nicht wiedergeben — und ſein neues Zopfband einfiel. Er ſpuhlte freu¬ dig das lange ſeidne Wickelband von ſeinem Kopf an ihren. Aber die liebliche Nachbar¬ ſchaft, das Flechtwerk eines feinern innern Ban¬ des, und die Süßigkeit zu geben, und das Vi¬ vace ſeines angebohrnen Übermaaßes machten, daß er ihr gern das Dresdner grüne Gewölbe in die Schürze gegoſſen hätte; als ein Schnur¬ jude mit ſeinem kleinern ſeidnen auf dem Ma¬ gen und mit einem Sack voll eingekaufter Haare auf dem Rücken die Peſtizer Straße hin¬ zog. Der Jude ließ ſich wohl herrufen, aber nichts ableihen, trotz allen ausgeſtellten Wech¬ ſeln auf Eltern und Taſchengelder. Ach ein herrliches

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/164>, abgerufen am 26.04.2024.