Große Aloe-Blüthen der Liebe: oder das Grab -- der Traum -- die Orgel nebst meinem Schlagfluß, Pelz¬ stiefel und Eis-Liripipium
In Gustav rückten die höchsten Lichter aus des Freundes Bild langsam in das der Geliebten über. Jezt trat erst ihr Gesicht, das am Todtenbette ein ewiges Feuer in ihn geworfen hatte, aus dem Zypressen-Schatten vor. Die einsame Pyramide stand erhaben als Wach-Engel neben dem Begrab¬ nen. Er trug sich hinauf, mit Schmerzen, aber mit sanftern: er hatte doch jezt den unbeschreiblich süßen Trost, den Menschen in der Erde nie ge¬ kränkt, und ihm oft verziehen zu haben; er wünschte, Amandus hätte seine Verzeihung noch öfter veranlasset; sogar das deckte seinen wunden Busen mit warmem Troste zu, daß er jezt ihn so liebe, so betrauere, ungesehen, unbelohnet.
Oben trat er noch in einige Leidens-Dornen, worüber man laut aufschreiet: aber bald flogen seine Augen sehnend auf der Licht-Brücke, die von einer Lampe aus Beatens Zimmer über den
Drei und dreißigſter oder XXV. Trinitatis Sekt.
Große Aloe-Blüthen der Liebe: oder das Grab — der Traum — die Orgel nebſt meinem Schlagfluß, Pelz¬ ſtiefel und Eis-Liripipium
In Guſtav ruͤckten die hoͤchſten Lichter aus des Freundes Bild langſam in das der Geliebten uͤber. Jezt trat erſt ihr Geſicht, das am Todtenbette ein ewiges Feuer in ihn geworfen hatte, aus dem Zypreſſen-Schatten vor. Die einſame Pyramide ſtand erhaben als Wach-Engel neben dem Begrab¬ nen. Er trug ſich hinauf, mit Schmerzen, aber mit ſanftern: er hatte doch jezt den unbeſchreiblich ſuͤßen Troſt, den Menſchen in der Erde nie ge¬ kraͤnkt, und ihm oft verziehen zu haben; er wuͤnſchte, Amandus haͤtte ſeine Verzeihung noch oͤfter veranlaſſet; ſogar das deckte ſeinen wunden Buſen mit warmem Troſte zu, daß er jezt ihn ſo liebe, ſo betrauere, ungeſehen, unbelohnet.
Oben trat er noch in einige Leidens-Dornen, woruͤber man laut aufſchreiet: aber bald flogen ſeine Augen ſehnend auf der Licht-Bruͤcke, die von einer Lampe aus Beatens Zimmer uͤber den
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Drei und dreißigſter oder XXV. Trinitatis Sekt.
Große Aloe-Blüthen der Liebe: oder das Grab
— der Traum — die Orgel nebſt meinem Schlagfluß, Pelz¬
ſtiefel und Eis-Liripipium
In Guſtav ruͤckten die hoͤchſten Lichter aus des
Freundes Bild langſam in das der Geliebten uͤber.
Jezt trat erſt ihr Geſicht, das am Todtenbette
ein ewiges Feuer in ihn geworfen hatte, aus dem
Zypreſſen-Schatten vor. Die einſame Pyramide
ſtand erhaben als Wach-Engel neben dem Begrab¬
nen. Er trug ſich hinauf, mit Schmerzen, aber
mit ſanftern: er hatte doch jezt den unbeſchreiblich
ſuͤßen Troſt, den Menſchen in der Erde nie ge¬
kraͤnkt, und ihm oft verziehen zu haben; er
wuͤnſchte, Amandus haͤtte ſeine Verzeihung noch
oͤfter veranlaſſet; ſogar das deckte ſeinen wunden
Buſen mit warmem Troſte zu, daß er jezt ihn ſo
liebe, ſo betrauere, ungeſehen, unbelohnet.
Oben trat er noch in einige Leidens-Dornen,
woruͤber man laut aufſchreiet: aber bald flogen
ſeine Augen ſehnend auf der Licht-Bruͤcke, die
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/128>, abgerufen am 30.12.2024.
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