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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
solches merckte/ redete ihm zu/ er solte auf gut Trauen trincken/
sintemahl dieser Tranck ihm und seinen Nachkommen wohl er-
sprießen/ auch hiedurch das gantze Gräffliche Oldenburgische Hauß
zu mercklicher Auffnahm gedeyhen würde. Wofern er aber ihren
Worten nicht Glauben beymeßen und trincken wolte/ so solte in
künfftigen Zeiten dieses Gräffliche Geschlecht in vielen Wieder-
wärtigkeiten schweben. Dessen ungeachtet tranck der Graf doch
nicht/ sondern schwunge das Horn rückwärts/ und verschüttete den
Tranck/ welcher in so viel er sein weißes Pferd berührete/ demsel-
ben die Haar ausfallen machete. Die Jungfer forderte das Horn
vom Grafen wieder/ dieser aber eilete mit demselben Berg ab/ und
als er sich umkehrete/ sahe er/ daß die Jungfer wieder in Berg ge-
gangen war/ worauf er gantz bestürtzt zu den Seinen wiederkeh-
rete/ und ihnen das erlangte Horn gezeiget. Es ist aber dieses
Horn sehr wohl und künstlich formiret mit vielerhand gar alten
theils unbekandten Schrifften/ Waffen und Bildern geziehret:
gestalten es auch noch dato als eine sonderbahre Rarität zu Olden-
burg auffbehalten wird. Biß hieher Hr. Seyfried. Die Abbil-
dung dieses Horns/ wie auch noch eines andern von einem Bau-
er-Mädgen auf der Strassen gefundenen und in der Königlichen
Dähnischen Kunst-Kammer in Coppenhagen auffbehaltenen/ ist in
Happelii Relationibus curiosis zu sehen.

Die Ge-
schicht des
wunderbah-
ren Britan-
nischen Be-
chers.

Wovon gleichfalls nicht weit abgehet dasjenige/ was Gviel-
helmus Neubrigensis L. I. Histor. Angl. Cap. 38.
mit folgenden Wor-
ten erzehlet: Jn der Provintz DEIR, spricht er/ nicht weit von
meinem Vaterland/ hat sich diese wunderbahre Geschicht zugetra-
gen/ welche ich von Jugend auf weiß. Es ist ein Fleck etliche Meil-
wegs vom Orientalischen Meer gelegen/ dabey die berühmbte Was-
ser Vipsae genannt/ aus welchem ein Bauer zu seinem Freund/ im nech-
sten Flecken wohnend/ ihn zu besuchen gezogen/ und als er nicht zu gar
nüchtern in eiteler Nacht wieder nacher Hause verreisen wolte/ sie-
he/ da hat er in dem nechsten Berg/ welchen ich offt gesehen/ und 2.
oder 3. Stadien vom Dorff lieget/ liebliche Stimmen der Sänger
und ein lustiges Gelach gehöret/ er verwundert sich/ wer doch an
dem Ort in solcher Nacht mit so herrlichen Freuden der Nacht ihre

Ruhe

Beſchreibung des Fichtelbergs.
ſolches merckte/ redete ihm zu/ er ſolte auf gut Trauen trincken/
ſintemahl dieſer Tranck ihm und ſeinen Nachkommen wohl er-
ſprießen/ auch hiedurch das gantze Graͤffliche Oldenburgiſche Hauß
zu mercklicher Auffnahm gedeyhen wuͤrde. Wofern er aber ihren
Worten nicht Glauben beymeßen und trincken wolte/ ſo ſolte in
kuͤnfftigen Zeiten dieſes Graͤffliche Geſchlecht in vielen Wieder-
waͤrtigkeiten ſchweben. Deſſen ungeachtet tranck der Graf doch
nicht/ ſondern ſchwunge das Horn ruͤckwaͤrts/ und verſchuͤttete den
Tranck/ welcher in ſo viel er ſein weißes Pferd beruͤhrete/ demſel-
ben die Haar ausfallen machete. Die Jungfer forderte das Horn
vom Grafen wieder/ dieſer aber eilete mit demſelben Berg ab/ und
als er ſich umkehrete/ ſahe er/ daß die Jungfer wieder in Berg ge-
gangen war/ worauf er gantz beſtuͤrtzt zu den Seinen wiederkeh-
rete/ und ihnen das erlangte Horn gezeiget. Es iſt aber dieſes
Horn ſehr wohl und kuͤnſtlich formiret mit vielerhand gar alten
theils unbekandten Schrifften/ Waffen und Bildern geziehret:
geſtalten es auch noch dato als eine ſonderbahre Raritaͤt zu Olden-
burg auffbehalten wird. Biß hieher Hr. Seyfried. Die Abbil-
dung dieſes Horns/ wie auch noch eines andern von einem Bau-
er-Maͤdgen auf der Straſſen gefundenen und in der Koͤniglichen
Daͤhniſchen Kunſt-Kammer in Coppenhagen auffbehaltenen/ iſt in
Happelii Relationibus curioſis zu ſehen.

Die Ge-
ſchicht des
wunderbah-
ren Britan-
niſchen Be-
chers.

Wovon gleichfalls nicht weit abgehet dasjenige/ was Gviel-
helmus Neubrigenſis L. I. Hiſtor. Angl. Cap. 38.
mit folgenden Wor-
ten erzehlet: Jn der Provintz DEIR, ſpricht er/ nicht weit von
meinem Vaterland/ hat ſich dieſe wunderbahre Geſchicht zugetra-
gen/ welche ich von Jugend auf weiß. Es iſt ein Fleck etliche Meil-
wegs vom Orientaliſchen Meer gelegen/ dabey die beruͤhmbte Waſ-
ſer Vipſæ genannt/ aus welchem ein Bauer zu ſeinem Freund/ im nech-
ſten Flecken wohnend/ ihn zu beſuchen gezogen/ und als er nicht zu gar
nuͤchtern in eiteler Nacht wieder nacher Hauſe verreiſen wolte/ ſie-
he/ da hat er in dem nechſten Berg/ welchen ich offt geſehen/ und 2.
oder 3. Stadien vom Dorff lieget/ liebliche Stimmen der Saͤnger
und ein luſtiges Gelach gehoͤret/ er verwundert ſich/ wer doch an
dem Ort in ſolcher Nacht mit ſo herrlichen Freuden der Nacht ihre

Ruhe
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[74/0095] Beſchreibung des Fichtelbergs. ſolches merckte/ redete ihm zu/ er ſolte auf gut Trauen trincken/ ſintemahl dieſer Tranck ihm und ſeinen Nachkommen wohl er- ſprießen/ auch hiedurch das gantze Graͤffliche Oldenburgiſche Hauß zu mercklicher Auffnahm gedeyhen wuͤrde. Wofern er aber ihren Worten nicht Glauben beymeßen und trincken wolte/ ſo ſolte in kuͤnfftigen Zeiten dieſes Graͤffliche Geſchlecht in vielen Wieder- waͤrtigkeiten ſchweben. Deſſen ungeachtet tranck der Graf doch nicht/ ſondern ſchwunge das Horn ruͤckwaͤrts/ und verſchuͤttete den Tranck/ welcher in ſo viel er ſein weißes Pferd beruͤhrete/ demſel- ben die Haar ausfallen machete. Die Jungfer forderte das Horn vom Grafen wieder/ dieſer aber eilete mit demſelben Berg ab/ und als er ſich umkehrete/ ſahe er/ daß die Jungfer wieder in Berg ge- gangen war/ worauf er gantz beſtuͤrtzt zu den Seinen wiederkeh- rete/ und ihnen das erlangte Horn gezeiget. Es iſt aber dieſes Horn ſehr wohl und kuͤnſtlich formiret mit vielerhand gar alten theils unbekandten Schrifften/ Waffen und Bildern geziehret: geſtalten es auch noch dato als eine ſonderbahre Raritaͤt zu Olden- burg auffbehalten wird. Biß hieher Hr. Seyfried. Die Abbil- dung dieſes Horns/ wie auch noch eines andern von einem Bau- er-Maͤdgen auf der Straſſen gefundenen und in der Koͤniglichen Daͤhniſchen Kunſt-Kammer in Coppenhagen auffbehaltenen/ iſt in Happelii Relationibus curioſis zu ſehen. Wovon gleichfalls nicht weit abgehet dasjenige/ was Gviel- helmus Neubrigenſis L. I. Hiſtor. Angl. Cap. 38. mit folgenden Wor- ten erzehlet: Jn der Provintz DEIR, ſpricht er/ nicht weit von meinem Vaterland/ hat ſich dieſe wunderbahre Geſchicht zugetra- gen/ welche ich von Jugend auf weiß. Es iſt ein Fleck etliche Meil- wegs vom Orientaliſchen Meer gelegen/ dabey die beruͤhmbte Waſ- ſer Vipſæ genannt/ aus welchem ein Bauer zu ſeinem Freund/ im nech- ſten Flecken wohnend/ ihn zu beſuchen gezogen/ und als er nicht zu gar nuͤchtern in eiteler Nacht wieder nacher Hauſe verreiſen wolte/ ſie- he/ da hat er in dem nechſten Berg/ welchen ich offt geſehen/ und 2. oder 3. Stadien vom Dorff lieget/ liebliche Stimmen der Saͤnger und ein luſtiges Gelach gehoͤret/ er verwundert ſich/ wer doch an dem Ort in ſolcher Nacht mit ſo herrlichen Freuden der Nacht ihre Ruhe

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/95>, abgerufen am 26.04.2024.