Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschreibung des Fichtelbergs.
es einem natürlich-schwartzen Probier-Stein gantz ähnlich und
gleichsehend befande. Nach diesem gienge zwar ihr Führer noch
ferner voran/ jedoch mit Unwillen und in lauter Confusion, und sie
folgten ihm in größtem Schrecken und Angst nach/ biß endlich nach
langem verdrießlichen hin- und wieder kriechen und schlüpffen durch
enge Klüffte und Schlüpfflöcher (da sie doch beym Eingang der-
gleichen nicht/ sondern eine sehr hohe und grosse Weitschafft befan-
den/) von fernen etwas Licht erblickten und deme zueileten/ und also
nach erstandener beschwerlicher Mühe und Arbeit auf einem ihnen
unbekanten Gebürg an das Tageslicht gelangten/ nirgend aber
sich erkennen konten/ biß sie unten am Gebürg in einem Dorff
Kundschafft erhalten/ wo zugegen sie wären/ da sie dann sich weit
vom Closter/ woraus sie gegangen/ entfernet zu seyn befanden/ und
erst nach Ablegung einer ziemlichen weiten Reise hinwiederum all-
da anlangten. Jch habe diese Historie hieher gesetzt/ wie sie Herr
Joh. Heinrich Seyfried in seiner Mirabilium Naturae Medulla, p.
197. &c.
It.
Hr. D. Weigel in seinem Jtaliänischen Paradieß
erzehlet/ weil sie gantz und gar mit meines Herrn Referenten Aus-
sage übereinkommet.

Wegen der hier sich praesentirenden Frauens-Personen deuch-Die Ge-
schicht des
Oldenbur-
gischen
Horns.

tet mir ebenfalls nicht uneben zu seyn die abentheuerliche Geschicht
des Oldenburgischen Horns einzurücken/ welche bemeldter Herr
Seyfried p. 443. 444. also beschreibet: A. 967. begabe es sich/ als
Graff Otto in Oldenburg regierte/ daß einsten er auf der Jagd
an dem so genannten Bernefeuers Holtz ein Wild angetroffen/ und
dasselbe biß an den Ofenberg gantz allein verfolgt hat. Als nun
der Graf mitten auf dem Berg stille hielte/ und nach seinen Wind-
spielen sich umbsahe/ auch wegen Hitze nach einem kühlen Trunck
verlangte; trat aus einer Klufft am Berge eine schöne wohlge-
kleidete Jungfer in fliegenden Haaren/ und einem auffhabenden
Kräntzlein/ vor ihm haltend in der Hand ein köstlich Silber-vergol-
detes Jäger-Horn mit einem besondern Tranck angefüllet/ die er-
suchte den Grafen/ daß zu seiner Erlabung er davon trincken wolte.
Der Graf nahm das Horn/ besahe den Tranck/ schüttelte ihn
durcheinander/ wolte aber nicht trincken. Die Jungfrau/ da sie

solches
K

Beſchreibung des Fichtelbergs.
es einem natuͤrlich-ſchwartzen Probier-Stein gantz aͤhnlich und
gleichſehend befande. Nach dieſem gienge zwar ihr Fuͤhrer noch
ferner voran/ jedoch mit Unwillen und in lauter Confuſion, und ſie
folgten ihm in groͤßtem Schrecken und Angſt nach/ biß endlich nach
langem verdrießlichen hin- und wieder kriechen und ſchluͤpffen durch
enge Kluͤffte und Schluͤpffloͤcher (da ſie doch beym Eingang der-
gleichen nicht/ ſondern eine ſehr hohe und groſſe Weitſchafft befan-
den/) von fernen etwas Licht erblickten und deme zueileten/ und alſo
nach erſtandener beſchwerlicher Muͤhe und Arbeit auf einem ihnen
unbekanten Gebuͤrg an das Tageslicht gelangten/ nirgend aber
ſich erkennen konten/ biß ſie unten am Gebuͤrg in einem Dorff
Kundſchafft erhalten/ wo zugegen ſie waͤren/ da ſie dann ſich weit
vom Cloſter/ woraus ſie gegangen/ entfernet zu ſeyn befanden/ und
erſt nach Ablegung einer ziemlichen weiten Reiſe hinwiederum all-
da anlangten. Jch habe dieſe Hiſtorie hieher geſetzt/ wie ſie Herr
Joh. Heinrich Seyfried in ſeiner Mirabilium Naturæ Medulla, p.
197. &c.
It.
Hr. D. Weigel in ſeinem Jtaliaͤniſchen Paradieß
erzehlet/ weil ſie gantz und gar mit meines Herrn Referenten Aus-
ſage uͤbereinkommet.

Wegen der hier ſich præſentirenden Frauens-Perſonen deuch-Die Ge-
ſchicht des
Oldenbur-
giſchen
Horns.

tet mir ebenfalls nicht uneben zu ſeyn die abentheuerliche Geſchicht
des Oldenburgiſchen Horns einzuruͤcken/ welche bemeldter Herr
Seyfried p. 443. 444. alſo beſchreibet: A. 967. begabe es ſich/ als
Graff Otto in Oldenburg regierte/ daß einſten er auf der Jagd
an dem ſo genannten Bernefeuers Holtz ein Wild angetroffen/ und
daſſelbe biß an den Ofenberg gantz allein verfolgt hat. Als nun
der Graf mitten auf dem Berg ſtille hielte/ und nach ſeinen Wind-
ſpielen ſich umbſahe/ auch wegen Hitze nach einem kuͤhlen Trunck
verlangte; trat aus einer Klufft am Berge eine ſchoͤne wohlge-
kleidete Jungfer in fliegenden Haaren/ und einem auffhabenden
Kraͤntzlein/ vor ihm haltend in der Hand ein koͤſtlich Silber-vergol-
detes Jaͤger-Horn mit einem beſondern Tranck angefuͤllet/ die er-
ſuchte den Grafen/ daß zu ſeiner Erlabung er davon trincken wolte.
Der Graf nahm das Horn/ beſahe den Tranck/ ſchuͤttelte ihn
durcheinander/ wolte aber nicht trincken. Die Jungfrau/ da ſie

ſolches
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0094" n="73"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung des Fichtelbergs.</hi></fw><lb/>
es einem natu&#x0364;rlich-&#x017F;chwartzen Probier-Stein gantz a&#x0364;hnlich und<lb/>
gleich&#x017F;ehend befande. Nach die&#x017F;em gienge zwar ihr Fu&#x0364;hrer noch<lb/>
ferner voran/ jedoch mit Unwillen und in lauter <hi rendition="#aq">Confu&#x017F;ion,</hi> und &#x017F;ie<lb/>
folgten ihm in gro&#x0364;ßtem Schrecken und Ang&#x017F;t nach/ biß endlich nach<lb/>
langem verdrießlichen hin- und wieder kriechen und &#x017F;chlu&#x0364;pffen durch<lb/>
enge Klu&#x0364;ffte und Schlu&#x0364;pfflo&#x0364;cher (da &#x017F;ie doch beym Eingang der-<lb/>
gleichen nicht/ &#x017F;ondern eine &#x017F;ehr hohe und gro&#x017F;&#x017F;e Weit&#x017F;chafft befan-<lb/>
den/) von fernen etwas Licht erblickten und deme zueileten/ und al&#x017F;o<lb/>
nach er&#x017F;tandener be&#x017F;chwerlicher Mu&#x0364;he und Arbeit auf einem ihnen<lb/>
unbekanten Gebu&#x0364;rg an das Tageslicht gelangten/ nirgend aber<lb/>
&#x017F;ich erkennen konten/ biß &#x017F;ie unten am Gebu&#x0364;rg in einem Dorff<lb/>
Kund&#x017F;chafft erhalten/ wo zugegen &#x017F;ie wa&#x0364;ren/ da &#x017F;ie dann &#x017F;ich weit<lb/>
vom Clo&#x017F;ter/ woraus &#x017F;ie gegangen/ entfernet zu &#x017F;eyn befanden/ und<lb/>
er&#x017F;t nach Ablegung einer ziemlichen weiten Rei&#x017F;e hinwiederum all-<lb/>
da anlangten. Jch habe die&#x017F;e Hi&#x017F;torie hieher ge&#x017F;etzt/ wie &#x017F;ie Herr<lb/><hi rendition="#fr">Joh. Heinrich Seyfried</hi> in &#x017F;einer <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mirabilium Naturæ Medulla, p.<lb/>
197. &amp;c.</hi> It.</hi> Hr. <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#fr">Weigel</hi> in &#x017F;einem <hi rendition="#fr">Jtalia&#x0364;ni&#x017F;chen Paradieß</hi><lb/>
erzehlet/ weil &#x017F;ie gantz und gar mit meines Herrn <hi rendition="#aq">Referent</hi>en Aus-<lb/>
&#x017F;age u&#x0364;bereinkommet.</p><lb/>
          <p>Wegen der hier &#x017F;ich <hi rendition="#aq">præ&#x017F;ent</hi>irenden Frauens-Per&#x017F;onen deuch-<note place="right">Die Ge-<lb/>
&#x017F;chicht des<lb/>
Oldenbur-<lb/>
gi&#x017F;chen<lb/>
Horns.</note><lb/>
tet mir ebenfalls nicht uneben zu &#x017F;eyn die abentheuerliche Ge&#x017F;chicht<lb/>
des Oldenburgi&#x017F;chen Horns einzuru&#x0364;cken/ welche bemeldter Herr<lb/><hi rendition="#fr">Seyfried</hi> <hi rendition="#aq">p.</hi> 443. 444. al&#x017F;o be&#x017F;chreibet: <hi rendition="#aq">A.</hi> 967. begabe es &#x017F;ich/ als<lb/>
Graff Otto in Oldenburg regierte/ daß ein&#x017F;ten er auf der Jagd<lb/>
an dem &#x017F;o genannten Bernefeuers Holtz ein Wild angetroffen/ und<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe biß an den Ofenberg gantz allein verfolgt hat. Als nun<lb/>
der Graf mitten auf dem Berg &#x017F;tille hielte/ und nach &#x017F;einen Wind-<lb/>
&#x017F;pielen &#x017F;ich umb&#x017F;ahe/ auch wegen Hitze nach einem ku&#x0364;hlen Trunck<lb/>
verlangte; trat aus einer Klufft am Berge eine &#x017F;cho&#x0364;ne wohlge-<lb/>
kleidete Jungfer in fliegenden Haaren/ und einem auffhabenden<lb/>
Kra&#x0364;ntzlein/ vor ihm haltend in der Hand ein ko&#x0364;&#x017F;tlich Silber-vergol-<lb/>
detes Ja&#x0364;ger-Horn mit einem be&#x017F;ondern Tranck angefu&#x0364;llet/ die er-<lb/>
&#x017F;uchte den Grafen/ daß zu &#x017F;einer Erlabung er davon trincken wolte.<lb/>
Der Graf nahm das Horn/ be&#x017F;ahe den Tranck/ &#x017F;chu&#x0364;ttelte ihn<lb/>
durcheinander/ wolte aber nicht trincken. Die Jungfrau/ da &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;olches</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0094] Beſchreibung des Fichtelbergs. es einem natuͤrlich-ſchwartzen Probier-Stein gantz aͤhnlich und gleichſehend befande. Nach dieſem gienge zwar ihr Fuͤhrer noch ferner voran/ jedoch mit Unwillen und in lauter Confuſion, und ſie folgten ihm in groͤßtem Schrecken und Angſt nach/ biß endlich nach langem verdrießlichen hin- und wieder kriechen und ſchluͤpffen durch enge Kluͤffte und Schluͤpffloͤcher (da ſie doch beym Eingang der- gleichen nicht/ ſondern eine ſehr hohe und groſſe Weitſchafft befan- den/) von fernen etwas Licht erblickten und deme zueileten/ und alſo nach erſtandener beſchwerlicher Muͤhe und Arbeit auf einem ihnen unbekanten Gebuͤrg an das Tageslicht gelangten/ nirgend aber ſich erkennen konten/ biß ſie unten am Gebuͤrg in einem Dorff Kundſchafft erhalten/ wo zugegen ſie waͤren/ da ſie dann ſich weit vom Cloſter/ woraus ſie gegangen/ entfernet zu ſeyn befanden/ und erſt nach Ablegung einer ziemlichen weiten Reiſe hinwiederum all- da anlangten. Jch habe dieſe Hiſtorie hieher geſetzt/ wie ſie Herr Joh. Heinrich Seyfried in ſeiner Mirabilium Naturæ Medulla, p. 197. &c. It. Hr. D. Weigel in ſeinem Jtaliaͤniſchen Paradieß erzehlet/ weil ſie gantz und gar mit meines Herrn Referenten Aus- ſage uͤbereinkommet. Wegen der hier ſich præſentirenden Frauens-Perſonen deuch- tet mir ebenfalls nicht uneben zu ſeyn die abentheuerliche Geſchicht des Oldenburgiſchen Horns einzuruͤcken/ welche bemeldter Herr Seyfried p. 443. 444. alſo beſchreibet: A. 967. begabe es ſich/ als Graff Otto in Oldenburg regierte/ daß einſten er auf der Jagd an dem ſo genannten Bernefeuers Holtz ein Wild angetroffen/ und daſſelbe biß an den Ofenberg gantz allein verfolgt hat. Als nun der Graf mitten auf dem Berg ſtille hielte/ und nach ſeinen Wind- ſpielen ſich umbſahe/ auch wegen Hitze nach einem kuͤhlen Trunck verlangte; trat aus einer Klufft am Berge eine ſchoͤne wohlge- kleidete Jungfer in fliegenden Haaren/ und einem auffhabenden Kraͤntzlein/ vor ihm haltend in der Hand ein koͤſtlich Silber-vergol- detes Jaͤger-Horn mit einem beſondern Tranck angefuͤllet/ die er- ſuchte den Grafen/ daß zu ſeiner Erlabung er davon trincken wolte. Der Graf nahm das Horn/ beſahe den Tranck/ ſchuͤttelte ihn durcheinander/ wolte aber nicht trincken. Die Jungfrau/ da ſie ſolches Die Ge- ſchicht des Oldenbur- giſchen Horns. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/94
Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/94>, abgerufen am 26.04.2024.