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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
auch andern Handels-Leuten bewohnet worden/ welche meistens
nacher Leipzig/ Magdeburg/ Naumburg und dergleichen Han-
Wie Weis-
senstadt in
Auffnahm
kommen?
dels-Städten ihren Vertrieb gehabt. Wie dann dieser Ort nicht
weniger als Wunsidel durch die Zinn-Bergwercke sein Aufkom-
men erlanget. Man findet allenthalben noch Berg-Gruben so
wohl umb die Stadt/ als weiter gegen die Dorffschafften hinaus;
Ein Ort
Seitig.
Woher also
genannt?
Eine halbe Stunde von der Stadt ist ein Ort/ der Seitig genannt/
da die Bergleute vor diesen in grosser Anzahl gearbeitet/ auch das
Zinn-Ertz so ergiebig gewesen/ daß aus jedem Centner desselben
noch 10. Loth des besten Silbers hat können geläutert werden/ und
Reiches
viel Silber-
haltendes
Zinn-Ertz.
sollen selbige Bergleute des Sonntags in Seidenen Hembdern zu
Kirchen gegangen seyn/ woher dann dieser beruffene Berg-Ort
den Nahmen Seitig bekommen. Wie dann auch bey dem Dorff
Schönlind ein sehr reiches Eisenwerck gewesen/ so 1620. noch völ-
lig getrieben worden/ im dreyßig-jährigen Krieg aber liegen
Auf was Art
ein reiches
Bergwerck
auf einmahl
aufgehöret?
geblieben; 1670. aber durch zwey Nürmberger wieder eröffnet
und grosser Nutzen etliche Jahre lang dadurch erhalten wor-
den/ biß der Steiger/ so ein berühmbter und sehr fleißiger Mann
gewesen/ durch Sprengung eines Steines unversehens umb das
Leben kommen/ worauf nichts mehr anschlagen wollen/ sondern
Wunsiedler
schmeltzen
ihren Eisen-
Stein in
Weissen-
stadt.
alles Gewonnene wieder verlohren gegangen. Anno 1410. und
etliche folgende Jahre haben so gar die Wunsidler zu Weis-
senstadt ihren Zinn-Stein geschmeltzet/ wie dann das Schmeltz-
hütten-Recht noch allda anzutreffen. Die Praerogativ und das Al-
terthum diesev Berg-Stadt erhellet unter andern daraus/ daß
Zu Weissen-
stadt war
das Berg-
Gericht des
Burggraf-
thums ober-
halb Ge-
bürgs.
das Berg-Gericht allda zu halten/ von Gnädigster Herrschafft ist
verordnet worden/ da dann alle entstandene Jrrungen/ so in Berg-
Sachen in diesen Landen oberhalb Gebürgs vorgefallen/ allhier
haben müssen vertragen werden; von welchem dann der Stadt-
Magistrat allda in ziemliches Ansehen kommen/ und der Ambts-
Burgermeister bey jedem Gerichte mit beygesessen/ ohne dessen
Ungemeine
Wohlfeile
des Zinns.
Gegenwart die gefällten Sprüche ungültig geachtet worden.
Daß aber diese Zinn-Bergwercke so gar in Abgang gekommen/
soll die Ursache seyn/ weilen wegen Menge dieses Metalls/ sol-

ches

Beſchreibung des Fichtelbergs.
auch andern Handels-Leuten bewohnet worden/ welche meiſtens
nacher Leipzig/ Magdeburg/ Naumburg und dergleichen Han-
Wie Weiſ-
ſenſtadt in
Auffnahm
kommen?
dels-Staͤdten ihren Vertrieb gehabt. Wie dann dieſer Ort nicht
weniger als Wunſidel durch die Zinn-Bergwercke ſein Aufkom-
men erlanget. Man findet allenthalben noch Berg-Gruben ſo
wohl umb die Stadt/ als weiter gegen die Dorffſchafften hinaus;
Ein Ort
Seitig.
Woher alſo
genannt?
Eine halbe Stunde von der Stadt iſt ein Ort/ der Seitig genannt/
da die Bergleute vor dieſen in groſſer Anzahl gearbeitet/ auch das
Zinn-Ertz ſo ergiebig geweſen/ daß aus jedem Centner deſſelben
noch 10. Loth des beſten Silbers hat koͤnnen gelaͤutert werden/ und
Reiches
viel Silber-
haltendes
Zinn-Ertz.
ſollen ſelbige Bergleute des Sonntags in Seidenen Hembdern zu
Kirchen gegangen ſeyn/ woher dann dieſer beruffene Berg-Ort
den Nahmen Seitig bekommen. Wie dann auch bey dem Dorff
Schoͤnlind ein ſehr reiches Eiſenwerck geweſen/ ſo 1620. noch voͤl-
lig getrieben worden/ im dreyßig-jaͤhrigen Krieg aber liegen
Auf was Art
ein reiches
Bergwerck
auf einmahl
aufgehoͤꝛet?
geblieben; 1670. aber durch zwey Nuͤrmberger wieder eroͤffnet
und groſſer Nutzen etliche Jahre lang dadurch erhalten wor-
den/ biß der Steiger/ ſo ein beruͤhmbter und ſehr fleißiger Mann
geweſen/ durch Sprengung eines Steines unverſehens umb das
Leben kommen/ worauf nichts mehr anſchlagen wollen/ ſondern
Wunſiedler
ſchmeltzen
ihren Eiſen-
Stein in
Weiſſen-
ſtadt.
alles Gewonnene wieder verlohren gegangen. Anno 1410. und
etliche folgende Jahre haben ſo gar die Wunſidler zu Weiſ-
ſenſtadt ihren Zinn-Stein geſchmeltzet/ wie dann das Schmeltz-
huͤtten-Recht noch allda anzutreffen. Die Prærogativ und das Al-
terthum dieſev Berg-Stadt erhellet unter andern daraus/ daß
Zu Weiſſen-
ſtadt war
das Berg-
Gericht des
Burggraf-
thums ober-
halb Ge-
buͤrgs.
das Berg-Gericht allda zu halten/ von Gnaͤdigſter Herrſchafft iſt
verordnet worden/ da dann alle entſtandene Jrrungen/ ſo in Berg-
Sachen in dieſen Landen oberhalb Gebuͤrgs vorgefallen/ allhier
haben muͤſſen vertragen werden; von welchem dann der Stadt-
Magiſtrat allda in ziemliches Anſehen kommen/ und der Ambts-
Burgermeiſter bey jedem Gerichte mit beygeſeſſen/ ohne deſſen
Ungemeine
Wohlfeile
des Zinns.
Gegenwart die gefaͤllten Spruͤche unguͤltig geachtet worden.
Daß aber dieſe Zinn-Bergwercke ſo gar in Abgang gekommen/
ſoll die Urſache ſeyn/ weilen wegen Menge dieſes Metalls/ ſol-

ches
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[144/0179] Beſchreibung des Fichtelbergs. auch andern Handels-Leuten bewohnet worden/ welche meiſtens nacher Leipzig/ Magdeburg/ Naumburg und dergleichen Han- dels-Staͤdten ihren Vertrieb gehabt. Wie dann dieſer Ort nicht weniger als Wunſidel durch die Zinn-Bergwercke ſein Aufkom- men erlanget. Man findet allenthalben noch Berg-Gruben ſo wohl umb die Stadt/ als weiter gegen die Dorffſchafften hinaus; Eine halbe Stunde von der Stadt iſt ein Ort/ der Seitig genannt/ da die Bergleute vor dieſen in groſſer Anzahl gearbeitet/ auch das Zinn-Ertz ſo ergiebig geweſen/ daß aus jedem Centner deſſelben noch 10. Loth des beſten Silbers hat koͤnnen gelaͤutert werden/ und ſollen ſelbige Bergleute des Sonntags in Seidenen Hembdern zu Kirchen gegangen ſeyn/ woher dann dieſer beruffene Berg-Ort den Nahmen Seitig bekommen. Wie dann auch bey dem Dorff Schoͤnlind ein ſehr reiches Eiſenwerck geweſen/ ſo 1620. noch voͤl- lig getrieben worden/ im dreyßig-jaͤhrigen Krieg aber liegen geblieben; 1670. aber durch zwey Nuͤrmberger wieder eroͤffnet und groſſer Nutzen etliche Jahre lang dadurch erhalten wor- den/ biß der Steiger/ ſo ein beruͤhmbter und ſehr fleißiger Mann geweſen/ durch Sprengung eines Steines unverſehens umb das Leben kommen/ worauf nichts mehr anſchlagen wollen/ ſondern alles Gewonnene wieder verlohren gegangen. Anno 1410. und etliche folgende Jahre haben ſo gar die Wunſidler zu Weiſ- ſenſtadt ihren Zinn-Stein geſchmeltzet/ wie dann das Schmeltz- huͤtten-Recht noch allda anzutreffen. Die Prærogativ und das Al- terthum dieſev Berg-Stadt erhellet unter andern daraus/ daß das Berg-Gericht allda zu halten/ von Gnaͤdigſter Herrſchafft iſt verordnet worden/ da dann alle entſtandene Jrrungen/ ſo in Berg- Sachen in dieſen Landen oberhalb Gebuͤrgs vorgefallen/ allhier haben muͤſſen vertragen werden; von welchem dann der Stadt- Magiſtrat allda in ziemliches Anſehen kommen/ und der Ambts- Burgermeiſter bey jedem Gerichte mit beygeſeſſen/ ohne deſſen Gegenwart die gefaͤllten Spruͤche unguͤltig geachtet worden. Daß aber dieſe Zinn-Bergwercke ſo gar in Abgang gekommen/ ſoll die Urſache ſeyn/ weilen wegen Menge dieſes Metalls/ ſol- ches Wie Weiſ- ſenſtadt in Auffnahm kommen? Ein Ort Seitig. Woher alſo genannt? Reiches viel Silber- haltendes Zinn-Ertz. Auf was Art ein reiches Bergwerck auf einmahl aufgehoͤꝛet? Wunſiedler ſchmeltzen ihren Eiſen- Stein in Weiſſen- ſtadt. Zu Weiſſen- ſtadt war das Berg- Gericht des Burggraf- thums ober- halb Ge- buͤrgs. Ungemeine Wohlfeile des Zinns.

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/179>, abgerufen am 26.04.2024.