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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.

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zugehende Berichtigungen oder Zusätze mit Dank entgegen
nehmen und später zweckdienlich benützen wird.

Erster Abschnitt.
Die Gymnastik von 1776 bis 1809.

Als nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts die
einseitige Geistesbildung in Deutschland ihren Gipfel
erreicht hatte, war es Basedow (oder vielleicht auch einer
der Lehrer an der von ihm zu Dessau begründeten
Philantropine), welcher 1776 die erste Anregung zur
Vornahme gymnastischer Uebungen gab. Von hier ver-
pflanzte letztere Salzmann nach Schnepfenthal, wo sie
1785 durch Gutsmuths weiter entwickelt und durch die
Schrift *) zu einem Gemeingute gemacht wurden. Andere,
insbesondere Vieth **), wirkten für die weitere Verbrei-
tung und so war das Saamenkorn gelegt, welches sich
dereinst zu einem so vielversprechenden Keime ausbilden
sollte. Freilich hatte die auf Entwickelung gesunder
Lebenskräfte des Leibes und des Geistes gerichtete Gym-
nastik mit den Vorurtheilen damaliger Zeit harte Kämpfe
zu bestehen. Sie war auch noch weit entfernt, ein
Gemeingut des Volkes zu werden, oder, wie heut zu
Tage, als wesentliches Erziehungsmittel Geltung und
Anerkennung der Staatsbehörden zu erhalten. Die
Gymnastik blieb vielmehr auf den Kreis verhältnißmäßig
weniger Erziehungsanstalten beschränkt und gewann auch
auf den Hochschulen nur allmählig Eingang. ***) Daß
die Sache auf dieser ihrer ersten Entwickelungsstufe in
Frankfurt Theilnahme gefunden habe, möchte zu bezwei-
feln sein. Wenigstens sind die dieserhalb angestellten
Nachforschungen bis jetzt ohne Resultat geblieben.

*) Gutsmuths Gymnastik. 1792 1. Auflage, 1804 2. Auflage. Guts-
muths Turnbuch 1817.
**) Vieth's Eneyelopädie der Leibesübungen, 2 Thle. 1794 u. 95.
***) 1804 wurde zu Erlangen von Carl Roux eine gymnastische An-
stalt für Hochschüler eröffnet.

zugehende Berichtigungen oder Zuſätze mit Dank entgegen
nehmen und ſpäter zweckdienlich benützen wird.

Erſter Abſchnitt.
Die Gymnaſtik von 1776 bis 1809.

Als nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts die
einſeitige Geiſtesbildung in Deutſchland ihren Gipfel
erreicht hatte, war es Baſedow (oder vielleicht auch einer
der Lehrer an der von ihm zu Deſſau begründeten
Philantropine), welcher 1776 die erſte Anregung zur
Vornahme gymnaſtiſcher Uebungen gab. Von hier ver-
pflanzte letztere Salzmann nach Schnepfenthal, wo ſie
1785 durch Gutsmuths weiter entwickelt und durch die
Schrift *) zu einem Gemeingute gemacht wurden. Andere,
insbeſondere Vieth **), wirkten für die weitere Verbrei-
tung und ſo war das Saamenkorn gelegt, welches ſich
dereinſt zu einem ſo vielverſprechenden Keime ausbilden
ſollte. Freilich hatte die auf Entwickelung geſunder
Lebenskräfte des Leibes und des Geiſtes gerichtete Gym-
naſtik mit den Vorurtheilen damaliger Zeit harte Kämpfe
zu beſtehen. Sie war auch noch weit entfernt, ein
Gemeingut des Volkes zu werden, oder, wie heut zu
Tage, als weſentliches Erziehungsmittel Geltung und
Anerkennung der Staatsbehörden zu erhalten. Die
Gymnaſtik blieb vielmehr auf den Kreis verhältnißmäßig
weniger Erziehungsanſtalten beſchränkt und gewann auch
auf den Hochſchulen nur allmählig Eingang. ***) Daß
die Sache auf dieſer ihrer erſten Entwickelungsſtufe in
Frankfurt Theilnahme gefunden habe, möchte zu bezwei-
feln ſein. Wenigſtens ſind die dieſerhalb angeſtellten
Nachforſchungen bis jetzt ohne Reſultat geblieben.

*) Gutsmuths Gymnaſtik. 1792 1. Auflage, 1804 2. Auflage. Guts-
muths Turnbuch 1817.
**) Vieth’s Eneyelopädie der Leibesübungen, 2 Thle. 1794 u. 95.
***) 1804 wurde zu Erlangen von Carl Roux eine gymnaſtiſche An-
ſtalt für Hochſchüler eröffnet.
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[20/0024] zugehende Berichtigungen oder Zuſätze mit Dank entgegen nehmen und ſpäter zweckdienlich benützen wird. Erſter Abſchnitt. Die Gymnaſtik von 1776 bis 1809. Als nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts die einſeitige Geiſtesbildung in Deutſchland ihren Gipfel erreicht hatte, war es Baſedow (oder vielleicht auch einer der Lehrer an der von ihm zu Deſſau begründeten Philantropine), welcher 1776 die erſte Anregung zur Vornahme gymnaſtiſcher Uebungen gab. Von hier ver- pflanzte letztere Salzmann nach Schnepfenthal, wo ſie 1785 durch Gutsmuths weiter entwickelt und durch die Schrift *) zu einem Gemeingute gemacht wurden. Andere, insbeſondere Vieth **), wirkten für die weitere Verbrei- tung und ſo war das Saamenkorn gelegt, welches ſich dereinſt zu einem ſo vielverſprechenden Keime ausbilden ſollte. Freilich hatte die auf Entwickelung geſunder Lebenskräfte des Leibes und des Geiſtes gerichtete Gym- naſtik mit den Vorurtheilen damaliger Zeit harte Kämpfe zu beſtehen. Sie war auch noch weit entfernt, ein Gemeingut des Volkes zu werden, oder, wie heut zu Tage, als weſentliches Erziehungsmittel Geltung und Anerkennung der Staatsbehörden zu erhalten. Die Gymnaſtik blieb vielmehr auf den Kreis verhältnißmäßig weniger Erziehungsanſtalten beſchränkt und gewann auch auf den Hochſchulen nur allmählig Eingang. ***) Daß die Sache auf dieſer ihrer erſten Entwickelungsſtufe in Frankfurt Theilnahme gefunden habe, möchte zu bezwei- feln ſein. Wenigſtens ſind die dieſerhalb angeſtellten Nachforſchungen bis jetzt ohne Reſultat geblieben. *) Gutsmuths Gymnaſtik. 1792 1. Auflage, 1804 2. Auflage. Guts- muths Turnbuch 1817. **) Vieth’s Eneyelopädie der Leibesübungen, 2 Thle. 1794 u. 95. ***) 1804 wurde zu Erlangen von Carl Roux eine gymnaſtiſche An- ſtalt für Hochſchüler eröffnet.

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst02_1844/24>, abgerufen am 26.04.2024.