30° R. sogleich in die heissen Dampfbäder von 102° R. gingen, so daß Beefsteck neben ihnen bereitet wurde. Wirkte hier die Hitze unmittelbar auf den menschlichen Körper, so würde sie unmöglich zu ertragen sein; die Hitze aber veran- laßt eine stärkere Ausdünstung, die der Körper gleich einer Atmosphäre schützend umhüllt, und verhindert daß die thierische Wärme verändert wird, wenigstens nicht merklich, dann das Blut nimmt kaum 11/2° an Wärme zu; ähnliche Ver- suche mit Hunden angestellt haben dasselbe Resultat gegeben. Die Flexibilität der menschlichen Organisation gestattet daher, daß der Erdkörper unter den verschiedensten Einwirkungen der Temperatur bewohnbar ist. Auch in Taucherglocken hält der Mensch oft 60" Luftdruck aus, ohne ihn schädlich zu sein. - Der Mensch kann daher bei 40° unter dem Gefrierpunkt, als auch bei einer künstliche Hitze von 105° R. leben, also einen Unterschied der Temperatur von 145° ertragen. Unter den Völkern die an den Extremen der Baffinsbai wohnen, wo im Winter das Thermometer gewöhnlich bis auf 35° R. herabsinkt, sind besonders die Eskimos die fröhlich- sten Menschen und ihre Heiterkeit kann nur aus der Herrschaft der Geisteskräfte hervorgehen.
Zu den Gegenständen, die mit einer besondern, selbst ge- [häs]sigen Lebendigkeit betrieben sind, gehört auch die Unter-
−30° R. ſogleich in die heiſſen Dampfbäder von 102° R. gingen, ſo daß Beefſteck neben ihnen bereitet wurde. Wirkte hier die Hitze unmittelbar auf den menſchlichen Körper, ſo würde ſie unmöglich zu ertragen ſein; die Hitze aber veran- laßt eine ſtärkere Ausdünſtung, die der Körper gleich einer Atmosphäre ſchützend umhüllt, und verhindert daß die thieriſche Wärme verändert wird, wenigſtens nicht merklich, dann das Blut nimmt kaum 1½° an Wärme zu; ähnliche Ver- ſuche mit Hunden angeſtellt haben daſſelbe Resultat gegeben. Die Flexibilität der menſchlichen Organiſation geſtattet daher, daß der Erdkörper unter den verſchiedenſten Einwirkungen der Temperatur bewohnbar iſt. Auch in Taucherglocken hält der Menſch oft 60″ Luftdruck aus, ohne ihn ſchädlich zu ſein. – Der Menſch kann daher bei 40° unter dem Gefrierpunkt, als auch bei einer künſtliche Hitze von 105° R. leben, alſo einen Unterſchied der Temperatur von 145° ertragen. Unter den Völkern die an den Extremen der Baffinsbai wohnen, wo im Winter das Thermometer gewöhnlich bis auf 35° R. herabſinkt, ſind beſonders die Eskimòs die fröhlich- ſten Menſchen und ihre Heiterkeit kann nur aus der Herrſchaft der Geiſteskräfte hervorgehen.
Zu den Gegenſtänden, die mit einer beſondern, ſelbſt ge- [häſ]ſigen Lebendigkeit betrieben ſind, gehört auch die Unter-
<TEI><text><body><divtype="session"n="59"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0569"n="563."/>−30° R. ſogleich in die heiſſen Dampfbäder von 102° R. gingen,<lb/>ſo daß Beefſteck neben ihnen bereitet wurde. Wirkte<lb/>
hier die Hitze unmittelbar auf den menſchlichen Körper, ſo<lb/>
würde ſie unmöglich zu ertragen ſein; die Hitze aber veran-<lb/>
laßt eine ſtärkere Ausdünſtung, die der Körper gleich einer<lb/>
Atmosphäre ſchützend umhüllt, und verhindert daß die thieriſche<lb/>
Wärme verändert wird, wenigſtens nicht merklich, dann das<lb/>
Blut nimmt kaum 1½° an Wärme zu; ähnliche Ver-<lb/>ſuche mit Hunden angeſtellt haben daſſelbe Resultat gegeben.<lb/>
Die Flexibilität der menſchlichen Organiſation geſtattet<lb/>
daher, daß der Erdkörper unter den verſchiedenſten Einwirkungen<lb/>
der Temperatur bewohnbar iſt. Auch in Taucherglocken hält<lb/>
der Menſch oft 60″ Luftdruck aus, ohne ihn ſchädlich zu<lb/>ſein. – Der Menſch kann daher bei 40° unter dem<lb/>
Gefrierpunkt, als auch bei einer künſtliche Hitze von 105° R.<lb/>
leben, alſo einen Unterſchied der <choice><abbr>T.</abbr><expanresp="#BF">Temperatur</expan></choice> von 145° ertragen.<lb/>
Unter den Völkern die an den Extremen der Baffinsbai<lb/>
wohnen, wo im Winter das Thermometer gewöhnlich bis auf<lb/>
35° R. herabſinkt, ſind beſonders die Eskimòs die fröhlich-<lb/>ſten Menſchen und ihre Heiterkeit kann nur aus der<lb/>
Herrſchaft der Geiſteskräfte hervorgehen.</p></div></div></div></div><lb/><divtype="session"n="60"><head><suppliedresp="#BF">60. Vorlesung, <reftarget="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/gliederung"><datewhen="1828-04-24">24. April 1828</date></ref></supplied></head><lb/><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p>Zu den Gegenſtänden, die mit einer beſondern, ſelbſt ge-<lb/><suppliedreason="damage"resp="#BF">häſ</supplied>ſigen Lebendigkeit betrieben ſind, gehört auch die Unter-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[563./0569]
−30° R. ſogleich in die heiſſen Dampfbäder von 102° R. gingen,
ſo daß Beefſteck neben ihnen bereitet wurde. Wirkte
hier die Hitze unmittelbar auf den menſchlichen Körper, ſo
würde ſie unmöglich zu ertragen ſein; die Hitze aber veran-
laßt eine ſtärkere Ausdünſtung, die der Körper gleich einer
Atmosphäre ſchützend umhüllt, und verhindert daß die thieriſche
Wärme verändert wird, wenigſtens nicht merklich, dann das
Blut nimmt kaum 1½° an Wärme zu; ähnliche Ver-
ſuche mit Hunden angeſtellt haben daſſelbe Resultat gegeben.
Die Flexibilität der menſchlichen Organiſation geſtattet
daher, daß der Erdkörper unter den verſchiedenſten Einwirkungen
der Temperatur bewohnbar iſt. Auch in Taucherglocken hält
der Menſch oft 60″ Luftdruck aus, ohne ihn ſchädlich zu
ſein. – Der Menſch kann daher bei 40° unter dem
Gefrierpunkt, als auch bei einer künſtliche Hitze von 105° R.
leben, alſo einen Unterſchied der T. von 145° ertragen.
Unter den Völkern die an den Extremen der Baffinsbai
wohnen, wo im Winter das Thermometer gewöhnlich bis auf
35° R. herabſinkt, ſind beſonders die Eskimòs die fröhlich-
ſten Menſchen und ihre Heiterkeit kann nur aus der
Herrſchaft der Geiſteskräfte hervorgehen.
60. Vorlesung, 24. April 1828
Zu den Gegenſtänden, die mit einer beſondern, ſelbſt ge-
häſſigen Lebendigkeit betrieben ſind, gehört auch die Unter-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 563.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/569>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.