durch Nachhülfe der den Berufsfertigkeiten nachgesetzten Geistesübungen, herstelle, und deshalb den Lehrling, dessen Beruf in der Ideenwelt ist, doch auch zugleich in der materiellen Welt, und dagegen den, dessen Be- ruf in der materiellen Welt ist, doch auch zugleich in der Ideenwelt üben und ausbilden müsse, damit die verhaßte Einseitigkeit von allen Seiten abgehalten und dagegen die beliebte Allseitigkeit von allen Seiten er- zielt werde!
Das Wahre ist, daß beide Behauptungen zugleich falsch sind; sowohl: daß der Erziehungsunterricht die Aufgabe habe, die Lehrlinge zu ihrem künftigen Berufe vorzubereiten; als auch: daß er auf eine bloße Gradverschiedenheit zurückgeführt werden könne. Beides ist in folgenden zwei allgemei- nen Betrachtungen näher zu erörtern.
2.
Abgesehen von aller Rücksicht auf die Verschieden- heit künftiger Berufsbestimmungen der Lehrlinge, erfor- dert schon die Artverschiedenheit der Indivi- duen an und für sich auch eine Artverschieden- heit des Erziehungsunterrichts, und es muß vielmehr die umgekehrte Ansicht als die wahre geltend gemacht werden: daß die Artverschiedenheit der Individuen, als deren innerer Beruf, die Art des Erziehungsunterrichts, als die zweckmäßige Ausbildung ihrer Anlagen, und dadurch mittelbar auch die Art ihres äußeren
Anwendung der allgemeinen Grundſaͤtze ꝛc.
durch Nachhuͤlfe der den Berufsfertigkeiten nachgeſetzten Geiſtesuͤbungen, herſtelle, und deshalb den Lehrling, deſſen Beruf in der Ideenwelt iſt, doch auch zugleich in der materiellen Welt, und dagegen den, deſſen Be- ruf in der materiellen Welt iſt, doch auch zugleich in der Ideenwelt uͤben und ausbilden muͤſſe, damit die verhaßte Einſeitigkeit von allen Seiten abgehalten und dagegen die beliebte Allſeitigkeit von allen Seiten er- zielt werde!
Das Wahre iſt, daß beide Behauptungen zugleich falſch ſind; ſowohl: daß der Erziehungsunterricht die Aufgabe habe, die Lehrlinge zu ihrem kuͤnftigen Berufe vorzubereiten; als auch: daß er auf eine bloße Gradverſchiedenheit zuruͤckgefuͤhrt werden koͤnne. Beides iſt in folgenden zwei allgemei- nen Betrachtungen naͤher zu eroͤrtern.
2.
Abgeſehen von aller Ruͤckſicht auf die Verſchieden- heit kuͤnftiger Berufsbeſtimmungen der Lehrlinge, erfor- dert ſchon die Artverſchiedenheit der Indivi- duen an und fuͤr ſich auch eine Artverſchieden- heit des Erziehungsunterrichts, und es muß vielmehr die umgekehrte Anſicht als die wahre geltend gemacht werden: daß die Artverſchiedenheit der Individuen, als deren innerer Beruf, die Art des Erziehungsunterrichts, als die zweckmaͤßige Ausbildung ihrer Anlagen, und dadurch mittelbar auch die Art ihres aͤußeren
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[319/0331]
Anwendung der allgemeinen Grundſaͤtze ꝛc.
durch Nachhuͤlfe der den Berufsfertigkeiten nachgeſetzten
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deſſen Beruf in der Ideenwelt iſt, doch auch zugleich
in der materiellen Welt, und dagegen den, deſſen Be-
ruf in der materiellen Welt iſt, doch auch zugleich in
der Ideenwelt uͤben und ausbilden muͤſſe, damit die
verhaßte Einſeitigkeit von allen Seiten abgehalten und
dagegen die beliebte Allſeitigkeit von allen Seiten er-
zielt werde!
Das Wahre iſt, daß beide Behauptungen zugleich
falſch ſind; ſowohl: daß der Erziehungsunterricht die
Aufgabe habe, die Lehrlinge zu ihrem kuͤnftigen
Berufe vorzubereiten; als auch: daß er auf
eine bloße Gradverſchiedenheit zuruͤckgefuͤhrt
werden koͤnne. Beides iſt in folgenden zwei allgemei-
nen Betrachtungen naͤher zu eroͤrtern.
2.
Abgeſehen von aller Ruͤckſicht auf die Verſchieden-
heit kuͤnftiger Berufsbeſtimmungen der Lehrlinge, erfor-
dert ſchon die Artverſchiedenheit der Indivi-
duen an und fuͤr ſich auch eine Artverſchieden-
heit des Erziehungsunterrichts, und es muß
vielmehr die umgekehrte Anſicht als die wahre geltend
gemacht werden: daß die Artverſchiedenheit
der Individuen, als deren innerer Beruf,
die Art des Erziehungsunterrichts, als die
zweckmaͤßige Ausbildung ihrer Anlagen, und
dadurch mittelbar auch die Art ihres aͤußeren
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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/331>, abgerufen am 03.03.2025.
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