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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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dabey täglich ein Kapitel aus Beza lateinischer Ue-
bersetzung des Neuen Testaments exponiren mußten,
und von einem besondern Lehrmeister in den fünf
Specien der Rechenkunst unterrichtet wurden, weil,
wie leicht zu erachten, ein so gelehrter Mann, wie
Meester Puistma, sich mit so gemeinen Dingen
nicht abgeben konnte.

Sebaldus aber brauchte bey seinem Zöglinge, eine
etwas veränderte Lehrart. Er lehrte ihn nebst dem Ka-
techismus, der lateinischen Sprache und dem Schön-
schreiben, noch die Geschichte, Erdbeschreibung und
die hochdeutsche Sprache. Diese Lehrart gefiel den
Eltern, obgleich der gelehrte Puistma über diese
unnütze Dinge seine Verachtung bezeugte. Als aber
Sebaldus sich freywillig erbot, beide Knaben das
Rechnen und die Musik zu lehren, fieng Meester
Puistma darüber Feuer, lief zu dem reformirten
Domene Dwanghuysen, und klagte, daß man den
ältesten Knaben lutherisch zu machen suchte, weil ihm
der lutherische Jnformator Stunden geben sollte.
Domine Dwanghuysen war mit dieser Neuerung
freylich nicht recht zufrieden, weil aber der Kauf-
mann gedeputeerde Ouderling, oder Kirchenvorsteher
war, so wollte er ihn in etwas schonen, und sprach
noch vorjetzt den eifrigen Puistma zufrieden.

Noch



dabey taͤglich ein Kapitel aus Beza lateiniſcher Ue-
berſetzung des Neuen Teſtaments exponiren mußten,
und von einem beſondern Lehrmeiſter in den fuͤnf
Specien der Rechenkunſt unterrichtet wurden, weil,
wie leicht zu erachten, ein ſo gelehrter Mann, wie
Meeſter Puiſtma, ſich mit ſo gemeinen Dingen
nicht abgeben konnte.

Sebaldus aber brauchte bey ſeinem Zoͤglinge, eine
etwas veraͤnderte Lehrart. Er lehrte ihn nebſt dem Ka-
techiſmus, der lateiniſchen Sprache und dem Schoͤn-
ſchreiben, noch die Geſchichte, Erdbeſchreibung und
die hochdeutſche Sprache. Dieſe Lehrart gefiel den
Eltern, obgleich der gelehrte Puiſtma uͤber dieſe
unnuͤtze Dinge ſeine Verachtung bezeugte. Als aber
Sebaldus ſich freywillig erbot, beide Knaben das
Rechnen und die Muſik zu lehren, fieng Meeſter
Puiſtma daruͤber Feuer, lief zu dem reformirten
Domene Dwanghuyſen, und klagte, daß man den
aͤlteſten Knaben lutheriſch zu machen ſuchte, weil ihm
der lutheriſche Jnformator Stunden geben ſollte.
Domine Dwanghuyſen war mit dieſer Neuerung
freylich nicht recht zufrieden, weil aber der Kauf-
mann gedeputeerde Ouderling, oder Kirchenvorſteher
war, ſo wollte er ihn in etwas ſchonen, und ſprach
noch vorjetzt den eifrigen Puiſtma zufrieden.

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[20[19]/0028] dabey taͤglich ein Kapitel aus Beza lateiniſcher Ue- berſetzung des Neuen Teſtaments exponiren mußten, und von einem beſondern Lehrmeiſter in den fuͤnf Specien der Rechenkunſt unterrichtet wurden, weil, wie leicht zu erachten, ein ſo gelehrter Mann, wie Meeſter Puiſtma, ſich mit ſo gemeinen Dingen nicht abgeben konnte. Sebaldus aber brauchte bey ſeinem Zoͤglinge, eine etwas veraͤnderte Lehrart. Er lehrte ihn nebſt dem Ka- techiſmus, der lateiniſchen Sprache und dem Schoͤn- ſchreiben, noch die Geſchichte, Erdbeſchreibung und die hochdeutſche Sprache. Dieſe Lehrart gefiel den Eltern, obgleich der gelehrte Puiſtma uͤber dieſe unnuͤtze Dinge ſeine Verachtung bezeugte. Als aber Sebaldus ſich freywillig erbot, beide Knaben das Rechnen und die Muſik zu lehren, fieng Meeſter Puiſtma daruͤber Feuer, lief zu dem reformirten Domene Dwanghuyſen, und klagte, daß man den aͤlteſten Knaben lutheriſch zu machen ſuchte, weil ihm der lutheriſche Jnformator Stunden geben ſollte. Domine Dwanghuyſen war mit dieſer Neuerung freylich nicht recht zufrieden, weil aber der Kauf- mann gedeputeerde Ouderling, oder Kirchenvorſteher war, ſo wollte er ihn in etwas ſchonen, und ſprach noch vorjetzt den eifrigen Puiſtma zufrieden. Noch

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 20[19]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/28>, abgerufen am 26.04.2024.