Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.Zweyter Abschnitt. Die Frau von Ehrenkolb, nebst ihrer Fräulein spre-
Zweyter Abſchnitt. Die Frau von Ehrenkolb, nebſt ihrer Fraͤulein ſpre-
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Zweyter Abſchnitt.
Die Frau von Ehrenkolb, nebſt ihrer Fraͤulein
Tochter, begaben ſich, auf geſchehene Einla-
dung, nach dem Gute der Frau von Hohenauf.
Die Fraͤnlein hatte in der Bluͤthe ihrer Jahre, (denn
ſie war noch nicht voͤllig achtzehn Jahre alt) eine
ſehr gluͤckliche Erziehung genoſſen, unter der Aufſicht
einer Franzoͤſinn, die in Frankreich eine Troͤdelkraͤ-
merinn geweſen, in Deutſchland aber, mit dem Reſte
ihrer Bude ausgeſchmuͤckt, ſich zur Comteſſe erhob,
und, nachdem ſie verſchiedene Deutſche Hoͤfe beſucht,
und auf maſkirten Baͤllen und auf Luſtſchloͤſſern, mit
Herzogen und Reichsfuͤrſten, gegeſſen und geſpielt
hatte, ſich endlich, des Hoflebens ſatt, aus ange-
borner Gutherzigkeit, bereden ließ, ein Deutſches
Landfraͤulein zur Dame umzuſchaffen, und es auf den
guten Ton zu ſtimmen, den ſie ſelbſt in Paris, ob-
gleich freilich nur aus der dritten oder vierten Hand,
gelernt hatte. Das Fraͤulein machte einem ſo treffli-
chen Unterrichte wirklich Ehre, indem ſie alles, was
ihr die Franzoͤſinn anpties, noch zu uͤbertreiben ſuch-
te. Sie konnte, mit gelaͤufiger Zunge, jedermann
Rede angewinnen, alles verachten, ſich zu allem draͤn-
gen, ſich nichts uͤbel nehmen, dreyerley auf einmal
ſpre-
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