Uebergang ist. Jch habe schon hinglängliche Ursachen gefun- den, mich über alle solche Betrachtungen hinauszusetzen, und das um so viel mehr, da sie itzt doch ganz überflüssig und unzeitig sind.
Vier und dreißigste Unterredung, den 25sten April.
Die Wollust, sagte der Graf ist die Quelle alles meines Unglücks. Der Ehrgeiz hat es nur beschleunigt und früher zur Reife gebracht. Jch habe Jhnen zwar einmahl gesagt, daß ich gleich von meiner Ankunft in Dännemark an entschlossen gewesen bin, den Umständen nach eine große Rolle zu spielen, wobey ich eben nicht mein Absehen auf die Würde und Macht gerichtet habe, wozu ich gelangt bin, sondern auch allenfalls zufrieden gewesen seyn würde, in mei- ner Wissenschaft mich hervorzuthun. Eigentlich ist es aber doch nicht der Ehrgeiz gewesen, der mich so sehr wünschen machte hierher zu kommen. Sie werden dieß aus folgender Erzählung sehen. Jch hatte mich damals entschlossen, Alto- na zu verlassen und mein Amt daselbst niederzulegen. Nun war ich Willens entweder nach Mallaga zu gehen, und mich da als Medicus niederzulassen, oder nach Ostindien zu reisen. Zu jener Absicht hatte ich folgende Ursachen. Jch war damals kränklich, und glaubte ein milderes Klima wür- de meiner Gesundheit zuträglicher seyn. Auch kam dabey der Gedanke, daß in einer wärmern Gegend die Freuden der Wollust stärker und reizender seyn würden, sehr mit in Betrachtung. Die vielen meine Jmagination rührenden Dinge, die ich von Ostindien in Reisebeschreibungen gele- sen hatte, und die Begierde mir daselbst Geld zu machen, bestimmten mich, vereinigt mit jenen Ursachen, noch mehr für Ostindien als für Mallaga. Nun eröffnete sich die Aus- sicht nach Dännemark. Jch wählte das Glück, das sie mir darbot. Und warum? Jch schäme mich es zu sagen. Es war eine wollüstige Bekanntschaft, die mich hierher zog.
Wie
Uebergang iſt. Jch habe ſchon hinglaͤngliche Urſachen gefun- den, mich uͤber alle ſolche Betrachtungen hinauszuſetzen, und das um ſo viel mehr, da ſie itzt doch ganz uͤberfluͤſſig und unzeitig ſind.
Vier und dreißigſte Unterredung, den 25ſten April.
Die Wolluſt, ſagte der Graf iſt die Quelle alles meines Ungluͤcks. Der Ehrgeiz hat es nur beſchleunigt und fruͤher zur Reife gebracht. Jch habe Jhnen zwar einmahl geſagt, daß ich gleich von meiner Ankunft in Daͤnnemark an entſchloſſen geweſen bin, den Umſtaͤnden nach eine große Rolle zu ſpielen, wobey ich eben nicht mein Abſehen auf die Wuͤrde und Macht gerichtet habe, wozu ich gelangt bin, ſondern auch allenfalls zufrieden geweſen ſeyn wuͤrde, in mei- ner Wiſſenſchaft mich hervorzuthun. Eigentlich iſt es aber doch nicht der Ehrgeiz geweſen, der mich ſo ſehr wuͤnſchen machte hierher zu kommen. Sie werden dieß aus folgender Erzaͤhlung ſehen. Jch hatte mich damals entſchloſſen, Alto- na zu verlaſſen und mein Amt daſelbſt niederzulegen. Nun war ich Willens entweder nach Mallaga zu gehen, und mich da als Medicus niederzulaſſen, oder nach Oſtindien zu reiſen. Zu jener Abſicht hatte ich folgende Urſachen. Jch war damals kraͤnklich, und glaubte ein milderes Klima wuͤr- de meiner Geſundheit zutraͤglicher ſeyn. Auch kam dabey der Gedanke, daß in einer waͤrmern Gegend die Freuden der Wolluſt ſtaͤrker und reizender ſeyn wuͤrden, ſehr mit in Betrachtung. Die vielen meine Jmagination ruͤhrenden Dinge, die ich von Oſtindien in Reiſebeſchreibungen gele- ſen hatte, und die Begierde mir daſelbſt Geld zu machen, beſtimmten mich, vereinigt mit jenen Urſachen, noch mehr fuͤr Oſtindien als fuͤr Mallaga. Nun eroͤffnete ſich die Aus- ſicht nach Daͤnnemark. Jch waͤhlte das Gluͤck, das ſie mir darbot. Und warum? Jch ſchaͤme mich es zu ſagen. Es war eine wolluͤſtige Bekanntſchaft, die mich hierher zog.
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Uebergang iſt. Jch habe ſchon hinglaͤngliche Urſachen gefun-
den, mich uͤber alle ſolche Betrachtungen hinauszuſetzen,
und das um ſo viel mehr, da ſie itzt doch ganz uͤberfluͤſſig
und unzeitig ſind.
Vier und dreißigſte Unterredung, den
25ſten April.
Die Wolluſt, ſagte der Graf iſt die Quelle alles meines
Ungluͤcks. Der Ehrgeiz hat es nur beſchleunigt und
fruͤher zur Reife gebracht. Jch habe Jhnen zwar einmahl
geſagt, daß ich gleich von meiner Ankunft in Daͤnnemark
an entſchloſſen geweſen bin, den Umſtaͤnden nach eine große
Rolle zu ſpielen, wobey ich eben nicht mein Abſehen auf die
Wuͤrde und Macht gerichtet habe, wozu ich gelangt bin,
ſondern auch allenfalls zufrieden geweſen ſeyn wuͤrde, in mei-
ner Wiſſenſchaft mich hervorzuthun. Eigentlich iſt es aber
doch nicht der Ehrgeiz geweſen, der mich ſo ſehr wuͤnſchen
machte hierher zu kommen. Sie werden dieß aus folgender
Erzaͤhlung ſehen. Jch hatte mich damals entſchloſſen, Alto-
na zu verlaſſen und mein Amt daſelbſt niederzulegen. Nun
war ich Willens entweder nach Mallaga zu gehen, und
mich da als Medicus niederzulaſſen, oder nach Oſtindien
zu reiſen. Zu jener Abſicht hatte ich folgende Urſachen. Jch
war damals kraͤnklich, und glaubte ein milderes Klima wuͤr-
de meiner Geſundheit zutraͤglicher ſeyn. Auch kam dabey
der Gedanke, daß in einer waͤrmern Gegend die Freuden
der Wolluſt ſtaͤrker und reizender ſeyn wuͤrden, ſehr mit in
Betrachtung. Die vielen meine Jmagination ruͤhrenden
Dinge, die ich von Oſtindien in Reiſebeſchreibungen gele-
ſen hatte, und die Begierde mir daſelbſt Geld zu machen,
beſtimmten mich, vereinigt mit jenen Urſachen, noch mehr
fuͤr Oſtindien als fuͤr Mallaga. Nun eroͤffnete ſich die Aus-
ſicht nach Daͤnnemark. Jch waͤhlte das Gluͤck, das ſie mir
darbot. Und warum? Jch ſchaͤme mich es zu ſagen. Es
war eine wolluͤſtige Bekanntſchaft, die mich hierher zog.
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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/263>, abgerufen am 03.03.2025.
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