Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

rischen Charakter gehalten wird, die Idee des
über Fürsten und Völker waltenden ewigen Rech-
tes zu folgern. Friedrich wurde hier beigebracht
als Repräsentant, als deutlichster, vollständig-
ster und auch größter Repräsentant, jener trauri-
gen Geschiedenheit und Mischung von Privat-
und öffentlichem Leben, aus der sich der allge-
meine Egoismus, und die allgemeine Noth, also
auch die Auflösung des Staatenscheins, mit dem
sich noch jetzt unsre ihm ganz widersprechenden
Herzen schmeicheln, entwickeln muß. --

Das, was aus Friedrich nur kräftiger sprach
und concentrirter agirte, weil sein Genius ge-
waltiger war, als der Genius der meisten vor-
angegangenen, ähnlich Gesinnten, ist -- nur zer-
streuter, einzelner und verkleideter, aber um nichts
weniger sichtbar -- bereits in den beiden vor-
angegangenen Jahrhunderten zu finden. Sie
kennen es; ich habe hinlänglich beschrieben, wie es
sich in den großen Weltbegebenheiten, in den
einzelnen rechtlichen und National-Verhältnissen,
und so auch in jedem einzelnen Individuum, aus-
drückt. Also werden Sie Sich durch die Erinne-
rung an die Weltumstände, denen Friedrich unter-
worfen war, wie wir Alle es sind, und durch
die Erinnerung an unzählige einzelne schöne Züge,
in denen sich seine unsterbliche Natur offenbarte,

riſchen Charakter gehalten wird, die Idee des
uͤber Fuͤrſten und Voͤlker waltenden ewigen Rech-
tes zu folgern. Friedrich wurde hier beigebracht
als Repraͤſentant, als deutlichſter, vollſtaͤndig-
ſter und auch groͤßter Repraͤſentant, jener trauri-
gen Geſchiedenheit und Miſchung von Privat-
und oͤffentlichem Leben, aus der ſich der allge-
meine Egoismus, und die allgemeine Noth, alſo
auch die Aufloͤſung des Staatenſcheins, mit dem
ſich noch jetzt unſre ihm ganz widerſprechenden
Herzen ſchmeicheln, entwickeln muß. —

Das, was aus Friedrich nur kraͤftiger ſprach
und concentrirter agirte, weil ſein Genius ge-
waltiger war, als der Genius der meiſten vor-
angegangenen, aͤhnlich Geſinnten, iſt — nur zer-
ſtreuter, einzelner und verkleideter, aber um nichts
weniger ſichtbar — bereits in den beiden vor-
angegangenen Jahrhunderten zu finden. Sie
kennen es; ich habe hinlaͤnglich beſchrieben, wie es
ſich in den großen Weltbegebenheiten, in den
einzelnen rechtlichen und National-Verhaͤltniſſen,
und ſo auch in jedem einzelnen Individuum, aus-
druͤckt. Alſo werden Sie Sich durch die Erinne-
rung an die Weltumſtaͤnde, denen Friedrich unter-
worfen war, wie wir Alle es ſind, und durch
die Erinnerung an unzaͤhlige einzelne ſchoͤne Zuͤge,
in denen ſich ſeine unſterbliche Natur offenbarte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0183" n="175"/>
ri&#x017F;chen Charakter gehalten wird, die Idee des<lb/>
u&#x0364;ber Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Vo&#x0364;lker waltenden ewigen Rech-<lb/>
tes zu folgern. Friedrich wurde hier beigebracht<lb/>
als Repra&#x0364;&#x017F;entant, als deutlich&#x017F;ter, voll&#x017F;ta&#x0364;ndig-<lb/>
&#x017F;ter und auch gro&#x0364;ßter Repra&#x0364;&#x017F;entant, jener trauri-<lb/>
gen Ge&#x017F;chiedenheit und Mi&#x017F;chung von Privat-<lb/>
und o&#x0364;ffentlichem Leben, aus der &#x017F;ich der allge-<lb/>
meine Egoismus, und die allgemeine Noth, al&#x017F;o<lb/>
auch die Auflo&#x0364;&#x017F;ung des Staaten&#x017F;cheins, mit dem<lb/>
&#x017F;ich noch jetzt un&#x017F;re ihm ganz wider&#x017F;prechenden<lb/>
Herzen &#x017F;chmeicheln, entwickeln muß. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Das, was aus Friedrich nur kra&#x0364;ftiger &#x017F;prach<lb/>
und concentrirter agirte, weil &#x017F;ein Genius ge-<lb/>
waltiger war, als der Genius der mei&#x017F;ten vor-<lb/>
angegangenen, a&#x0364;hnlich Ge&#x017F;innten, i&#x017F;t &#x2014; nur zer-<lb/>
&#x017F;treuter, einzelner und verkleideter, aber um nichts<lb/>
weniger &#x017F;ichtbar &#x2014; bereits in den beiden vor-<lb/>
angegangenen Jahrhunderten zu finden. <hi rendition="#g">Sie</hi><lb/>
kennen es; ich habe hinla&#x0364;nglich be&#x017F;chrieben, wie es<lb/>
&#x017F;ich in den großen Weltbegebenheiten, in den<lb/>
einzelnen rechtlichen und National-Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und &#x017F;o auch in jedem einzelnen Individuum, aus-<lb/>
dru&#x0364;ckt. Al&#x017F;o werden Sie Sich durch die Erinne-<lb/>
rung an die Weltum&#x017F;ta&#x0364;nde, denen Friedrich unter-<lb/>
worfen war, wie wir Alle es &#x017F;ind, und durch<lb/>
die Erinnerung an unza&#x0364;hlige einzelne &#x017F;cho&#x0364;ne Zu&#x0364;ge,<lb/>
in denen &#x017F;ich &#x017F;eine un&#x017F;terbliche Natur offenbarte,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0183] riſchen Charakter gehalten wird, die Idee des uͤber Fuͤrſten und Voͤlker waltenden ewigen Rech- tes zu folgern. Friedrich wurde hier beigebracht als Repraͤſentant, als deutlichſter, vollſtaͤndig- ſter und auch groͤßter Repraͤſentant, jener trauri- gen Geſchiedenheit und Miſchung von Privat- und oͤffentlichem Leben, aus der ſich der allge- meine Egoismus, und die allgemeine Noth, alſo auch die Aufloͤſung des Staatenſcheins, mit dem ſich noch jetzt unſre ihm ganz widerſprechenden Herzen ſchmeicheln, entwickeln muß. — Das, was aus Friedrich nur kraͤftiger ſprach und concentrirter agirte, weil ſein Genius ge- waltiger war, als der Genius der meiſten vor- angegangenen, aͤhnlich Geſinnten, iſt — nur zer- ſtreuter, einzelner und verkleideter, aber um nichts weniger ſichtbar — bereits in den beiden vor- angegangenen Jahrhunderten zu finden. Sie kennen es; ich habe hinlaͤnglich beſchrieben, wie es ſich in den großen Weltbegebenheiten, in den einzelnen rechtlichen und National-Verhaͤltniſſen, und ſo auch in jedem einzelnen Individuum, aus- druͤckt. Alſo werden Sie Sich durch die Erinne- rung an die Weltumſtaͤnde, denen Friedrich unter- worfen war, wie wir Alle es ſind, und durch die Erinnerung an unzaͤhlige einzelne ſchoͤne Zuͤge, in denen ſich ſeine unſterbliche Natur offenbarte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/183
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/183>, abgerufen am 26.04.2024.