Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

heißt 1. Es hängt dieser Fortschritt noch ganz wohl
mit dem altarkadischer Naturreligion angehörenden
Grundbegriff zusammen; man kann sagen, daß er sei-
nen Schluß findet in der Steigerung zum allgemeinen
Begriff der Soteira, der aber eben so consequent aus
dem Idealismus der Dorischen Religion abgeleitet wer-
den kann: so daß sich beide Ideenreihen hier in einer
Spitze berühren.

5.

Wir blicken wieder auf das mythische Sym-
bol der Artemis Kallisto, auf die Bärin, um den
Attischen Dienst daran zu knüpfen. Denn in diesem
hießen ja die jungen Mädchen zwischen 5 und 10 Jah-
ren, welche der Munychischen und Brauronischen Ar-
temis geweihet wurden, Bärinnen 3, und die Göt-
tin selbst tritt in wunderlichen Sagen als eine Men-
schenblut fordernde Bärin auf 4. Die Brauronische
2)

1 Diod. 5, 73. vgl. Wessel. Paus. 4, 34. Hymn. Orph.
36, 8. vgl. Spanh. zu Kall. Art. 6. -- Diese Namen lassen sich
indeß auch aus der Religion des Ap. ableiten. Oben S. 336.
3 S. Eurip. Hypsipyle und Ari-
stoph. Lemnierinnen bei Hrpokr. arkteusai. Vgl. Orchomenos p.
309. wo zuzufügen, daß sowohl das Brauronische Dionysosfest
(Aristoph. Frieden 870.) als das der Artemis pentaeterisch, und
vermuthlich beide verbunden waren. Die alten Culte der Kolänis
zu Myrrhinus, u. Amarysia bei den Athmoneern waren wohl ähn-
licher Natur, sicher nicht Dorisch.
4 Vgl. noch Apostol. 8,
19. -- Sonst am 16. Munychion mit amphiphontes, Kuchen mit
Lichtern umher, versöhnt, Apolld. Frgm. p. 402 H. Pollux 6,
11, 75 als Phosphoros, deren Dienst mit Unrecht erst vom Zug
des Thrasybul abgeleitet wird. Klem. Al. Str. 1. p. 348. -- Es
ist nicht ganz klar, wie die Munychia Art. sich zur ebenda verehr-
ten Art. Pheräa, auch Hekate genannt, verhält. S. Paus. 2,
23, 5. vgl. 10, 6. Orph. Argon. 938. Schol. Theokr. 2, 36.
wo Hekate Tochter der Pheräa. Mounukhie limenoskope Pheraie,
Kall. Art. 259.
2) Zu Pegä (Paus. 1, 44, 7.) Megara 1, 40, 2. Böä 3, 22, 9.
Pellene 7, 27, 1. Phigalia 8, 39, 3. Syrakus auf Münzen. vgl.
D'Orville sicula p. 327 sq.

heißt 1. Es haͤngt dieſer Fortſchritt noch ganz wohl
mit dem altarkadiſcher Naturreligion angehoͤrenden
Grundbegriff zuſammen; man kann ſagen, daß er ſei-
nen Schluß findet in der Steigerung zum allgemeinen
Begriff der Σώτειρα, der aber eben ſo conſequent aus
dem Idealismus der Doriſchen Religion abgeleitet wer-
den kann: ſo daß ſich beide Ideenreihen hier in einer
Spitze beruͤhren.

5.

Wir blicken wieder auf das mythiſche Sym-
bol der Artemis Kalliſto, auf die Baͤrin, um den
Attiſchen Dienſt daran zu knuͤpfen. Denn in dieſem
hießen ja die jungen Maͤdchen zwiſchen 5 und 10 Jah-
ren, welche der Munychiſchen und Brauroniſchen Ar-
temis geweihet wurden, Baͤrinnen 3, und die Goͤt-
tin ſelbſt tritt in wunderlichen Sagen als eine Men-
ſchenblut fordernde Baͤrin auf 4. Die Brauroniſche
2)

1 Diod. 5, 73. vgl. Weſſel. Pauſ. 4, 34. Hymn. Orph.
36, 8. vgl. Spanh. zu Kall. Art. 6. — Dieſe Namen laſſen ſich
indeß auch aus der Religion des Ap. ableiten. Oben S. 336.
3 S. Eurip. Hypſipyle und Ari-
ſtoph. Lemnierinnen bei Hrpokr. ἀϱκτεῦσαι. Vgl. Orchomenos p.
309. wo zuzufuͤgen, daß ſowohl das Brauroniſche Dionyſosfeſt
(Ariſtoph. Frieden 870.) als das der Artemis pentaëteriſch, und
vermuthlich beide verbunden waren. Die alten Culte der Kolaͤnis
zu Myrrhinus, u. Amaryſia bei den Athmoneern waren wohl aͤhn-
licher Natur, ſicher nicht Doriſch.
4 Vgl. noch Apoſtol. 8,
19. — Sonſt am 16. Munychion mit ἀμφιφῶντες, Kuchen mit
Lichtern umher, verſoͤhnt, Apolld. Frgm. p. 402 H. Pollux 6,
11, 75 als Phosphoros, deren Dienſt mit Unrecht erſt vom Zug
des Thraſybul abgeleitet wird. Klem. Al. Str. 1. p. 348. — Es
iſt nicht ganz klar, wie die Munychia Art. ſich zur ebenda verehr-
ten Art. Pheraͤa, auch Hekate genannt, verhaͤlt. S. Pauſ. 2,
23, 5. vgl. 10, 6. Orph. Argon. 938. Schol. Theokr. 2, 36.
wo Hekate Tochter der Pheraͤa. Μουνυχίη λιμενοσκόπε Φεϱαίη,
Kall. Art. 259.
2) Zu Pegaͤ (Pauſ. 1, 44, 7.) Megara 1, 40, 2. Boͤaͤ 3, 22, 9.
Pellene 7, 27, 1. Phigalia 8, 39, 3. Syrakus auf Muͤnzen. vgl.
D’Orville sicula p. 327 sq.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0410" n="380"/>
heißt <note place="foot" n="1">Diod. 5, 73. vgl. We&#x017F;&#x017F;el. Pau&#x017F;. 4, 34. Hymn. Orph.<lb/>
36, 8. vgl. Spanh. zu Kall. Art. 6. &#x2014; Die&#x017F;e Namen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
indeß auch aus der Religion des Ap. ableiten. Oben S. 336.</note>. Es ha&#x0364;ngt die&#x017F;er Fort&#x017F;chritt noch ganz wohl<lb/>
mit dem altarkadi&#x017F;cher Naturreligion angeho&#x0364;renden<lb/>
Grundbegriff zu&#x017F;ammen; man kann &#x017F;agen, daß er &#x017F;ei-<lb/>
nen Schluß findet in der Steigerung zum allgemeinen<lb/>
Begriff der &#x03A3;&#x03CE;&#x03C4;&#x03B5;&#x03B9;&#x03C1;&#x03B1;, der aber eben &#x017F;o con&#x017F;equent aus<lb/>
dem Idealismus der Dori&#x017F;chen Religion abgeleitet wer-<lb/>
den kann: &#x017F;o daß &#x017F;ich beide Ideenreihen hier in einer<lb/>
Spitze beru&#x0364;hren.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>5.</head><lb/>
              <p>Wir blicken wieder auf das mythi&#x017F;che Sym-<lb/>
bol der Artemis Kalli&#x017F;to, auf die Ba&#x0364;rin, um den<lb/>
Atti&#x017F;chen Dien&#x017F;t daran zu knu&#x0364;pfen. Denn in die&#x017F;em<lb/>
hießen ja die jungen Ma&#x0364;dchen zwi&#x017F;chen 5 und 10 Jah-<lb/>
ren, welche der Munychi&#x017F;chen und Brauroni&#x017F;chen Ar-<lb/>
temis geweihet wurden, <hi rendition="#g">Ba&#x0364;rinnen</hi> <note place="foot" n="3">S. Eurip. Hyp&#x017F;ipyle und Ari-<lb/>
&#x017F;toph. Lemnierinnen bei Hrpokr. &#x1F00;&#x03F1;&#x03BA;&#x03C4;&#x03B5;&#x1FE6;&#x03C3;&#x03B1;&#x03B9;. Vgl. Orchomenos <hi rendition="#aq">p.</hi><lb/>
309. wo zuzufu&#x0364;gen, daß <hi rendition="#g">&#x017F;owohl</hi> das Brauroni&#x017F;che Diony&#x017F;osfe&#x017F;t<lb/>
(Ari&#x017F;toph. Frieden 870.) <hi rendition="#g">als</hi> das der Artemis penta<hi rendition="#aq">ë</hi>teri&#x017F;ch, und<lb/>
vermuthlich beide verbunden waren. Die alten Culte der Kola&#x0364;nis<lb/>
zu Myrrhinus, u. Amary&#x017F;ia bei den Athmoneern waren wohl a&#x0364;hn-<lb/>
licher Natur, &#x017F;icher <hi rendition="#g">nicht</hi> Dori&#x017F;ch.</note>, und die Go&#x0364;t-<lb/>
tin &#x017F;elb&#x017F;t tritt in wunderlichen Sagen als eine Men-<lb/>
&#x017F;chenblut fordernde Ba&#x0364;rin auf <note place="foot" n="4">Vgl. noch Apo&#x017F;tol. 8,<lb/>
19. &#x2014; Son&#x017F;t am 16. Munychion mit &#x1F00;&#x03BC;&#x03C6;&#x03B9;&#x03C6;&#x1FF6;&#x03BD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C2;, Kuchen mit<lb/>
Lichtern umher, ver&#x017F;o&#x0364;hnt, Apolld. <hi rendition="#aq">Frgm. p.</hi> 402 H. Pollux 6,<lb/>
11, 75 als <hi rendition="#g">Phosphoros,</hi> deren Dien&#x017F;t mit Unrecht er&#x017F;t vom Zug<lb/>
des Thra&#x017F;ybul abgeleitet wird. Klem. Al. Str. 1. <hi rendition="#aq">p.</hi> 348. &#x2014; Es<lb/>
i&#x017F;t nicht ganz klar, wie die Munychia Art. &#x017F;ich zur ebenda verehr-<lb/>
ten Art. <hi rendition="#g">Phera&#x0364;a,</hi> auch Hekate genannt, verha&#x0364;lt. S. Pau&#x017F;. 2,<lb/>
23, 5. vgl. 10, 6. Orph. Argon. 938. Schol. Theokr. 2, 36.<lb/>
wo Hekate Tochter der Phera&#x0364;a. &#x039C;&#x03BF;&#x03C5;&#x03BD;&#x03C5;&#x03C7;&#x03AF;&#x03B7; &#x03BB;&#x03B9;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C3;&#x03BA;&#x03CC;&#x03C0;&#x03B5; &#x03A6;&#x03B5;&#x03F1;&#x03B1;&#x03AF;&#x03B7;,<lb/>
Kall. Art. 259.</note>. Die Brauroni&#x017F;che<lb/><note place="foot" n="2)">Zu Pega&#x0364; (Pau&#x017F;. 1, 44, 7.) Megara 1, 40, 2. Bo&#x0364;a&#x0364; 3, 22, 9.<lb/>
Pellene 7, 27, 1. Phigalia 8, 39, 3. Syrakus auf Mu&#x0364;nzen. vgl.<lb/>
D&#x2019;Orville <hi rendition="#aq">sicula p. 327 sq.</hi></note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0410] heißt 1. Es haͤngt dieſer Fortſchritt noch ganz wohl mit dem altarkadiſcher Naturreligion angehoͤrenden Grundbegriff zuſammen; man kann ſagen, daß er ſei- nen Schluß findet in der Steigerung zum allgemeinen Begriff der Σώτειρα, der aber eben ſo conſequent aus dem Idealismus der Doriſchen Religion abgeleitet wer- den kann: ſo daß ſich beide Ideenreihen hier in einer Spitze beruͤhren. 5. Wir blicken wieder auf das mythiſche Sym- bol der Artemis Kalliſto, auf die Baͤrin, um den Attiſchen Dienſt daran zu knuͤpfen. Denn in dieſem hießen ja die jungen Maͤdchen zwiſchen 5 und 10 Jah- ren, welche der Munychiſchen und Brauroniſchen Ar- temis geweihet wurden, Baͤrinnen 3, und die Goͤt- tin ſelbſt tritt in wunderlichen Sagen als eine Men- ſchenblut fordernde Baͤrin auf 4. Die Brauroniſche 2) 1 Diod. 5, 73. vgl. Weſſel. Pauſ. 4, 34. Hymn. Orph. 36, 8. vgl. Spanh. zu Kall. Art. 6. — Dieſe Namen laſſen ſich indeß auch aus der Religion des Ap. ableiten. Oben S. 336. 3 S. Eurip. Hypſipyle und Ari- ſtoph. Lemnierinnen bei Hrpokr. ἀϱκτεῦσαι. Vgl. Orchomenos p. 309. wo zuzufuͤgen, daß ſowohl das Brauroniſche Dionyſosfeſt (Ariſtoph. Frieden 870.) als das der Artemis pentaëteriſch, und vermuthlich beide verbunden waren. Die alten Culte der Kolaͤnis zu Myrrhinus, u. Amaryſia bei den Athmoneern waren wohl aͤhn- licher Natur, ſicher nicht Doriſch. 4 Vgl. noch Apoſtol. 8, 19. — Sonſt am 16. Munychion mit ἀμφιφῶντες, Kuchen mit Lichtern umher, verſoͤhnt, Apolld. Frgm. p. 402 H. Pollux 6, 11, 75 als Phosphoros, deren Dienſt mit Unrecht erſt vom Zug des Thraſybul abgeleitet wird. Klem. Al. Str. 1. p. 348. — Es iſt nicht ganz klar, wie die Munychia Art. ſich zur ebenda verehr- ten Art. Pheraͤa, auch Hekate genannt, verhaͤlt. S. Pauſ. 2, 23, 5. vgl. 10, 6. Orph. Argon. 938. Schol. Theokr. 2, 36. wo Hekate Tochter der Pheraͤa. Μουνυχίη λιμενοσκόπε Φεϱαίη, Kall. Art. 259. 2) Zu Pegaͤ (Pauſ. 1, 44, 7.) Megara 1, 40, 2. Boͤaͤ 3, 22, 9. Pellene 7, 27, 1. Phigalia 8, 39, 3. Syrakus auf Muͤnzen. vgl. D’Orville sicula p. 327 sq.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/410
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/410>, abgerufen am 21.12.2024.