wußte. Nach diesem Ausspruch durfte Iphigenie die Bildsäule der Diana nicht entwenden, und keinen Verrath an ihrem Wohlthäter dem Könige Thoas begehen, von dem sie großmüthig entlas- sen wird.
Troja.
Außerhalb Griechenland war Troja der vorzüg- lichste Schauplatz der tragischen Begebenheiten, welche in Gesängen der Nachwelt überliefert, und auf der Schaubühne dargestellt, in immerwähren- dem Andenken sich erhielten. -- Vom unerbittli- chen Fatum selber war die Zerstörung von Troja einmal beschlossen; zu ihrem Untergang mußte sich alles fügen; und Götter und Menschen vermoch- ten nichts gegen den Schluß des Schicksals.
Als Eris, bei der Vermählung des Peleus mit der Thetis, in das hochzeitliche Gemach, wo alle Götter und Göttinnen versamlet waren, den goldnen Apfel mit der Inschrift warf, die ihn der Schönsten zutheilte, so wurden Juno, Venus, und Minerva, unter allen Göttinnen, um den Preis der Schönheit zu wetteifern, einstimmig am würdigsten erkannt.
Ein unbefangner Hirt, der auf dem Ida weidete, sollte den Ausspruch thun. Dieser Hirt war Paris, ein Sohn des Priamus, der über Troja herrschte. Als die Göttinnen vor ihm er-
wußte. Nach dieſem Ausſpruch durfte Iphigenie die Bildſaͤule der Diana nicht entwenden, und keinen Verrath an ihrem Wohlthaͤter dem Koͤnige Thoas begehen, von dem ſie großmuͤthig entlaſ- ſen wird.
Troja.
Außerhalb Griechenland war Troja der vorzuͤg- lichſte Schauplatz der tragiſchen Begebenheiten, welche in Geſaͤngen der Nachwelt uͤberliefert, und auf der Schaubuͤhne dargeſtellt, in immerwaͤhren- dem Andenken ſich erhielten. — Vom unerbittli- chen Fatum ſelber war die Zerſtoͤrung von Troja einmal beſchloſſen; zu ihrem Untergang mußte ſich alles fuͤgen; und Goͤtter und Menſchen vermoch- ten nichts gegen den Schluß des Schickſals.
Als Eris, bei der Vermaͤhlung des Peleus mit der Thetis, in das hochzeitliche Gemach, wo alle Goͤtter und Goͤttinnen verſamlet waren, den goldnen Apfel mit der Inſchrift warf, die ihn der Schoͤnſten zutheilte, ſo wurden Juno, Venus, und Minerva, unter allen Goͤttinnen, um den Preis der Schoͤnheit zu wetteifern, einſtimmig am wuͤrdigſten erkannt.
Ein unbefangner Hirt, der auf dem Ida weidete, ſollte den Ausſpruch thun. Dieſer Hirt war Paris, ein Sohn des Priamus, der uͤber Troja herrſchte. Als die Goͤttinnen vor ihm er-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0442"n="370"/>
wußte. Nach dieſem Ausſpruch durfte Iphigenie<lb/>
die Bildſaͤule der Diana nicht entwenden, und<lb/>
keinen Verrath an ihrem Wohlthaͤter dem Koͤnige<lb/><hirendition="#fr">Thoas</hi> begehen, von dem ſie großmuͤthig entlaſ-<lb/>ſen wird.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Troja</hi>.</hi></head><lb/><p>Außerhalb Griechenland war Troja der vorzuͤg-<lb/>
lichſte Schauplatz der tragiſchen Begebenheiten,<lb/>
welche in Geſaͤngen der Nachwelt uͤberliefert, und<lb/>
auf der Schaubuͤhne dargeſtellt, in immerwaͤhren-<lb/>
dem Andenken ſich erhielten. — Vom unerbittli-<lb/>
chen Fatum ſelber war die Zerſtoͤrung von Troja<lb/>
einmal beſchloſſen; zu ihrem Untergang mußte ſich<lb/>
alles fuͤgen; und Goͤtter und Menſchen vermoch-<lb/>
ten nichts gegen den Schluß des Schickſals.</p><lb/><p>Als <hirendition="#fr">Eris,</hi> bei der Vermaͤhlung des Peleus<lb/>
mit der Thetis, in das hochzeitliche Gemach, wo<lb/>
alle Goͤtter und Goͤttinnen verſamlet waren, den<lb/>
goldnen Apfel mit der Inſchrift warf, die ihn <hirendition="#fr">der<lb/>
Schoͤnſten</hi> zutheilte, ſo wurden <hirendition="#fr">Juno, Venus,</hi><lb/>
und <hirendition="#fr">Minerva,</hi> unter allen Goͤttinnen, um den<lb/>
Preis der Schoͤnheit zu wetteifern, einſtimmig<lb/>
am wuͤrdigſten erkannt.</p><lb/><p>Ein unbefangner Hirt, der auf dem <hirendition="#fr">Ida</hi><lb/>
weidete, ſollte den Ausſpruch thun. Dieſer Hirt<lb/>
war <hirendition="#fr">Paris,</hi> ein Sohn des <hirendition="#fr">Priamus,</hi> der uͤber<lb/>
Troja herrſchte. Als die Goͤttinnen vor ihm er-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[370/0442]
wußte. Nach dieſem Ausſpruch durfte Iphigenie
die Bildſaͤule der Diana nicht entwenden, und
keinen Verrath an ihrem Wohlthaͤter dem Koͤnige
Thoas begehen, von dem ſie großmuͤthig entlaſ-
ſen wird.
Troja.
Außerhalb Griechenland war Troja der vorzuͤg-
lichſte Schauplatz der tragiſchen Begebenheiten,
welche in Geſaͤngen der Nachwelt uͤberliefert, und
auf der Schaubuͤhne dargeſtellt, in immerwaͤhren-
dem Andenken ſich erhielten. — Vom unerbittli-
chen Fatum ſelber war die Zerſtoͤrung von Troja
einmal beſchloſſen; zu ihrem Untergang mußte ſich
alles fuͤgen; und Goͤtter und Menſchen vermoch-
ten nichts gegen den Schluß des Schickſals.
Als Eris, bei der Vermaͤhlung des Peleus
mit der Thetis, in das hochzeitliche Gemach, wo
alle Goͤtter und Goͤttinnen verſamlet waren, den
goldnen Apfel mit der Inſchrift warf, die ihn der
Schoͤnſten zutheilte, ſo wurden Juno, Venus,
und Minerva, unter allen Goͤttinnen, um den
Preis der Schoͤnheit zu wetteifern, einſtimmig
am wuͤrdigſten erkannt.
Ein unbefangner Hirt, der auf dem Ida
weidete, ſollte den Ausſpruch thun. Dieſer Hirt
war Paris, ein Sohn des Priamus, der uͤber
Troja herrſchte. Als die Goͤttinnen vor ihm er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/442>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.