Er gab auf alles sehr ordentliche und passende Antworten, nur wenn es auf die
Wunder kam, so blieb er bei seiner alten Meinung, vertheidigte
aber dieselbe nicht hartnäckig, sondern versicherte, wenn er zu
Hause käme, und fände, daß es sich nicht so verhielte, wie er
gedacht hätte, so wolle er gern zugeben, daß er sich geirrt haben
könnte. Auch habe er auf die Weise schon einmal einen
Jrrthum eingesehen, indem er eine dortige alte Frau für eine Hexe
hielt, nachher aber fand, daß er ihr Unrecht gethan hatte. Endlich
wünschte er nichts mehr, als zu seiner Frau und Kindern nach Hause zu
kom- men, wo er sich redlich nähren, friedlich leben, und keinen
Menschen mehr beunruhigen wolle. Wor- auf der Herr Doktor Pihl sein Gutachten
gab, daß dieser Mensch ohne Gefahr entlassen, und wieder in seine Heimath
geschickt werden könne.
VI. Geschichte des Kindermörders
J. F. D. Seybell.
Dieser Seybell wurde vom vierten bis zum
zwei- undzwanzigsten Jahre im großen Waisenhause zu Potsdam erzogen, wo er
das Schneiderhandwerk lernte, und war nach den Zeugniß aller, die ihn
kann-
Er gab auf alles sehr ordentliche und passende Antworten, nur wenn es auf die
Wunder kam, so blieb er bei seiner alten Meinung, vertheidigte
aber dieselbe nicht hartnaͤckig, sondern versicherte, wenn er zu
Hause kaͤme, und faͤnde, daß es sich nicht so verhielte, wie er
gedacht haͤtte, so wolle er gern zugeben, daß er sich geirrt haben
koͤnnte. Auch habe er auf die Weise schon einmal einen
Jrrthum eingesehen, indem er eine dortige alte Frau fuͤr eine Hexe
hielt, nachher aber fand, daß er ihr Unrecht gethan hatte. Endlich
wuͤnschte er nichts mehr, als zu seiner Frau und Kindern nach Hause zu
kom- men, wo er sich redlich naͤhren, friedlich leben, und keinen
Menschen mehr beunruhigen wolle. Wor- auf der Herr Doktor Pihl sein Gutachten
gab, daß dieser Mensch ohne Gefahr entlassen, und wieder in seine Heimath
geschickt werden koͤnne.
VI. Geschichte des Kindermoͤrders
J. F. D. Seybell.
Dieser Seybell wurde vom vierten bis zum
zwei- undzwanzigsten Jahre im großen Waisenhause zu Potsdam erzogen, wo er
das Schneiderhandwerk lernte, und war nach den Zeugniß aller, die ihn
kann-
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Er gab auf alles sehr ordentliche und passende
Antworten, nur wenn es auf die Wunder kam, so
blieb er bei seiner alten Meinung, vertheidigte aber
dieselbe nicht hartnaͤckig, sondern versicherte, wenn
er zu Hause kaͤme, und faͤnde, daß es sich nicht so
verhielte, wie er gedacht haͤtte, so wolle er gern
zugeben, daß er sich geirrt haben koͤnnte. Auch
habe er auf die Weise schon einmal einen Jrrthum
eingesehen, indem er eine dortige alte Frau fuͤr eine
Hexe hielt, nachher aber fand, daß er ihr Unrecht
gethan hatte. Endlich wuͤnschte er nichts mehr,
als zu seiner Frau und Kindern nach Hause zu kom-
men, wo er sich redlich naͤhren, friedlich leben, und
keinen Menschen mehr beunruhigen wolle. Wor-
auf der Herr Doktor Pihl sein Gutachten gab, daß
dieser Mensch ohne Gefahr entlassen, und wieder
in seine Heimath geschickt werden koͤnne.
VI.
Geschichte des Kindermoͤrders J. F.
D. Seybell.
Dieser Seybell wurde vom vierten bis zum zwei-
undzwanzigsten Jahre im großen Waisenhause zu
Potsdam erzogen, wo er das Schneiderhandwerk
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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/30>, abgerufen am 22.02.2025.
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