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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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Zur
Seelenheilkunde.



Der in die ganze Natur, in so manche Quelle,
und in so manches Kraut heilenden Balsam legte,
um den kranken, hinfälligen Körper zu stärken und
wiederherzustellen, sollte der nicht auch eine Arznei
geschaffen haben, für kranke, verwundete Seelen?

Wer suchte sie, und wer fand sie?

Der Du dieses Geheimniß besitzest, glückli-
cher Sterblicher, o sey nicht karg damit! Versammle
die edelsten Menschen um Dich her, theile ihnen,
wenn Du kannst, Deinen Geist und Deine Gabe
mit, und sende sie umher in allen Landen, daß sie
die thätigen und die forschenden Kräfte der Men-
schen aus ihrem Schlummer wecken, die Lahmen ge-
hend, die Blinden sehend machen!

Wem es je gelungen ist, irgend eine Krank-
heit der Seele mit der Wurzel auszurotten, o der
mache doch das unschätzbare Arzneimittel bekannt,
wodurch ähnliche Krankheiten können ausgerottet
werden! -- Was war es, als wechselseitige Mit-
theilung von Erfahrungen,
wodurch man end-
lich eine Heilkunde für den Körper fand, und war-
um fand man noch keine für die Seele?

Was sind das für bleiche, entstellte, von heim-
lichen Sünden gebrandmarkte Gesichter, worauf die
Blühte der Unschuld in der Knospe verwelkt ist?


Sie
Zur
Seelenheilkunde.



Der in die ganze Natur, in so manche Quelle,
und in so manches Kraut heilenden Balsam legte,
um den kranken, hinfaͤlligen Koͤrper zu staͤrken und
wiederherzustellen, sollte der nicht auch eine Arznei
geschaffen haben, fuͤr kranke, verwundete Seelen?

Wer suchte sie, und wer fand sie?

Der Du dieses Geheimniß besitzest, gluͤckli-
cher Sterblicher, o sey nicht karg damit! Versammle
die edelsten Menschen um Dich her, theile ihnen,
wenn Du kannst, Deinen Geist und Deine Gabe
mit, und sende sie umher in allen Landen, daß sie
die thaͤtigen und die forschenden Kraͤfte der Men-
schen aus ihrem Schlummer wecken, die Lahmen ge-
hend, die Blinden sehend machen!

Wem es je gelungen ist, irgend eine Krank-
heit der Seele mit der Wurzel auszurotten, o der
mache doch das unschaͤtzbare Arzneimittel bekannt,
wodurch aͤhnliche Krankheiten koͤnnen ausgerottet
werden! — Was war es, als wechselseitige Mit-
theilung von Erfahrungen,
wodurch man end-
lich eine Heilkunde fuͤr den Koͤrper fand, und war-
um fand man noch keine fuͤr die Seele?

Was sind das fuͤr bleiche, entstellte, von heim-
lichen Suͤnden gebrandmarkte Gesichter, worauf die
Bluͤhte der Unschuld in der Knospe verwelkt ist?


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[114/0118] Zur Seelenheilkunde. Der in die ganze Natur, in so manche Quelle, und in so manches Kraut heilenden Balsam legte, um den kranken, hinfaͤlligen Koͤrper zu staͤrken und wiederherzustellen, sollte der nicht auch eine Arznei geschaffen haben, fuͤr kranke, verwundete Seelen? Wer suchte sie, und wer fand sie? Der Du dieses Geheimniß besitzest, gluͤckli- cher Sterblicher, o sey nicht karg damit! Versammle die edelsten Menschen um Dich her, theile ihnen, wenn Du kannst, Deinen Geist und Deine Gabe mit, und sende sie umher in allen Landen, daß sie die thaͤtigen und die forschenden Kraͤfte der Men- schen aus ihrem Schlummer wecken, die Lahmen ge- hend, die Blinden sehend machen! Wem es je gelungen ist, irgend eine Krank- heit der Seele mit der Wurzel auszurotten, o der mache doch das unschaͤtzbare Arzneimittel bekannt, wodurch aͤhnliche Krankheiten koͤnnen ausgerottet werden! — Was war es, als wechselseitige Mit- theilung von Erfahrungen, wodurch man end- lich eine Heilkunde fuͤr den Koͤrper fand, und war- um fand man noch keine fuͤr die Seele? Was sind das fuͤr bleiche, entstellte, von heim- lichen Suͤnden gebrandmarkte Gesichter, worauf die Bluͤhte der Unschuld in der Knospe verwelkt ist? Sie

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/118>, abgerufen am 21.11.2024.