Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832. Morry. Wär' er mir wie ihr so gut, Ich ließ' mich küssen wohlgemuth. Weithe. Bitte, komm' und laß uns geh'n! Wollen nach dem Walde seh'n, Ob die holden Nachtigallen Bald in unsre Netze fallen. (Beide ab.) Vierte Scene. König und Thereile allein. König (für sich). Still, sachte nur, mein Geist; gib dich zur Ruhe! Lagst mir so lang' in ungestörter Dumpfheit, Hinträumend allgemach in's Nichts dahin, Was weckt dich wieder aus so gutem Schlummer? Lieg' stille nur ein Weilchen noch! Umsonst! umsonst! es schwingt das alte Rad Der glühenden Gedanken unerbittlich Sich vor dem armen Haupte mir! Will das nicht enden? mußt du staunend immer Auf's Neue dich erkennen? mußt dich fragen, Was leb' ich noch? was bin ich? und was war Vor dieser Zeit mit mir? -- Ein König einst, Ulmon mein Name; Orplid hieß die Insel; Wohl, wohl, mein Geist, das hast du schlau behalten; Und doch mißtrau' ich dir; Ulmon -- Orplid -- Morry. Wär’ er mir wie ihr ſo gut, Ich ließ’ mich küſſen wohlgemuth. Weithe. Bitte, komm’ und laß uns geh’n! Wollen nach dem Walde ſeh’n, Ob die holden Nachtigallen Bald in unſre Netze fallen. (Beide ab.) Vierte Scene. König und Thereile allein. König (für ſich). Still, ſachte nur, mein Geiſt; gib dich zur Ruhe! Lagſt mir ſo lang’ in ungeſtörter Dumpfheit, Hinträumend allgemach in’s Nichts dahin, Was weckt dich wieder aus ſo gutem Schlummer? Lieg’ ſtille nur ein Weilchen noch! Umſonſt! umſonſt! es ſchwingt das alte Rad Der glühenden Gedanken unerbittlich Sich vor dem armen Haupte mir! Will das nicht enden? mußt du ſtaunend immer Auf’s Neue dich erkennen? mußt dich fragen, Was leb’ ich noch? was bin ich? und was war Vor dieſer Zeit mit mir? — Ein König einſt, Ulmon mein Name; Orplid hieß die Inſel; Wohl, wohl, mein Geiſt, das haſt du ſchlau behalten; Und doch mißtrau’ ich dir; Ulmon — Orplid — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0172" n="164"/> <sp who="#morr"> <speaker><hi rendition="#g">Morry</hi>.</speaker><lb/> <p>Wär’ er mir wie ihr ſo gut,<lb/> Ich ließ’ mich küſſen wohlgemuth.</p> </sp><lb/> <sp who="#weit"> <speaker><hi rendition="#g">Weithe</hi>.</speaker><lb/> <p>Bitte, komm’ und laß uns geh’n!<lb/> Wollen nach dem Walde ſeh’n,<lb/> Ob die holden Nachtigallen<lb/> Bald in unſre Netze fallen.</p> <stage>(Beide ab.)</stage> </sp> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Vierte Scene</hi>.</head><lb/> <stage><hi rendition="#g">König</hi> und <hi rendition="#g">Thereile</hi> allein.</stage><lb/> <sp who="#koe"> <speaker> <hi rendition="#g">König</hi> </speaker> <stage>(für ſich).</stage><lb/> <p>Still, ſachte nur, mein Geiſt; gib dich zur Ruhe!<lb/> Lagſt mir ſo lang’ in ungeſtörter Dumpfheit,<lb/> Hinträumend allgemach in’s Nichts dahin,<lb/> Was weckt dich wieder aus ſo gutem Schlummer?<lb/> Lieg’ ſtille nur ein Weilchen noch!</p><lb/> <p>Umſonſt! umſonſt! es ſchwingt das alte Rad<lb/> Der glühenden Gedanken unerbittlich<lb/> Sich vor dem armen Haupte mir!<lb/> Will das nicht enden? mußt du ſtaunend immer<lb/> Auf’s Neue dich erkennen? mußt dich fragen,<lb/> Was leb’ ich noch? was bin ich? und was war<lb/> Vor dieſer Zeit mit mir? — Ein König einſt,<lb/><hi rendition="#g">Ulmon</hi> mein Name; <hi rendition="#g">Orplid</hi> hieß die Inſel;<lb/> Wohl, wohl, mein Geiſt, das haſt du ſchlau behalten;<lb/> Und doch mißtrau’ ich dir; <hi rendition="#g">Ulmon — Orplid</hi> —<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [164/0172]
Morry.
Wär’ er mir wie ihr ſo gut,
Ich ließ’ mich küſſen wohlgemuth.
Weithe.
Bitte, komm’ und laß uns geh’n!
Wollen nach dem Walde ſeh’n,
Ob die holden Nachtigallen
Bald in unſre Netze fallen.(Beide ab.)
Vierte Scene.
König und Thereile allein.
König (für ſich).
Still, ſachte nur, mein Geiſt; gib dich zur Ruhe!
Lagſt mir ſo lang’ in ungeſtörter Dumpfheit,
Hinträumend allgemach in’s Nichts dahin,
Was weckt dich wieder aus ſo gutem Schlummer?
Lieg’ ſtille nur ein Weilchen noch!
Umſonſt! umſonſt! es ſchwingt das alte Rad
Der glühenden Gedanken unerbittlich
Sich vor dem armen Haupte mir!
Will das nicht enden? mußt du ſtaunend immer
Auf’s Neue dich erkennen? mußt dich fragen,
Was leb’ ich noch? was bin ich? und was war
Vor dieſer Zeit mit mir? — Ein König einſt,
Ulmon mein Name; Orplid hieß die Inſel;
Wohl, wohl, mein Geiſt, das haſt du ſchlau behalten;
Und doch mißtrau’ ich dir; Ulmon — Orplid —
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/172>, abgerufen am 23.02.2025. |