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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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Eben so müßte eine Mauer von 20 Fuß Höhe und 2 Fuß
Stärke, mindestens in einer Entfernung von 40 Fuß wieder einen
Haltepunkt bekommen, woraus sich die leicht zu behaltende Regel er-
giebt: daß jede Mauer, deren Höhe und Dicke gegeben,
ohne weitere Haltepunkte
(als Strebepfeiler, einspringende
Mauern) nur zweimal so lang werden kann, als ihre ge-
gebene Höhe ist.

Bei Gebäuden in welchen Quermauern vorhanden sind, dienen
diese hinlänglich als Haltepunkte. Auch die Giebelwände dienen als
solche. Sind beide nicht vorhanden, so müssen bei lang fortlaufen-
den Mauern in den angegebenen Entfernungen Strebepfeiler oder
theilweise Verstärkungen angeordnet werden. Da eine Mauer mit
dergleichen Verstärkungen ohngefähr dieselbe Standfähigkeit hat, als
wenn sie durchweg so stark angelegt wäre als die Strebepfeiler für
sich sind, so pflegt man zur Ersparung des Mauerwerks auch eine
Anordnung zu treffen, welche man Schild und Bogen nennt.
Man denke sich eine Pfeilerreihe, welche auf einem durchlaufenden
Sockel ruht; oberhalb denke man sich die Pfeiler durch Mauerbogen
geschlossen, und die Zwischenräume, welche die Pfeiler bilden, durch
schwächere Mauerstücken ausgefüllt als die Pfeiler selbst dick sind (etwa
halb so stark), so entsteht eine Mauer in Schild und Bogen. Sie
wird diejenige Standfähigkeit haben, welche eine Mauer von der gan-
zen Stärke der Pfeiler gehabt haben würde, und man hätte hierbei
noch alles das Material gespart, welches man zur Ausfüllung der
sogenannten Schilder hätte verwenden müssen.

Bildet eine Mauer eine Ecke, so wird ihre Standfähigkeit auf
diesem Punkte um so größer sein, je näher der Winkel, welchen die
Ecke bildet, einem rechten Winkel ist.

Mauern welche ein Viereck bilden sind einzeln, wechselseitig als
solche Mauern zu betrachten, welche an den Endigungen hinlänglichen
Halt haben. Bei einem länglichen Viereck würden bei gleicher Höhe
die Mauern eine verschiedene Stärke dann erhalten, wenn die lange
Seite länger als die doppelte Höhe wäre.

Z. B. es sei ein Viereck von 10 Fuß hohen Mauern einge-
schlossen. Die kurze Seite sei 20 Fuß, die lange 60, so würden die
kurzen Seiten 1 Fuß stark ohne weitere Haltepunkte anzulegen sein,
die Seiten von 60 Fuß Länge müßten aber mindestens 2 Haltepunkte
(Strebepfeiler etc.) erhalten.

Mauern bis zu 8 Fuß Höhe und niedriger bedürfen auch bei
der größten Länge keiner Verstärkungen, wenn sie verhältnißmäßig

Eben ſo müßte eine Mauer von 20 Fuß Höhe und 2 Fuß
Stärke, mindeſtens in einer Entfernung von 40 Fuß wieder einen
Haltepunkt bekommen, woraus ſich die leicht zu behaltende Regel er-
giebt: daß jede Mauer, deren Höhe und Dicke gegeben,
ohne weitere Haltepunkte
(als Strebepfeiler, einſpringende
Mauern) nur zweimal ſo lang werden kann, als ihre ge-
gebene Höhe iſt.

Bei Gebäuden in welchen Quermauern vorhanden ſind, dienen
dieſe hinlänglich als Haltepunkte. Auch die Giebelwände dienen als
ſolche. Sind beide nicht vorhanden, ſo müſſen bei lang fortlaufen-
den Mauern in den angegebenen Entfernungen Strebepfeiler oder
theilweiſe Verſtärkungen angeordnet werden. Da eine Mauer mit
dergleichen Verſtärkungen ohngefähr dieſelbe Standfähigkeit hat, als
wenn ſie durchweg ſo ſtark angelegt wäre als die Strebepfeiler für
ſich ſind, ſo pflegt man zur Erſparung des Mauerwerks auch eine
Anordnung zu treffen, welche man Schild und Bogen nennt.
Man denke ſich eine Pfeilerreihe, welche auf einem durchlaufenden
Sockel ruht; oberhalb denke man ſich die Pfeiler durch Mauerbogen
geſchloſſen, und die Zwiſchenräume, welche die Pfeiler bilden, durch
ſchwächere Mauerſtücken ausgefüllt als die Pfeiler ſelbſt dick ſind (etwa
halb ſo ſtark), ſo entſteht eine Mauer in Schild und Bogen. Sie
wird diejenige Standfähigkeit haben, welche eine Mauer von der gan-
zen Stärke der Pfeiler gehabt haben würde, und man hätte hierbei
noch alles das Material geſpart, welches man zur Ausfüllung der
ſogenannten Schilder hätte verwenden müſſen.

Bildet eine Mauer eine Ecke, ſo wird ihre Standfähigkeit auf
dieſem Punkte um ſo größer ſein, je näher der Winkel, welchen die
Ecke bildet, einem rechten Winkel iſt.

Mauern welche ein Viereck bilden ſind einzeln, wechſelſeitig als
ſolche Mauern zu betrachten, welche an den Endigungen hinlänglichen
Halt haben. Bei einem länglichen Viereck würden bei gleicher Höhe
die Mauern eine verſchiedene Stärke dann erhalten, wenn die lange
Seite länger als die doppelte Höhe wäre.

Z. B. es ſei ein Viereck von 10 Fuß hohen Mauern einge-
ſchloſſen. Die kurze Seite ſei 20 Fuß, die lange 60, ſo würden die
kurzen Seiten 1 Fuß ſtark ohne weitere Haltepunkte anzulegen ſein,
die Seiten von 60 Fuß Länge müßten aber mindeſtens 2 Haltepunkte
(Strebepfeiler ꝛc.) erhalten.

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[106/0116] Eben ſo müßte eine Mauer von 20 Fuß Höhe und 2 Fuß Stärke, mindeſtens in einer Entfernung von 40 Fuß wieder einen Haltepunkt bekommen, woraus ſich die leicht zu behaltende Regel er- giebt: daß jede Mauer, deren Höhe und Dicke gegeben, ohne weitere Haltepunkte (als Strebepfeiler, einſpringende Mauern) nur zweimal ſo lang werden kann, als ihre ge- gebene Höhe iſt. Bei Gebäuden in welchen Quermauern vorhanden ſind, dienen dieſe hinlänglich als Haltepunkte. Auch die Giebelwände dienen als ſolche. Sind beide nicht vorhanden, ſo müſſen bei lang fortlaufen- den Mauern in den angegebenen Entfernungen Strebepfeiler oder theilweiſe Verſtärkungen angeordnet werden. Da eine Mauer mit dergleichen Verſtärkungen ohngefähr dieſelbe Standfähigkeit hat, als wenn ſie durchweg ſo ſtark angelegt wäre als die Strebepfeiler für ſich ſind, ſo pflegt man zur Erſparung des Mauerwerks auch eine Anordnung zu treffen, welche man Schild und Bogen nennt. Man denke ſich eine Pfeilerreihe, welche auf einem durchlaufenden Sockel ruht; oberhalb denke man ſich die Pfeiler durch Mauerbogen geſchloſſen, und die Zwiſchenräume, welche die Pfeiler bilden, durch ſchwächere Mauerſtücken ausgefüllt als die Pfeiler ſelbſt dick ſind (etwa halb ſo ſtark), ſo entſteht eine Mauer in Schild und Bogen. Sie wird diejenige Standfähigkeit haben, welche eine Mauer von der gan- zen Stärke der Pfeiler gehabt haben würde, und man hätte hierbei noch alles das Material geſpart, welches man zur Ausfüllung der ſogenannten Schilder hätte verwenden müſſen. Bildet eine Mauer eine Ecke, ſo wird ihre Standfähigkeit auf dieſem Punkte um ſo größer ſein, je näher der Winkel, welchen die Ecke bildet, einem rechten Winkel iſt. Mauern welche ein Viereck bilden ſind einzeln, wechſelſeitig als ſolche Mauern zu betrachten, welche an den Endigungen hinlänglichen Halt haben. Bei einem länglichen Viereck würden bei gleicher Höhe die Mauern eine verſchiedene Stärke dann erhalten, wenn die lange Seite länger als die doppelte Höhe wäre. Z. B. es ſei ein Viereck von 10 Fuß hohen Mauern einge- ſchloſſen. Die kurze Seite ſei 20 Fuß, die lange 60, ſo würden die kurzen Seiten 1 Fuß ſtark ohne weitere Haltepunkte anzulegen ſein, die Seiten von 60 Fuß Länge müßten aber mindeſtens 2 Haltepunkte (Strebepfeiler ꝛc.) erhalten. Mauern bis zu 8 Fuß Höhe und niedriger bedürfen auch bei der größten Länge keiner Verſtärkungen, wenn ſie verhältnißmäßig

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/116>, abgerufen am 26.04.2024.