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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Spiegelung der Retina; Stäbchen.
letter, eine Thatsache, die Fraunhofer zuerst festgestellt hat. Dann
aber muss auch jeder weiss beleuchtete Gegenstand auf die Retina
ein Bild mit farbigen Säumen werfen; dieses geschieht nun auch
und man bemerkt dieselben theils wenn man den Gegenstand nicht
genau auf die Retina einstellt, sondern im Zerstreuungskreis ansieht,
theils aber auch wenn man einen Gegenstand scharf visirt, während
man die Pupille halb zudeckt; Tourtual.

Die Augen Fernsichtiger sind mit einer stärkeren chromatischen
Aberration behaftet als die Nahsichtiger; Matthiessen.

Der Grund warum bei halbverdeckter Pupille die Farbensäume der Bilder schär-
fer hervortreten, ist in Fig. 55 erörtert. Gesetzt, es sende L weisses Licht auf ein be-

[Abbildung] Fig. 55.
liebiges Linsensystem, so
wird hinter der Linse das
weisse Licht in seine far-
bigen Componenten zer-
legt sein, und zwar wer-
den in dem Zerstreuungs-
kreis Z Z die Farben so
aufeinander, dass an der
Peripherie desselben vio-
lett v v und im Mittel-
punkt roth r zu liegen
kommt. -- Setzen wir nun
die Retina in den Ort
höchster Lichtconcen-
tration N N, so wird das zerlegte Weiss des untern Strahls sich mischen mit dem
zerlegten Weiss des obern, mit andern Worten: es wird sich die Zerstreuung der
beiden Strahlen compensiren; diese Compensation hört aber sogleich auf, wenn
man den einen Strahl abschneidet, während man den andern noch eintreten lässt.
Diese Betrachtung lehrt, dass nach Verdeckung der rechten Pupillenhälfte die
Farbensäume in umgekehrter Ordnung auftreten als nach Verdeckung der linken
Hälfte. Ferner zeigt sie, dass wir genau genommen immer nur Zerstreuungskreise
sehen. --

Einrichtungen zur Spiegelung der Lichtstrahlen im
Auge.

An der Grenze zweier Mittel, die ein Lichtstrahl überschreitet,
wird immer Licht zurückgeworfen; demnach muss auch das Auge
auf innern und äusseren Flächen Spiegelungen zeigen. Diese Spie-
gelungen würden noch sehr viel beträchtlicher sein, wenn nicht ein
grosser Theil der Augenflächen mit einem lichteinsaugenden Stoffe,
dem schwarzen Pigment, ausgekleidet wäre.

1. Spiegelung des Lichtes, welches auf der Retina zu einem
Brennpunkt vereinigt war *). Bei der grossen Durchsichtigkeit der
nervigten Retinatheile dringen die in ihnen zu einem Punkte verei-
nigten Strahlen durch sie hindurch und gelangen zunächst auf die
sogenannte Stäbchenschicht. Da diese nichts anders darstellt als

*) Brücke, über die physiologische Bedeutung der stabförmigen Körper und der Zwillings-
zapfen in den Augen. Müllers Archiv 1844.

Spiegelung der Retina; Stäbchen.
letter, eine Thatsache, die Fraunhofer zuerst festgestellt hat. Dann
aber muss auch jeder weiss beleuchtete Gegenstand auf die Retina
ein Bild mit farbigen Säumen werfen; dieses geschieht nun auch
und man bemerkt dieselben theils wenn man den Gegenstand nicht
genau auf die Retina einstellt, sondern im Zerstreuungskreis ansieht,
theils aber auch wenn man einen Gegenstand scharf visirt, während
man die Pupille halb zudeckt; Tourtual.

Die Augen Fernsichtiger sind mit einer stärkeren chromatischen
Aberration behaftet als die Nahsichtiger; Matthiessen.

Der Grund warum bei halbverdeckter Pupille die Farbensäume der Bilder schär-
fer hervortreten, ist in Fig. 55 erörtert. Gesetzt, es sende L weisses Licht auf ein be-

[Abbildung] Fig. 55.
liebiges Linsensystem, so
wird hinter der Linse das
weisse Licht in seine far-
bigen Componenten zer-
legt sein, und zwar wer-
den in dem Zerstreuungs-
kreis Z Z die Farben so
aufeinander, dass an der
Peripherie desselben vio-
lett v v und im Mittel-
punkt roth r zu liegen
kommt. — Setzen wir nun
die Retina in den Ort
höchster Lichtconcen-
tration N N, so wird das zerlegte Weiss des untern Strahls sich mischen mit dem
zerlegten Weiss des obern, mit andern Worten: es wird sich die Zerstreuung der
beiden Strahlen compensiren; diese Compensation hört aber sogleich auf, wenn
man den einen Strahl abschneidet, während man den andern noch eintreten lässt.
Diese Betrachtung lehrt, dass nach Verdeckung der rechten Pupillenhälfte die
Farbensäume in umgekehrter Ordnung auftreten als nach Verdeckung der linken
Hälfte. Ferner zeigt sie, dass wir genau genommen immer nur Zerstreuungskreise
sehen. —

Einrichtungen zur Spiegelung der Lichtstrahlen im
Auge.

An der Grenze zweier Mittel, die ein Lichtstrahl überschreitet,
wird immer Licht zurückgeworfen; demnach muss auch das Auge
auf innern und äusseren Flächen Spiegelungen zeigen. Diese Spie-
gelungen würden noch sehr viel beträchtlicher sein, wenn nicht ein
grosser Theil der Augenflächen mit einem lichteinsaugenden Stoffe,
dem schwarzen Pigment, ausgekleidet wäre.

1. Spiegelung des Lichtes, welches auf der Retina zu einem
Brennpunkt vereinigt war *). Bei der grossen Durchsichtigkeit der
nervigten Retinatheile dringen die in ihnen zu einem Punkte verei-
nigten Strahlen durch sie hindurch und gelangen zunächst auf die
sogenannte Stäbchenschicht. Da diese nichts anders darstellt als

*) Brücke, über die physiologische Bedeutung der stabförmigen Körper und der Zwillings-
zapfen in den Augen. Müllers Archiv 1844.
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[220/0234] Spiegelung der Retina; Stäbchen. letter, eine Thatsache, die Fraunhofer zuerst festgestellt hat. Dann aber muss auch jeder weiss beleuchtete Gegenstand auf die Retina ein Bild mit farbigen Säumen werfen; dieses geschieht nun auch und man bemerkt dieselben theils wenn man den Gegenstand nicht genau auf die Retina einstellt, sondern im Zerstreuungskreis ansieht, theils aber auch wenn man einen Gegenstand scharf visirt, während man die Pupille halb zudeckt; Tourtual. Die Augen Fernsichtiger sind mit einer stärkeren chromatischen Aberration behaftet als die Nahsichtiger; Matthiessen. Der Grund warum bei halbverdeckter Pupille die Farbensäume der Bilder schär- fer hervortreten, ist in Fig. 55 erörtert. Gesetzt, es sende L weisses Licht auf ein be- [Abbildung Fig. 55.] liebiges Linsensystem, so wird hinter der Linse das weisse Licht in seine far- bigen Componenten zer- legt sein, und zwar wer- den in dem Zerstreuungs- kreis Z Z die Farben so aufeinander, dass an der Peripherie desselben vio- lett v v und im Mittel- punkt roth r zu liegen kommt. — Setzen wir nun die Retina in den Ort höchster Lichtconcen- tration N N, so wird das zerlegte Weiss des untern Strahls sich mischen mit dem zerlegten Weiss des obern, mit andern Worten: es wird sich die Zerstreuung der beiden Strahlen compensiren; diese Compensation hört aber sogleich auf, wenn man den einen Strahl abschneidet, während man den andern noch eintreten lässt. Diese Betrachtung lehrt, dass nach Verdeckung der rechten Pupillenhälfte die Farbensäume in umgekehrter Ordnung auftreten als nach Verdeckung der linken Hälfte. Ferner zeigt sie, dass wir genau genommen immer nur Zerstreuungskreise sehen. — Einrichtungen zur Spiegelung der Lichtstrahlen im Auge. An der Grenze zweier Mittel, die ein Lichtstrahl überschreitet, wird immer Licht zurückgeworfen; demnach muss auch das Auge auf innern und äusseren Flächen Spiegelungen zeigen. Diese Spie- gelungen würden noch sehr viel beträchtlicher sein, wenn nicht ein grosser Theil der Augenflächen mit einem lichteinsaugenden Stoffe, dem schwarzen Pigment, ausgekleidet wäre. 1. Spiegelung des Lichtes, welches auf der Retina zu einem Brennpunkt vereinigt war *). Bei der grossen Durchsichtigkeit der nervigten Retinatheile dringen die in ihnen zu einem Punkte verei- nigten Strahlen durch sie hindurch und gelangen zunächst auf die sogenannte Stäbchenschicht. Da diese nichts anders darstellt als *) Brücke, über die physiologische Bedeutung der stabförmigen Körper und der Zwillings- zapfen in den Augen. Müllers Archiv 1844.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/234>, abgerufen am 19.03.2024.