seinem Tempel, den er vor sich erbauet hat, wir müssen JESU nur zuschauen; sein Leben, Blut und Glori ist ohne End, wann das in uns ist, so werden wir wohl darmit können zufrieden seyn.
Ein Baum, der sich einbildete, die Früchte seyen vor ihne, und sie nicht wollte abbrechen und geniessen lassen, dessen Früchten wür- den wohl auf ihm verfaulen, er selbst aber als untüchtig abgehauen werden.
Die Ver- saumnuß dieser Pflicht ist Ursach an vieler Acr- gernuß.
§. 7. GOTT will allein Hauß-HErr seyn, und du must dich selbst hinaus stossen, dich selbst verlieren, vergessen, dein eigen Leben hassen, und dein eigener abgesagter Feind werden, soll GOTT freundlich in und bey dir wohnen, und dich mit Christo voll füllen a. Aus Mangel solches gäntzlichen Abkündens der Welt und des Flei- sches geschiehet es, daß viele von den so genannten Pietisten ihren Neben-Menschen mehr ärgerlich als zum Himmelreich förderlich sind, und daß auch der mehrer Theil von ihnen so langsam dazu kommt, den Trost, reine Krafft und Licht des Heiligen Geistes, den star- cken, liechten, süssen Muth, und freye Lust zum schmalen Weg zu erfahren: Weil ihnen die Lection der Verlaugnung so gar kaum ein will; Mancher ist schon zwantzig, dreyßig Jahre zu Christo verdin- get, und bey ihme in den Lehr-Jahren und hat noch nichts ergrif- fen noch angefangen zu treiben, was JESUS getrieben und be- fohlen hat; ist das nicht eine blutige Schand, dreyßig Jahr beym Handwerck seyn und doch noch nichts können, das gibt zuletzt Stümpler ab, die sich auf Betrug und Heucheley legen, aber wer fälschlen will, der packe sich fort von diesem Kram-Laden hinweg, sonst wird er zuletzt denen Teufflen und Menschen zum Gespött wer- den.
Das zwey und zwantzigste Capitel. Reiffe und tieffe Uberlegung, was ein armer sündiger Mensch an dem gekreutzigten und unendlich verklärten Heyland habe, bewegt das Hertz ungemein, einen ungesaumten schnellen und redlichen Kauff zu thun.
§. 1.
aJoh. XII. 20-26.
Betrachtungen
ſeinem Tempel, den er vor ſich erbauet hat, wir muͤſſen JESU nur zuſchauen; ſein Leben, Blut und Glori iſt ohne End, wann das in uns iſt, ſo werden wir wohl darmit koͤnnen zufrieden ſeyn.
Ein Baum, der ſich einbildete, die Fruͤchte ſeyen vor ihne, und ſie nicht wollte abbrechen und genieſſen laſſen, deſſen Fruͤchten wuͤr- den wohl auf ihm verfaulen, er ſelbſt aber als untuͤchtig abgehauen werden.
Die Ver- ſaumnuß dieſer Pflicht iſt Urſach an vieler Acꝛ- gernuß.
§. 7. GOTT will allein Hauß-HErr ſeyn, und du muſt dich ſelbſt hinaus ſtoſſen, dich ſelbſt verlieren, vergeſſen, dein eigen Leben haſſen, und dein eigener abgeſagter Feind werden, ſoll GOTT freundlich in und bey dir wohnen, und dich mit Chriſto voll fuͤllen a. Aus Mangel ſolches gaͤntzlichen Abkuͤndens der Welt und des Flei- ſches geſchiehet es, daß viele von den ſo genannten Pietiſten ihren Neben-Menſchen mehr aͤrgerlich als zum Himmelreich foͤrderlich ſind, und daß auch der mehrer Theil von ihnen ſo langſam dazu kommt, den Troſt, reine Krafft und Licht des Heiligen Geiſtes, den ſtar- cken, liechten, ſuͤſſen Muth, und freye Luſt zum ſchmalen Weg zu erfahren: Weil ihnen die Lection der Verlaugnung ſo gar kaum ein will; Mancher iſt ſchon zwantzig, dreyßig Jahre zu Chriſto verdin- get, und bey ihme in den Lehr-Jahren und hat noch nichts ergrif- fen noch angefangen zu treiben, was JESUS getrieben und be- fohlen hat; iſt das nicht eine blutige Schand, dreyßig Jahr beym Handwerck ſeyn und doch noch nichts koͤnnen, das gibt zuletzt Stuͤmpler ab, die ſich auf Betrug und Heucheley legen, aber wer faͤlſchlen will, der packe ſich fort von dieſem Kram-Laden hinweg, ſonſt wird er zuletzt denen Teufflen und Menſchen zum Geſpoͤtt wer- den.
Das zwey und zwantzigſte Capitel. Reiffe und tieffe Uberlegung, was ein armer ſuͤndiger Menſch an dem gekreutzigten und unendlich verklaͤrten Heyland habe, bewegt das Hertz ungemein, einen ungeſaumten ſchnellen und redlichen Kauff zu thun.
§. 1.
aJoh. XII. 20-26.
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nur zuſchauen; ſein Leben, Blut und Glori iſt ohne End, wann
das in uns iſt, ſo werden wir wohl darmit koͤnnen zufrieden ſeyn.
Ein Baum, der ſich einbildete, die Fruͤchte ſeyen vor ihne, und
ſie nicht wollte abbrechen und genieſſen laſſen, deſſen Fruͤchten wuͤr-
den wohl auf ihm verfaulen, er ſelbſt aber als untuͤchtig abgehauen
werden.
§. 7. GOTT will allein Hauß-HErr ſeyn, und du muſt dich
ſelbſt hinaus ſtoſſen, dich ſelbſt verlieren, vergeſſen, dein eigen Leben
haſſen, und dein eigener abgeſagter Feind werden, ſoll GOTT
freundlich in und bey dir wohnen, und dich mit Chriſto voll fuͤllen a.
Aus Mangel ſolches gaͤntzlichen Abkuͤndens der Welt und des Flei-
ſches geſchiehet es, daß viele von den ſo genannten Pietiſten ihren
Neben-Menſchen mehr aͤrgerlich als zum Himmelreich foͤrderlich ſind,
und daß auch der mehrer Theil von ihnen ſo langſam dazu kommt,
den Troſt, reine Krafft und Licht des Heiligen Geiſtes, den ſtar-
cken, liechten, ſuͤſſen Muth, und freye Luſt zum ſchmalen Weg zu
erfahren: Weil ihnen die Lection der Verlaugnung ſo gar kaum ein
will; Mancher iſt ſchon zwantzig, dreyßig Jahre zu Chriſto verdin-
get, und bey ihme in den Lehr-Jahren und hat noch nichts ergrif-
fen noch angefangen zu treiben, was JESUS getrieben und be-
fohlen hat; iſt das nicht eine blutige Schand, dreyßig Jahr beym
Handwerck ſeyn und doch noch nichts koͤnnen, das gibt zuletzt
Stuͤmpler ab, die ſich auf Betrug und Heucheley legen, aber wer
faͤlſchlen will, der packe ſich fort von dieſem Kram-Laden hinweg,
ſonſt wird er zuletzt denen Teufflen und Menſchen zum Geſpoͤtt wer-
den.
Das zwey und zwantzigſte Capitel.
Reiffe und tieffe Uberlegung, was ein armer ſuͤndiger Menſch an
dem gekreutzigten und unendlich verklaͤrten Heyland habe, bewegt das
Hertz ungemein, einen ungeſaumten ſchnellen und redlichen Kauff zu
thun.
§. 1.
a Joh. XII. 20-26.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 876. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/972>, abgerufen am 23.11.2024.
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