und einem zum Genuß GOttes und Gesellschafft der H. Englen be- ruffenen Menschen gantz unanständige Neigungen, die die elendigen Thoren dermahleins theur genug bezahlen und in unendlichem Jammer büssen müssen.
Dessen letste Wort.
§. 10. Seine letzte Wort, die er ein kleine Stund vor seiner Ab- fahrt mit grossem Weheklagen ausgeruffen, waren diese, es ist Bott- schafft kommen, daß keine Gnad mehr sey vor mich, weilen ich das rechte Wesen versaumt, ich hab mein Urtheil empfangen es ist kein Gnade mehr vor mich, noch fragte er einen Freund, der ihm bey ge- sunden Tagen sehr lieb ware, als er ein halb Stund ohngefehr vor seinem End ins Gemach hinein tratt des Morgens früh, ob er diese Nacht wohl geschlaffen, dann es ward diesem Freund sein jämmerlicher Zustand offenbahr, wie schlechtlich es um seine Seel stehe, und eben da- rum meinte er dieser Freund werde seinetwegen wenig geschlaffen, son- dern diese Nacht in schmertzlichem ängstlichem Mitleyden hingebracht haben, der Anblick dieses Freunds erinnerte ihn seiner eigenen Seelen Zustands, welchen er ihm offt so gar lebendig vorzustellen gewußt, dahe- ro ware ihm in dieser letzten Noth dessen Gegenwart wie ein heisses Feuer, so ihme eine Hertz-klemmende Angst und Bangigkeit verursa- chet, darum ers zu verbergen trachtete so gut er könnte, und erzeigte sich munter und muthig, auf daß er nicht von ihme den Verweiß hören müßte, er habe ihm offt prophezeyet, seine Sach werde endlich ein sol- chen Ausgang nehmen, er aber habe es niemahlen glauben wollen, son- dern allezeit den Wahn behalten, es stehe besser mit ihm, einmahl nicht so gefährlich wie ers ihm machen wollen. Er bliebe also bey gutem Verstand biß an sein End, da seine Seel ausfuhr zu erscheinen vor dem gläntzenden Richter, nach siebentägiger Kranckheit, wie ein Fisch auf dem Trocknen nach langem Zablen verschmachtet.
Das dritte Capitel. Was wir aus dieser Geschicht zu lernen haben.
Aus die- ser Ge- schicht leuchtet hervor GOttes Herrlich- keit.
§. 1. Aus dieser Geschicht sollen wir lernen erkennen, GOT- TES Herrlichkeit, der Seelen Kostbarkeit, der Sünden Gifft und Stachel, der Feinden unverdrossene Nachstellungen, die Un- schätzbarkeit der Zeit, und des Menschen wahre Klugheit; GOT- TES Liebe ist so geschäfftig den Menschen zu locken, und wieder in den Stand der Heiligkeit und Seligkeit zu setzen, daraus er gefal-
len,
Jaͤmmerlicher Abſcheid
und einem zum Genuß GOttes und Geſellſchafft der H. Englen be- ruffenen Menſchen gantz unanſtaͤndige Neigungen, die die elendigen Thoren dermahleins theur genug bezahlen und in unendlichem Jammer buͤſſen muͤſſen.
Deſſen letſte Wort.
§. 10. Seine letzte Wort, die er ein kleine Stund vor ſeiner Ab- fahrt mit groſſem Weheklagen ausgeruffen, waren dieſe, es iſt Bott- ſchafft kommen, daß keine Gnad mehr ſey vor mich, weilen ich das rechte Weſen verſaumt, ich hab mein Urtheil empfangen es iſt kein Gnade mehr vor mich, noch fragte er einen Freund, der ihm bey ge- ſunden Tagen ſehr lieb ware, als er ein halb Stund ohngefehr vor ſeinem End ins Gemach hinein tratt des Morgens fruͤh, ob er dieſe Nacht wohl geſchlaffen, dann es ward dieſem Freund ſein jaͤmmerlicher Zuſtand offenbahr, wie ſchlechtlich es um ſeine Seel ſtehe, und eben da- rum meinte er dieſer Freund werde ſeinetwegen wenig geſchlaffen, ſon- dern dieſe Nacht in ſchmertzlichem aͤngſtlichem Mitleyden hingebracht haben, der Anblick dieſes Freunds erinnerte ihn ſeiner eigenen Seelen Zuſtands, welchen er ihm offt ſo gar lebendig vorzuſtellen gewußt, dahe- ro ware ihm in dieſer letzten Noth deſſen Gegenwart wie ein heiſſes Feuer, ſo ihme eine Hertz-klemmende Angſt und Bangigkeit verurſa- chet, darum ers zu verbergen trachtete ſo gut er koͤnnte, und erzeigte ſich munter und muthig, auf daß er nicht von ihme den Verweiß hoͤren muͤßte, er habe ihm offt prophezeyet, ſeine Sach werde endlich ein ſol- chen Ausgang nehmen, er aber habe es niemahlen glauben wollen, ſon- dern allezeit den Wahn behalten, es ſtehe beſſer mit ihm, einmahl nicht ſo gefaͤhrlich wie ers ihm machen wollen. Er bliebe alſo bey gutem Verſtand biß an ſein End, da ſeine Seel ausfuhr zu erſcheinen vor dem glaͤntzenden Richter, nach ſiebentaͤgiger Kranckheit, wie ein Fiſch auf dem Trocknen nach langem Zablen verſchmachtet.
Das dritte Capitel. Was wir aus dieſer Geſchicht zu lernen haben.
Aus die- ſer Ge- ſchicht leuchtet hervor GOttes Herrlich- keit.
§. 1. Aus dieſer Geſchicht ſollen wir lernen erkennen, GOT- TES Herrlichkeit, der Seelen Koſtbarkeit, der Suͤnden Gifft und Stachel, der Feinden unverdroſſene Nachſtellungen, die Un- ſchaͤtzbarkeit der Zeit, und des Menſchen wahre Klugheit; GOT- TES Liebe iſt ſo geſchaͤfftig den Menſchen zu locken, und wieder in den Stand der Heiligkeit und Seligkeit zu ſetzen, daraus er gefal-
len,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0768"n="672"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Jaͤmmerlicher Abſcheid</hi></fw><lb/>
und einem zum Genuß GOttes und Geſellſchafft der H. Englen be-<lb/>
ruffenen Menſchen gantz unanſtaͤndige Neigungen, die die elendigen<lb/>
Thoren dermahleins theur genug bezahlen und in unendlichem Jammer<lb/>
buͤſſen muͤſſen.</p><lb/><noteplace="left">Deſſen<lb/>
letſte<lb/>
Wort.</note><p>§. 10. Seine letzte Wort, die er ein kleine Stund vor ſeiner Ab-<lb/>
fahrt mit groſſem Weheklagen ausgeruffen, waren dieſe, es iſt Bott-<lb/>ſchafft kommen, daß keine Gnad mehr ſey vor mich, weilen ich das<lb/>
rechte Weſen verſaumt, ich hab mein Urtheil empfangen es iſt kein<lb/>
Gnade mehr vor mich, noch fragte er einen Freund, der ihm bey ge-<lb/>ſunden Tagen ſehr lieb ware, als er ein halb Stund ohngefehr vor<lb/>ſeinem End ins Gemach hinein tratt des Morgens fruͤh, ob er dieſe<lb/>
Nacht wohl geſchlaffen, dann es ward dieſem Freund ſein jaͤmmerlicher<lb/>
Zuſtand offenbahr, wie ſchlechtlich es um ſeine Seel ſtehe, und eben da-<lb/>
rum meinte er dieſer Freund werde ſeinetwegen wenig geſchlaffen, ſon-<lb/>
dern dieſe Nacht in ſchmertzlichem aͤngſtlichem Mitleyden hingebracht<lb/>
haben, der Anblick dieſes Freunds erinnerte ihn ſeiner eigenen Seelen<lb/>
Zuſtands, welchen er ihm offt ſo gar lebendig vorzuſtellen gewußt, dahe-<lb/>
ro ware ihm in dieſer letzten Noth deſſen Gegenwart wie ein heiſſes<lb/>
Feuer, ſo ihme eine Hertz-klemmende Angſt und Bangigkeit verurſa-<lb/>
chet, darum ers zu verbergen trachtete ſo gut er koͤnnte, und erzeigte<lb/>ſich munter und muthig, auf daß er nicht von ihme den Verweiß hoͤren<lb/>
muͤßte, er habe ihm offt prophezeyet, ſeine Sach werde endlich ein ſol-<lb/>
chen Ausgang nehmen, er aber habe es niemahlen glauben wollen, ſon-<lb/>
dern allezeit den Wahn behalten, es ſtehe beſſer mit ihm, einmahl nicht<lb/>ſo gefaͤhrlich wie ers ihm machen wollen. Er bliebe alſo bey gutem<lb/>
Verſtand biß an ſein End, da ſeine Seel ausfuhr zu erſcheinen vor dem<lb/>
glaͤntzenden Richter, nach ſiebentaͤgiger Kranckheit, wie ein Fiſch auf<lb/>
dem Trocknen nach langem Zablen verſchmachtet.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Das dritte Capitel.</hi><lb/><hirendition="#fr">Was wir aus dieſer Geſchicht zu lernen haben.</hi></head><lb/><noteplace="left">Aus die-<lb/>ſer Ge-<lb/>ſchicht<lb/>
leuchtet<lb/>
hervor<lb/>
GOttes<lb/>
Herrlich-<lb/>
keit.</note><p>§. 1. Aus dieſer Geſchicht ſollen wir lernen erkennen, GOT-<lb/>
TES Herrlichkeit, der Seelen Koſtbarkeit, der Suͤnden Gifft<lb/>
und Stachel, der Feinden unverdroſſene Nachſtellungen, die Un-<lb/>ſchaͤtzbarkeit der Zeit, und des Menſchen wahre Klugheit; GOT-<lb/>
TES Liebe iſt ſo geſchaͤfftig den Menſchen zu locken, und wieder<lb/>
in den Stand der Heiligkeit und Seligkeit zu ſetzen, daraus er gefal-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">len,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[672/0768]
Jaͤmmerlicher Abſcheid
und einem zum Genuß GOttes und Geſellſchafft der H. Englen be-
ruffenen Menſchen gantz unanſtaͤndige Neigungen, die die elendigen
Thoren dermahleins theur genug bezahlen und in unendlichem Jammer
buͤſſen muͤſſen.
§. 10. Seine letzte Wort, die er ein kleine Stund vor ſeiner Ab-
fahrt mit groſſem Weheklagen ausgeruffen, waren dieſe, es iſt Bott-
ſchafft kommen, daß keine Gnad mehr ſey vor mich, weilen ich das
rechte Weſen verſaumt, ich hab mein Urtheil empfangen es iſt kein
Gnade mehr vor mich, noch fragte er einen Freund, der ihm bey ge-
ſunden Tagen ſehr lieb ware, als er ein halb Stund ohngefehr vor
ſeinem End ins Gemach hinein tratt des Morgens fruͤh, ob er dieſe
Nacht wohl geſchlaffen, dann es ward dieſem Freund ſein jaͤmmerlicher
Zuſtand offenbahr, wie ſchlechtlich es um ſeine Seel ſtehe, und eben da-
rum meinte er dieſer Freund werde ſeinetwegen wenig geſchlaffen, ſon-
dern dieſe Nacht in ſchmertzlichem aͤngſtlichem Mitleyden hingebracht
haben, der Anblick dieſes Freunds erinnerte ihn ſeiner eigenen Seelen
Zuſtands, welchen er ihm offt ſo gar lebendig vorzuſtellen gewußt, dahe-
ro ware ihm in dieſer letzten Noth deſſen Gegenwart wie ein heiſſes
Feuer, ſo ihme eine Hertz-klemmende Angſt und Bangigkeit verurſa-
chet, darum ers zu verbergen trachtete ſo gut er koͤnnte, und erzeigte
ſich munter und muthig, auf daß er nicht von ihme den Verweiß hoͤren
muͤßte, er habe ihm offt prophezeyet, ſeine Sach werde endlich ein ſol-
chen Ausgang nehmen, er aber habe es niemahlen glauben wollen, ſon-
dern allezeit den Wahn behalten, es ſtehe beſſer mit ihm, einmahl nicht
ſo gefaͤhrlich wie ers ihm machen wollen. Er bliebe alſo bey gutem
Verſtand biß an ſein End, da ſeine Seel ausfuhr zu erſcheinen vor dem
glaͤntzenden Richter, nach ſiebentaͤgiger Kranckheit, wie ein Fiſch auf
dem Trocknen nach langem Zablen verſchmachtet.
Das dritte Capitel.
Was wir aus dieſer Geſchicht zu lernen haben.
§. 1. Aus dieſer Geſchicht ſollen wir lernen erkennen, GOT-
TES Herrlichkeit, der Seelen Koſtbarkeit, der Suͤnden Gifft
und Stachel, der Feinden unverdroſſene Nachſtellungen, die Un-
ſchaͤtzbarkeit der Zeit, und des Menſchen wahre Klugheit; GOT-
TES Liebe iſt ſo geſchaͤfftig den Menſchen zu locken, und wieder
in den Stand der Heiligkeit und Seligkeit zu ſetzen, daraus er gefal-
len,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/768>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.