Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Weyhnachts-Gedancken.
Und gib mir zur Vollkommenheit
Den Glantz von dessen Herrlichkeit!
Das zweyte Capitel.
Das grosse Glück das dem elenden Menschen in dieser Geburt wie-
derfähret.
Die Liebe
hat JE-
SUM ge-
drungen
ein Mensch
zu werden,

§. 1. Frag. Was hat aber dieser allerhöchste GOttes Sohn aus
grosser Liebe für uns arme Sünder gethan? Antwort. Er ist
Mensch worden. Ach wer sollte nicht vor Freuden und Erstaunen
sich in dem Meer Göttlicher Wunderen versencken, alles darob fah-
ren lassen und vergessen, und forthin von nichts mehr begehren zu
wissen, zu hören und zu gedencken, als von diesem Jmmanuel a?

O JESU süß! wer dein gedenckt,
Des Hertz mit Freud wird überschwenckt:
Noch süsser aber alles ist,
Wo du, O JESU! selber bist.

Dieser ist der versprochene Jungfrauen Sohn b, die warhafftige
von den Vätteren erwartete Sonne c, die Himmel-gläntzende
Perle d.

Nachdem die Patriarchen und alle Gläubigen, welche den Heil.
Geist hatten, bey vier tausend Jahr lang darum gebetten, ist er
zuletzt kommen, und hat sich freundlich eingestellet nach des Vatters
ewigem Vorsatz. Diß ist das grosse Geheimniß, GOtt geof-
fenbahret im Fleisch e; GOtt mein Bruder und nächster
Bluts-Freund, GOtt ein Kind, das man in die Arme nehmen,
hertzen und küssen kan; GOtt mein holdseeligstes Brüderlein, der
GOtt der Herrlichkeit, das höchste Gut, ein kleines artiges Knäb-
lein, wahrer GOtt und wahrer Mensch, und doch nur eine Per-
son, ohne daß jemahl in alle Ewigkeit mehr getrennet werde die per-
sönliche unaussprechliche Verbindung zweyer so unendlich-verschiede-
nen und ungleichen Wesen; doch aber auch ohne Verwandlung oder
Vermischung der Göttlichen und menschlichen Natur.

§. 2. Die
a 1 Cor. II. 2.
b Esai. VII.
c Mal. IV.
d Matth. XIII.
e 1 Tim.
II. 16.
Weyhnachts-Gedancken.
Und gib mir zur Vollkommenheit
Den Glantz von deſſen Herrlichkeit!
Das zweyte Capitel.
Das groſſe Gluͤck das dem elenden Menſchen in dieſer Geburt wie-
derfaͤhret.
Die Liebe
hat JE-
SUM ge-
drungen
ein Menſch
zu werden,

§. 1. Frag. Was hat aber dieſer allerhoͤchſte GOttes Sohn aus
groſſer Liebe fuͤr uns arme Suͤnder gethan? Antwort. Er iſt
Menſch worden. Ach wer ſollte nicht vor Freuden und Erſtaunen
ſich in dem Meer Goͤttlicher Wunderen verſencken, alles darob fah-
ren laſſen und vergeſſen, und forthin von nichts mehr begehren zu
wiſſen, zu hoͤren und zu gedencken, als von dieſem Jmmanuel a?

O JESU ſuͤß! wer dein gedenckt,
Des Hertz mit Freud wird uͤberſchwenckt:
Noch ſuͤſſer aber alles iſt,
Wo du, O JESU! ſelber biſt.

Dieſer iſt der verſprochene Jungfrauen Sohn b, die warhafftige
von den Vaͤtteren erwartete Sonne c, die Himmel-glaͤntzende
Perle d.

Nachdem die Patriarchen und alle Glaͤubigen, welche den Heil.
Geiſt hatten, bey vier tauſend Jahr lang darum gebetten, iſt er
zuletzt kommen, und hat ſich freundlich eingeſtellet nach des Vatters
ewigem Vorſatz. Diß iſt das groſſe Geheimniß, GOtt geof-
fenbahret im Fleiſch e; GOtt mein Bruder und naͤchſter
Bluts-Freund, GOtt ein Kind, das man in die Arme nehmen,
hertzen und kuͤſſen kan; GOtt mein holdſeeligſtes Bruͤderlein, der
GOtt der Herrlichkeit, das hoͤchſte Gut, ein kleines artiges Knaͤb-
lein, wahrer GOtt und wahrer Menſch, und doch nur eine Per-
ſon, ohne daß jemahl in alle Ewigkeit mehr getrennet werde die per-
ſoͤnliche unausſprechliche Verbindung zweyer ſo unendlich-verſchiede-
nen und ungleichen Weſen; doch aber auch ohne Verwandlung oder
Vermiſchung der Goͤttlichen und menſchlichen Natur.

§. 2. Die
a 1 Cor. II. 2.
b Eſai. VII.
c Mal. IV.
d Matth. XIII.
e 1 Tim.
II. 16.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0692" n="596"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Weyhnachts-Gedancken.</hi> </fw><lb/>
            <l>Und gib mir zur Vollkommenheit</l><lb/>
            <l>Den Glantz von de&#x017F;&#x017F;en Herrlichkeit!</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das zweyte Capitel.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Das gro&#x017F;&#x017F;e Glu&#x0364;ck das dem elenden Men&#x017F;chen in die&#x017F;er Geburt wie-<lb/>
derfa&#x0364;hret.</hi> </head><lb/>
          <note place="left">Die Liebe<lb/>
hat JE-<lb/>
SUM ge-<lb/>
drungen<lb/>
ein Men&#x017F;ch<lb/>
zu werden,</note>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 1. Frag. Was hat aber die&#x017F;er allerho&#x0364;ch&#x017F;te GOttes Sohn aus<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Liebe fu&#x0364;r uns arme Su&#x0364;nder gethan? Antwort. Er i&#x017F;t<lb/>
Men&#x017F;ch worden. Ach wer &#x017F;ollte nicht vor Freuden und Er&#x017F;taunen<lb/>
&#x017F;ich in dem Meer Go&#x0364;ttlicher Wunderen ver&#x017F;encken, alles darob fah-<lb/>
ren la&#x017F;&#x017F;en und verge&#x017F;&#x017F;en, und forthin von nichts mehr begehren zu<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, zu ho&#x0364;ren und zu gedencken, als von die&#x017F;em Jmmanuel <note place="foot" n="a">1 <hi rendition="#aq">Cor. II.</hi> 2.</note>?</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>O JESU &#x017F;u&#x0364;ß! wer dein gedenckt,</l><lb/>
            <l>Des Hertz mit Freud wird u&#x0364;ber&#x017F;chwenckt:</l><lb/>
            <l>Noch &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er aber alles i&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Wo du, O JESU! &#x017F;elber bi&#x017F;t.</l>
          </lg><lb/>
          <p>Die&#x017F;er i&#x017F;t der ver&#x017F;prochene Jungfrauen Sohn <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">E&#x017F;ai. VII.</hi></note>, die warhafftige<lb/>
von den Va&#x0364;tteren erwartete Sonne <note place="foot" n="c"><hi rendition="#aq">Mal. IV.</hi></note>, die Himmel-gla&#x0364;ntzende<lb/>
Perle <note place="foot" n="d"><hi rendition="#aq">Matth. XIII.</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Nachdem die Patriarchen und alle Gla&#x0364;ubigen, welche den Heil.<lb/>
Gei&#x017F;t hatten, bey vier tau&#x017F;end Jahr lang darum gebetten, i&#x017F;t er<lb/>
zuletzt kommen, und hat &#x017F;ich freundlich einge&#x017F;tellet nach des Vatters<lb/>
ewigem Vor&#x017F;atz. Diß i&#x017F;t das gro&#x017F;&#x017F;e Geheimniß, <hi rendition="#fr">GOtt geof-<lb/>
fenbahret im Flei&#x017F;ch</hi> <note place="foot" n="e">1 <hi rendition="#aq">Tim.<lb/>
II.</hi> 16.</note>; GOtt mein Bruder und na&#x0364;ch&#x017F;ter<lb/>
Bluts-Freund, GOtt ein Kind, das man in die Arme nehmen,<lb/>
hertzen und ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en kan; GOtt mein hold&#x017F;eelig&#x017F;tes Bru&#x0364;derlein, der<lb/>
GOtt der Herrlichkeit, das ho&#x0364;ch&#x017F;te Gut, ein kleines artiges Kna&#x0364;b-<lb/>
lein, wahrer GOtt und wahrer Men&#x017F;ch, und doch nur eine Per-<lb/>
&#x017F;on, ohne daß jemahl in alle Ewigkeit mehr getrennet werde die per-<lb/>
&#x017F;o&#x0364;nliche unaus&#x017F;prechliche Verbindung zweyer &#x017F;o unendlich-ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen und ungleichen We&#x017F;en; doch aber auch ohne Verwandlung oder<lb/>
Vermi&#x017F;chung der Go&#x0364;ttlichen und men&#x017F;chlichen Natur.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 2. Die</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[596/0692] Weyhnachts-Gedancken. Und gib mir zur Vollkommenheit Den Glantz von deſſen Herrlichkeit! Das zweyte Capitel. Das groſſe Gluͤck das dem elenden Menſchen in dieſer Geburt wie- derfaͤhret. §. 1. Frag. Was hat aber dieſer allerhoͤchſte GOttes Sohn aus groſſer Liebe fuͤr uns arme Suͤnder gethan? Antwort. Er iſt Menſch worden. Ach wer ſollte nicht vor Freuden und Erſtaunen ſich in dem Meer Goͤttlicher Wunderen verſencken, alles darob fah- ren laſſen und vergeſſen, und forthin von nichts mehr begehren zu wiſſen, zu hoͤren und zu gedencken, als von dieſem Jmmanuel a? O JESU ſuͤß! wer dein gedenckt, Des Hertz mit Freud wird uͤberſchwenckt: Noch ſuͤſſer aber alles iſt, Wo du, O JESU! ſelber biſt. Dieſer iſt der verſprochene Jungfrauen Sohn b, die warhafftige von den Vaͤtteren erwartete Sonne c, die Himmel-glaͤntzende Perle d. Nachdem die Patriarchen und alle Glaͤubigen, welche den Heil. Geiſt hatten, bey vier tauſend Jahr lang darum gebetten, iſt er zuletzt kommen, und hat ſich freundlich eingeſtellet nach des Vatters ewigem Vorſatz. Diß iſt das groſſe Geheimniß, GOtt geof- fenbahret im Fleiſch e; GOtt mein Bruder und naͤchſter Bluts-Freund, GOtt ein Kind, das man in die Arme nehmen, hertzen und kuͤſſen kan; GOtt mein holdſeeligſtes Bruͤderlein, der GOtt der Herrlichkeit, das hoͤchſte Gut, ein kleines artiges Knaͤb- lein, wahrer GOtt und wahrer Menſch, und doch nur eine Per- ſon, ohne daß jemahl in alle Ewigkeit mehr getrennet werde die per- ſoͤnliche unausſprechliche Verbindung zweyer ſo unendlich-verſchiede- nen und ungleichen Weſen; doch aber auch ohne Verwandlung oder Vermiſchung der Goͤttlichen und menſchlichen Natur. §. 2. Die a 1 Cor. II. 2. b Eſai. VII. c Mal. IV. d Matth. XIII. e 1 Tim. II. 16.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/692
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/692>, abgerufen am 21.11.2024.