etwan durchbrechen könnte, um zu der Gnaden-Quelle zu gelangen; aber alles umsonst; die Noth wird immer grösser, und die Feind stür- men immmer hefftiger auf die Seele loß.
Warum es GOtt zulasse.
§. 10. Dieses alles laßt GOtt geschehen, damit man erkennen ler- ne, daß er allein seye der HErr HErr der vom Tod errettet; wie auch, damit einem dardurch aller Anhang der Creaturen Gallen bitter werde;
Der Schlaff der Si- cherheit macht das Ubel är- ger.
§. 11. Je leichtsinniger aber man gewesen ist bey JEsu zu blei- ben, zu wachen und zu betten bey stillem Wetter, je grausamer und gefährlicher wird der Sturm seyn; Je schläfferiger sich die Seel zu JEsu gehalten, und je träger sie gewürcket hat bey Licht und Er- kanntnuß des Glaubens und der Gnad JEsu, je entsetzlicher und gräßlicher wird die Nacht, da niemand mehr würcken kan, in wel- che endlich die Seel gerathet; je weniger Vorrath man im Som- mer sammlet, je grösseres Darben und ängstlicheren Hunger man im Winter zu besorgen.
Solle uns vor diesem Schlaff warnen.
§. 12. Das ist was ein jeder von uns zu befahren hat, darvor uns dieses Leiden JEsu warnen sollte. Daß ich jetz, wie ich könnte und sollte, nichts sage von der gewiß und unausbleiblichen Mitter-Nacht und trübseeligen Zeit, deßgleichen nicht gewesen ist, seit deme Men- schen auf Erden seynd; welche nach vieler erleuchteter Gottsgelehrter Meynung nahe vor der Thür, und mit Gewalt herein ruckt; Ey wer sollte dann aus Betrachtung dessen doch noch nicht seine Lampen mit Oel anfüllen, und diesem Blut-schwitzenden Bräutigam entgegen gehen, und in Zeiten schauen, daß GOttes Gnaden-Reich aus JE- su in die Seel durch Glauben und betten ringen möge.
Das sechste Capitel. Nutzanwendung zur Beschältung und Beschämung.
So wenig zu den Zei- ten JEsu;
§. 1. Aber ach! wer folget JEsu nach? wer wagt sich ins Leiden mit ihm und seinen Gliederen? wer bleibet stille bey ihm, ohne daß sein Gemüth ausschweiffe und stets ja immer weiter von JEsu sich entferne, an statt zu ihme zu nahen; Damahls fande JEsus auf der gantzen weiten Welt nicht mehr als drey Menschen, die Er konn- te mit sich nehmen auf den Kampff-Platz; O ein jämmerlicher Zu- stand der damahligen Zeiten!
§. 2. Aber
Die unter der Kelter des Zorns GOttes
etwan durchbrechen koͤnnte, um zu der Gnaden-Quelle zu gelangen; aber alles umſonſt; die Noth wird immer groͤſſer, und die Feind ſtuͤr- men immmer hefftiger auf die Seele loß.
Warum es GOtt zulaſſe.
§. 10. Dieſes alles laßt GOtt geſchehen, damit man erkennen ler- ne, daß er allein ſeye der HErr HErr der vom Tod errettet; wie auch, damit einem dardurch aller Anhang der Creaturen Gallen bitter werde;
Der Schlaff der Si- cherheit macht das Ubel aͤr- ger.
§. 11. Je leichtſinniger aber man geweſen iſt bey JEſu zu blei- ben, zu wachen und zu betten bey ſtillem Wetter, je grauſamer und gefaͤhrlicher wird der Sturm ſeyn; Je ſchlaͤfferiger ſich die Seel zu JEſu gehalten, und je traͤger ſie gewuͤrcket hat bey Licht und Er- kanntnuß des Glaubens und der Gnad JEſu, je entſetzlicher und graͤßlicher wird die Nacht, da niemand mehr wuͤrcken kan, in wel- che endlich die Seel gerathet; je weniger Vorrath man im Som- mer ſammlet, je groͤſſeres Darben und aͤngſtlicheren Hunger man im Winter zu beſorgen.
Solle uns vor dieſem Schlaff warnen.
§. 12. Das iſt was ein jeder von uns zu befahren hat, darvor uns dieſes Leiden JEſu warnen ſollte. Daß ich jetz, wie ich koͤnnte und ſollte, nichts ſage von der gewiß und unausbleiblichen Mitter-Nacht und truͤbſeeligen Zeit, deßgleichen nicht geweſen iſt, ſeit deme Men- ſchen auf Erden ſeynd; welche nach vieler erleuchteter Gottsgelehrter Meynung nahe vor der Thuͤr, und mit Gewalt herein ruckt; Ey wer ſollte dann aus Betrachtung deſſen doch noch nicht ſeine Lampen mit Oel anfuͤllen, und dieſem Blut-ſchwitzenden Braͤutigam entgegen gehen, und in Zeiten ſchauen, daß GOttes Gnaden-Reich aus JE- ſu in die Seel durch Glauben und betten ringen moͤge.
Das ſechste Capitel. Nutzanwendung zur Beſchaͤltung und Beſchaͤmung.
So wenig zu den Zei- ten JEſu;
§. 1. Aber ach! wer folget JEſu nach? wer wagt ſich ins Leiden mit ihm und ſeinen Gliederen? wer bleibet ſtille bey ihm, ohne daß ſein Gemuͤth ausſchweiffe und ſtets ja immer weiter von JEſu ſich entferne, an ſtatt zu ihme zu nahen; Damahls fande JEſus auf der gantzen weiten Welt nicht mehr als drey Menſchen, die Er konn- te mit ſich nehmen auf den Kampff-Platz; O ein jaͤmmerlicher Zu- ſtand der damahligen Zeiten!
§. 2. Aber
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0534"n="438"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die unter der Kelter des Zorns GOttes</hi></fw><lb/>
etwan durchbrechen koͤnnte, um zu der Gnaden-Quelle zu gelangen;<lb/>
aber alles umſonſt; die Noth wird immer groͤſſer, und die Feind ſtuͤr-<lb/>
men immmer hefftiger auf die Seele loß.</p><lb/><noteplace="left">Warum<lb/>
es GOtt<lb/>
zulaſſe.</note><p>§. 10. Dieſes alles laßt GOtt geſchehen, damit man erkennen ler-<lb/>
ne, daß er allein ſeye der <hirendition="#fr">HErr HErr der vom Tod errettet;</hi> wie auch,<lb/>
damit einem dardurch aller Anhang der Creaturen Gallen bitter<lb/>
werde;</p><lb/><noteplace="left">Der<lb/>
Schlaff<lb/>
der Si-<lb/>
cherheit<lb/>
macht das<lb/>
Ubel aͤr-<lb/>
ger.</note><p><hirendition="#i">§.</hi> 11. Je leichtſinniger aber man geweſen iſt bey JEſu zu blei-<lb/>
ben, zu wachen und zu betten bey ſtillem Wetter, je grauſamer und<lb/>
gefaͤhrlicher wird der Sturm ſeyn; Je ſchlaͤfferiger ſich die Seel zu<lb/>
JEſu gehalten, und je traͤger ſie gewuͤrcket hat bey Licht und Er-<lb/>
kanntnuß des Glaubens und der Gnad JEſu, je entſetzlicher und<lb/>
graͤßlicher wird die Nacht, da niemand mehr wuͤrcken kan, in wel-<lb/>
che endlich die Seel gerathet; je weniger Vorrath man im Som-<lb/>
mer ſammlet, je groͤſſeres Darben und aͤngſtlicheren Hunger man im<lb/>
Winter zu beſorgen.</p><lb/><noteplace="left">Solle uns<lb/>
vor dieſem<lb/>
Schlaff<lb/>
warnen.</note><p>§. 12. Das iſt was ein jeder von uns zu befahren hat, darvor uns<lb/>
dieſes Leiden JEſu warnen ſollte. Daß ich jetz, wie ich koͤnnte und<lb/>ſollte, nichts ſage von der gewiß und unausbleiblichen Mitter-Nacht<lb/>
und truͤbſeeligen Zeit, deßgleichen nicht geweſen iſt, ſeit deme Men-<lb/>ſchen auf Erden ſeynd; welche nach vieler erleuchteter Gottsgelehrter<lb/>
Meynung nahe vor der Thuͤr, und mit Gewalt herein ruckt; Ey wer<lb/>ſollte dann aus Betrachtung deſſen doch noch nicht ſeine Lampen mit<lb/>
Oel anfuͤllen, und dieſem Blut-ſchwitzenden Braͤutigam entgegen<lb/>
gehen, und in Zeiten ſchauen, daß GOttes Gnaden-Reich aus JE-<lb/>ſu in die Seel durch Glauben und betten ringen moͤge.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Das ſechste Capitel.</hi><lb/><hirendition="#fr">Nutzanwendung zur Beſchaͤltung und Beſchaͤmung.</hi></head><lb/><noteplace="left">So wenig<lb/>
zu den Zei-<lb/>
ten JEſu;</note><p>§. 1. Aber ach! wer folget JEſu nach? wer wagt ſich ins Leiden<lb/>
mit ihm und ſeinen Gliederen? wer bleibet ſtille bey ihm, ohne daß<lb/>ſein Gemuͤth ausſchweiffe und ſtets ja immer weiter von JEſu ſich<lb/>
entferne, an ſtatt zu ihme zu nahen; Damahls fande JEſus auf<lb/>
der gantzen weiten Welt nicht mehr als drey Menſchen, die Er konn-<lb/>
te mit ſich nehmen auf den Kampff-Platz; O ein jaͤmmerlicher Zu-<lb/>ſtand der damahligen Zeiten!</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#i">§.</hi> 2. Aber</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[438/0534]
Die unter der Kelter des Zorns GOttes
etwan durchbrechen koͤnnte, um zu der Gnaden-Quelle zu gelangen;
aber alles umſonſt; die Noth wird immer groͤſſer, und die Feind ſtuͤr-
men immmer hefftiger auf die Seele loß.
§. 10. Dieſes alles laßt GOtt geſchehen, damit man erkennen ler-
ne, daß er allein ſeye der HErr HErr der vom Tod errettet; wie auch,
damit einem dardurch aller Anhang der Creaturen Gallen bitter
werde;
§. 11. Je leichtſinniger aber man geweſen iſt bey JEſu zu blei-
ben, zu wachen und zu betten bey ſtillem Wetter, je grauſamer und
gefaͤhrlicher wird der Sturm ſeyn; Je ſchlaͤfferiger ſich die Seel zu
JEſu gehalten, und je traͤger ſie gewuͤrcket hat bey Licht und Er-
kanntnuß des Glaubens und der Gnad JEſu, je entſetzlicher und
graͤßlicher wird die Nacht, da niemand mehr wuͤrcken kan, in wel-
che endlich die Seel gerathet; je weniger Vorrath man im Som-
mer ſammlet, je groͤſſeres Darben und aͤngſtlicheren Hunger man im
Winter zu beſorgen.
§. 12. Das iſt was ein jeder von uns zu befahren hat, darvor uns
dieſes Leiden JEſu warnen ſollte. Daß ich jetz, wie ich koͤnnte und
ſollte, nichts ſage von der gewiß und unausbleiblichen Mitter-Nacht
und truͤbſeeligen Zeit, deßgleichen nicht geweſen iſt, ſeit deme Men-
ſchen auf Erden ſeynd; welche nach vieler erleuchteter Gottsgelehrter
Meynung nahe vor der Thuͤr, und mit Gewalt herein ruckt; Ey wer
ſollte dann aus Betrachtung deſſen doch noch nicht ſeine Lampen mit
Oel anfuͤllen, und dieſem Blut-ſchwitzenden Braͤutigam entgegen
gehen, und in Zeiten ſchauen, daß GOttes Gnaden-Reich aus JE-
ſu in die Seel durch Glauben und betten ringen moͤge.
Das ſechste Capitel.
Nutzanwendung zur Beſchaͤltung und Beſchaͤmung.
§. 1. Aber ach! wer folget JEſu nach? wer wagt ſich ins Leiden
mit ihm und ſeinen Gliederen? wer bleibet ſtille bey ihm, ohne daß
ſein Gemuͤth ausſchweiffe und ſtets ja immer weiter von JEſu ſich
entferne, an ſtatt zu ihme zu nahen; Damahls fande JEſus auf
der gantzen weiten Welt nicht mehr als drey Menſchen, die Er konn-
te mit ſich nehmen auf den Kampff-Platz; O ein jaͤmmerlicher Zu-
ſtand der damahligen Zeiten!
§. 2. Aber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/534>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.