alle zugleich aufthun, die ersten Strahlen der holdseligen Sonne begierlich erwartende; So bald sie alsdann etliche herabfallende Thau-Tröpfflein empfangen, schliessen sie geschwind ihre Schaalen wieder zu, damit nicht irgend ein Tropffen gesaltzenes Meer-Wasser diese himmlische Empfängnuß verderbe; stürtzen sich gleich damit in die Tieffe hinab. Also wann dir GOttes ewige Gnad sein Evange- lium in dein Hertz scheinen lasset, als einen Vorbotten des baldigen Aufgangs und Erscheinung JESU in dir; so schwinge dich eylends über alle Bitterkeiten des unstäten Welt-Meers hinauf, und halte deinen innwendigen Glaubens-Grund weit offen dem edlen Geschenck, so dir die Sonne der Göttlichen Barmhertzigkeit bringet, nach der kalten, rauhen Nacht der Versuchungen; Diß Geschenck ist der H. Geist, der auch Mariam überschattet hat, und in dein Seel herab fällt aus dem Himmel der Herrlichkeit; damit JEsus in dir eine Gestalt gewinne; Ach so verwahre es sorgfältiglich als dein Alles, vor denen eindringenden Meers-Wellen des Welt-Geistes, von wel- chem du umgeben bist, und offt unerwarten und unversehen besprü- tzet wirst, so lang du auf Erden wallest; Dann aus Mangel dieses ernstlichen Verschliessens aller Begierden, Gedancken und Affecten mitten in deinen Haus- und Beruffs-Geschäfften, vor denen Einflüs- sen des bitteren Grimms, Geitzes, Wollust, Unglaubens, Hoch- muths, etc. kommen die viele Mißgeburten, und daß so wenige unta- deliche Perlen zu finden, die an Christi Cron gehören; ein einig Tröpfflein Meer-Wassers kans schon verderben und verwerfflich ma- chen; Darum wache! Wer hindurch kommen, und ins gelobte Land eindringen will, der muß leben als wäre GOTT und er allein in der Welt; und damit dir solcher Wandel gelinge, so wende dich
Das siebende Capitel.
§. 1. Demnach ab von dir selbst und deinen Kräfften; dann soMan muß von sich selbsten ab und zu JEsu sich kehren. lang der Mensch auf sich siehet, so ist er tausenderley Abwechslungen unterworffen a, und ist ihm niemahl recht wohl, bald ist er hoffärtig und verwegen, wann er auch nur eine flüchtige Brunst der Andacht
bey
aJer. XVII. 9.
S 3
einer glaubigen Seele nach JESU.
alle zugleich aufthun, die erſten Strahlen der holdſeligen Sonne begierlich erwartende; So bald ſie alsdann etliche herabfallende Thau-Troͤpfflein empfangen, ſchlieſſen ſie geſchwind ihre Schaalen wieder zu, damit nicht irgend ein Tropffen geſaltzenes Meer-Waſſer dieſe himmliſche Empfaͤngnuß verderbe; ſtuͤrtzen ſich gleich damit in die Tieffe hinab. Alſo wann dir GOttes ewige Gnad ſein Evange- lium in dein Hertz ſcheinen laſſet, als einen Vorbotten des baldigen Aufgangs und Erſcheinung JESU in dir; ſo ſchwinge dich eylends uͤber alle Bitterkeiten des unſtaͤten Welt-Meers hinauf, und halte deinen innwendigen Glaubens-Grund weit offen dem edlen Geſchenck, ſo dir die Sonne der Goͤttlichen Barmhertzigkeit bringet, nach der kalten, rauhen Nacht der Verſuchungen; Diß Geſchenck iſt der H. Geiſt, der auch Mariam uͤberſchattet hat, und in dein Seel herab faͤllt aus dem Himmel der Herrlichkeit; damit JEſus in dir eine Geſtalt gewinne; Ach ſo verwahre es ſorgfaͤltiglich als dein Alles, vor denen eindringenden Meers-Wellen des Welt-Geiſtes, von wel- chem du umgeben biſt, und offt unerwarten und unverſehen beſpruͤ- tzet wirſt, ſo lang du auf Erden walleſt; Dann aus Mangel dieſes ernſtlichen Verſchlieſſens aller Begierden, Gedancken und Affecten mitten in deinen Haus- und Beruffs-Geſchaͤfften, vor denen Einfluͤſ- ſen des bitteren Grimms, Geitzes, Wolluſt, Unglaubens, Hoch- muths, ꝛc. kommen die viele Mißgeburten, und daß ſo wenige unta- deliche Perlen zu finden, die an Chriſti Cron gehoͤren; ein einig Troͤpfflein Meer-Waſſers kans ſchon verderben und verwerfflich ma- chen; Darum wache! Wer hindurch kommen, und ins gelobte Land eindringen will, der muß leben als waͤre GOTT und er allein in der Welt; und damit dir ſolcher Wandel gelinge, ſo wende dich
Das ſiebende Capitel.
§. 1. Demnach ab von dir ſelbſt und deinen Kraͤfften; dann ſoMan muß von ſich ſelbſten ab und zu JEſu ſich kehren. lang der Menſch auf ſich ſiehet, ſo iſt er tauſenderley Abwechslungen unterworffen a, und iſt ihm niemahl recht wohl, bald iſt er hoffaͤrtig und verwegen, wann er auch nur eine fluͤchtige Brunſt der Andacht
bey
aJer. XVII. 9.
S 3
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einer glaubigen Seele nach JESU.
alle zugleich aufthun, die erſten Strahlen der holdſeligen Sonne
begierlich erwartende; So bald ſie alsdann etliche herabfallende
Thau-Troͤpfflein empfangen, ſchlieſſen ſie geſchwind ihre Schaalen
wieder zu, damit nicht irgend ein Tropffen geſaltzenes Meer-Waſſer
dieſe himmliſche Empfaͤngnuß verderbe; ſtuͤrtzen ſich gleich damit in
die Tieffe hinab. Alſo wann dir GOttes ewige Gnad ſein Evange-
lium in dein Hertz ſcheinen laſſet, als einen Vorbotten des baldigen
Aufgangs und Erſcheinung JESU in dir; ſo ſchwinge dich eylends
uͤber alle Bitterkeiten des unſtaͤten Welt-Meers hinauf, und halte
deinen innwendigen Glaubens-Grund weit offen dem edlen Geſchenck,
ſo dir die Sonne der Goͤttlichen Barmhertzigkeit bringet, nach der
kalten, rauhen Nacht der Verſuchungen; Diß Geſchenck iſt der H.
Geiſt, der auch Mariam uͤberſchattet hat, und in dein Seel herab
faͤllt aus dem Himmel der Herrlichkeit; damit JEſus in dir eine
Geſtalt gewinne; Ach ſo verwahre es ſorgfaͤltiglich als dein Alles,
vor denen eindringenden Meers-Wellen des Welt-Geiſtes, von wel-
chem du umgeben biſt, und offt unerwarten und unverſehen beſpruͤ-
tzet wirſt, ſo lang du auf Erden walleſt; Dann aus Mangel dieſes
ernſtlichen Verſchlieſſens aller Begierden, Gedancken und Affecten
mitten in deinen Haus- und Beruffs-Geſchaͤfften, vor denen Einfluͤſ-
ſen des bitteren Grimms, Geitzes, Wolluſt, Unglaubens, Hoch-
muths, ꝛc. kommen die viele Mißgeburten, und daß ſo wenige unta-
deliche Perlen zu finden, die an Chriſti Cron gehoͤren; ein einig
Troͤpfflein Meer-Waſſers kans ſchon verderben und verwerfflich ma-
chen; Darum wache! Wer hindurch kommen, und ins gelobte Land
eindringen will, der muß leben als waͤre GOTT und er allein in
der Welt; und damit dir ſolcher Wandel gelinge, ſo wende dich
Das ſiebende Capitel.
§. 1. Demnach ab von dir ſelbſt und deinen Kraͤfften; dann ſo
lang der Menſch auf ſich ſiehet, ſo iſt er tauſenderley Abwechslungen
unterworffen a, und iſt ihm niemahl recht wohl, bald iſt er hoffaͤrtig
und verwegen, wann er auch nur eine fluͤchtige Brunſt der Andacht
bey
Man muß
von ſich
ſelbſten
ab und zu
JEſu ſich
kehren.
a Jer. XVII. 9.
S 3
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/237>, abgerufen am 13.11.2024.
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