Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Geistliche Sonnen-Wende
wohl sein Lebenlang ein Schuler bleiben; dann ich habe noch niemand
gesehen, der es, was die Ubung betrifft, ausgelernet habe; Die
Todes-Stund entdecket manchem noch vieles, das man bey frölicher
ruhiger Zeit nimmer von sich selbst geglaubet hätte. Wir überlassen
es aber der unendlichen Erbarmung des Vatters, wie er einen jed-
weden nach seinen Umständen reinigen, läutern, und mit Christi
Heyl erfüllen und erfreuen mag, und wollen nun diesen Göttlichen
Ausspruch näher an eure Seelen binden.

Zueignung.
Das vierte Capitel.
Aufmun-
terung
das gehör-
te zum Nu-
tzen anzu-
wenden.

§. 1. Jch bitte euch dann, daß ihr aufmercket, dann es sind nicht
meine Reden, sondern Wort Jehovah des grossen GOttes, und
Richters des gantzen Erdbodens, vor deme wir alle an dem Jüngsten
Tag werden stehen müssen a, der eben diese Wort euch wird vorhal-
ten, und derentwegen ihr auch müßt Rechenschafft geben, wie ihr
die angenommen und denselben gefolget b; Ach so fasset dann eure
Hertzen in Andacht, haltet eure Gedancken und Sinnen beysammen,
und lasset die bösen Geister nicht um dieselben herum schwärmen,
daß sie den guten Saamen von euren Hertzen hinweg reissen c, und
euch der so unendlichen Glückseeligkeit, als des Saamens Frucht,
berauben, dann es ist ein theurer Schatz, ein köstliches Kleinod d;
dann was hilffts dem Menschen, daß er ein Mensch wäre, wann er
der ewigen Seeligkeit entbähren müßte?

Prüffung
ob JEsus
ihnen-über
alle Schä-
tze seye?

§. 2. Prüffen wir uns, ob wir uns auch zu JEsu wenden: Wie
stehets um dich, lieber Mensch! hast du dich zu deinem JEsu ge-
wendet? Jst JEsus deine Freud und Wonne? Jsts dein erquick-
lichstes Wolleben, wann du fein ruhig an deinen so nahen JEsum
gedencken kanst? Jst JEsus dein Reichthum, dein edelstes Kleinod?
Jst JEsus dir lieber, als ein Mann oder Weib, lieber als deine
Kinder, Brüder und Schwestern, oder sonst ein guter Freund?
nach dem ausdrucklichen Ausspruch Christi: Wer Vatter und Mut-
ter mehr liebet dann mich, der ist mein nicht werth. Und wer

Sohn
a 2 Cor. V. 10.
b Joh. XII. 48.
c Luc. VIII. 12.
d Matth. XIII. 4[0]

Geiſtliche Sonnen-Wende
wohl ſein Lebenlang ein Schuler bleiben; dann ich habe noch niemand
geſehen, der es, was die Ubung betrifft, ausgelernet habe; Die
Todes-Stund entdecket manchem noch vieles, das man bey froͤlicher
ruhiger Zeit nimmer von ſich ſelbſt geglaubet haͤtte. Wir uͤberlaſſen
es aber der unendlichen Erbarmung des Vatters, wie er einen jed-
weden nach ſeinen Umſtaͤnden reinigen, laͤutern, und mit Chriſti
Heyl erfuͤllen und erfreuen mag, und wollen nun dieſen Goͤttlichen
Ausſpruch naͤher an eure Seelen binden.

Zueignung.
Das vierte Capitel.
Aufmun-
terung
das gehoͤr-
te zum Nu-
tzen anzu-
wenden.

§. 1. Jch bitte euch dann, daß ihr aufmercket, dann es ſind nicht
meine Reden, ſondern Wort Jehovah des groſſen GOttes, und
Richters des gantzen Erdbodens, vor deme wir alle an dem Juͤngſten
Tag werden ſtehen muͤſſen a, der eben dieſe Wort euch wird vorhal-
ten, und derentwegen ihr auch muͤßt Rechenſchafft geben, wie ihr
die angenommen und denſelben gefolget b; Ach ſo faſſet dann eure
Hertzen in Andacht, haltet eure Gedancken und Sinnen beyſammen,
und laſſet die boͤſen Geiſter nicht um dieſelben herum ſchwaͤrmen,
daß ſie den guten Saamen von euren Hertzen hinweg reiſſen c, und
euch der ſo unendlichen Gluͤckſeeligkeit, als des Saamens Frucht,
berauben, dann es iſt ein theurer Schatz, ein koͤſtliches Kleinod d;
dann was hilffts dem Menſchen, daß er ein Menſch waͤre, wann er
der ewigen Seeligkeit entbaͤhren muͤßte?

Pruͤffung
ob JEſus
ihnen-uͤber
alle Schaͤ-
tze ſeye?

§. 2. Pruͤffen wir uns, ob wir uns auch zu JEſu wenden: Wie
ſtehets um dich, lieber Menſch! haſt du dich zu deinem JEſu ge-
wendet? Jſt JEſus deine Freud und Wonne? Jſts dein erquick-
lichſtes Wolleben, wann du fein ruhig an deinen ſo nahen JEſum
gedencken kanſt? Jſt JEſus dein Reichthum, dein edelſtes Kleinod?
Jſt JEſus dir lieber, als ein Mann oder Weib, lieber als deine
Kinder, Bruͤder und Schweſtern, oder ſonſt ein guter Freund?
nach dem ausdrucklichen Ausſpruch Chriſti: Wer Vatter und Mut-
ter mehr liebet dann mich, der iſt mein nicht werth. Und wer

Sohn
a 2 Cor. V. 10.
b Joh. XII. 48.
c Luc. VIII. 12.
d Matth. XIII. 4[0]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0214" n="118"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gei&#x017F;tliche Sonnen-Wende</hi></fw><lb/>
wohl &#x017F;ein Lebenlang ein Schuler bleiben; dann ich habe noch niemand<lb/>
ge&#x017F;ehen, der es, was die Ubung betrifft, ausgelernet habe; Die<lb/>
Todes-Stund entdecket manchem noch vieles, das man bey fro&#x0364;licher<lb/>
ruhiger Zeit nimmer von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t geglaubet ha&#x0364;tte. Wir u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
es aber der unendlichen Erbarmung des Vatters, wie er einen jed-<lb/>
weden nach &#x017F;einen Um&#x017F;ta&#x0364;nden reinigen, la&#x0364;utern, und mit Chri&#x017F;ti<lb/>
Heyl erfu&#x0364;llen und erfreuen mag, und wollen nun die&#x017F;en Go&#x0364;ttlichen<lb/>
Aus&#x017F;pruch na&#x0364;her an eure Seelen binden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Zueignung.<lb/>
Das vierte Capitel.</hi> </head><lb/>
          <note place="left">Aufmun-<lb/>
terung<lb/>
das geho&#x0364;r-<lb/>
te zum Nu-<lb/>
tzen anzu-<lb/>
wenden.</note>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 1. Jch bitte euch dann, daß ihr aufmercket, dann es &#x017F;ind nicht<lb/>
meine Reden, &#x017F;ondern Wort Jehovah des gro&#x017F;&#x017F;en GOttes, und<lb/>
Richters des gantzen Erdbodens, vor deme wir alle an dem Ju&#x0364;ng&#x017F;ten<lb/>
Tag werden &#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="a">2 <hi rendition="#aq">Cor. V.</hi> 10.</note>, der eben die&#x017F;e Wort euch wird vorhal-<lb/>
ten, und derentwegen ihr auch mu&#x0364;ßt Rechen&#x017F;chafft geben, wie ihr<lb/>
die angenommen und den&#x017F;elben gefolget <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">Joh. XII.</hi> 48.</note>; Ach &#x017F;o fa&#x017F;&#x017F;et dann eure<lb/>
Hertzen in Andacht, haltet eure Gedancken und Sinnen bey&#x017F;ammen,<lb/>
und la&#x017F;&#x017F;et die bo&#x0364;&#x017F;en Gei&#x017F;ter nicht um die&#x017F;elben herum &#x017F;chwa&#x0364;rmen,<lb/>
daß &#x017F;ie den guten Saamen von euren Hertzen hinweg rei&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="c"><hi rendition="#aq">Luc. VIII.</hi> 12.</note>, und<lb/>
euch der &#x017F;o unendlichen Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit, als des Saamens Frucht,<lb/>
berauben, dann es i&#x017F;t ein theurer Schatz, ein ko&#x0364;&#x017F;tliches Kleinod <note place="foot" n="d"><hi rendition="#aq">Matth. XIII.</hi> 4<supplied>0</supplied></note>;<lb/>
dann was hilffts dem Men&#x017F;chen, daß er ein Men&#x017F;ch wa&#x0364;re, wann er<lb/>
der ewigen Seeligkeit entba&#x0364;hren mu&#x0364;ßte?</p><lb/>
          <note place="left"><hi rendition="#fr">Pru&#x0364;ffung</hi><lb/>
ob JE&#x017F;us<lb/>
ihnen-u&#x0364;ber<lb/>
alle Scha&#x0364;-<lb/>
tze &#x017F;eye?</note>
          <p>§. 2. Pru&#x0364;ffen wir uns, ob wir uns auch zu JE&#x017F;u wenden: Wie<lb/>
&#x017F;tehets um dich, lieber Men&#x017F;ch! ha&#x017F;t du dich zu deinem JE&#x017F;u ge-<lb/>
wendet? J&#x017F;t JE&#x017F;us deine Freud und Wonne? J&#x017F;ts dein erquick-<lb/>
lich&#x017F;tes Wolleben, wann du fein ruhig an deinen &#x017F;o nahen JE&#x017F;um<lb/>
gedencken kan&#x017F;t? J&#x017F;t JE&#x017F;us dein Reichthum, dein edel&#x017F;tes Kleinod?<lb/>
J&#x017F;t JE&#x017F;us dir lieber, als ein Mann oder Weib, lieber als deine<lb/>
Kinder, Bru&#x0364;der und Schwe&#x017F;tern, oder &#x017F;on&#x017F;t ein guter Freund?<lb/>
nach dem ausdrucklichen Aus&#x017F;pruch Chri&#x017F;ti: <hi rendition="#fr">Wer Vatter und Mut-<lb/>
ter mehr liebet dann mich, der i&#x017F;t mein nicht werth. Und wer</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Sohn</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0214] Geiſtliche Sonnen-Wende wohl ſein Lebenlang ein Schuler bleiben; dann ich habe noch niemand geſehen, der es, was die Ubung betrifft, ausgelernet habe; Die Todes-Stund entdecket manchem noch vieles, das man bey froͤlicher ruhiger Zeit nimmer von ſich ſelbſt geglaubet haͤtte. Wir uͤberlaſſen es aber der unendlichen Erbarmung des Vatters, wie er einen jed- weden nach ſeinen Umſtaͤnden reinigen, laͤutern, und mit Chriſti Heyl erfuͤllen und erfreuen mag, und wollen nun dieſen Goͤttlichen Ausſpruch naͤher an eure Seelen binden. Zueignung. Das vierte Capitel. §. 1. Jch bitte euch dann, daß ihr aufmercket, dann es ſind nicht meine Reden, ſondern Wort Jehovah des groſſen GOttes, und Richters des gantzen Erdbodens, vor deme wir alle an dem Juͤngſten Tag werden ſtehen muͤſſen a, der eben dieſe Wort euch wird vorhal- ten, und derentwegen ihr auch muͤßt Rechenſchafft geben, wie ihr die angenommen und denſelben gefolget b; Ach ſo faſſet dann eure Hertzen in Andacht, haltet eure Gedancken und Sinnen beyſammen, und laſſet die boͤſen Geiſter nicht um dieſelben herum ſchwaͤrmen, daß ſie den guten Saamen von euren Hertzen hinweg reiſſen c, und euch der ſo unendlichen Gluͤckſeeligkeit, als des Saamens Frucht, berauben, dann es iſt ein theurer Schatz, ein koͤſtliches Kleinod d; dann was hilffts dem Menſchen, daß er ein Menſch waͤre, wann er der ewigen Seeligkeit entbaͤhren muͤßte? §. 2. Pruͤffen wir uns, ob wir uns auch zu JEſu wenden: Wie ſtehets um dich, lieber Menſch! haſt du dich zu deinem JEſu ge- wendet? Jſt JEſus deine Freud und Wonne? Jſts dein erquick- lichſtes Wolleben, wann du fein ruhig an deinen ſo nahen JEſum gedencken kanſt? Jſt JEſus dein Reichthum, dein edelſtes Kleinod? Jſt JEſus dir lieber, als ein Mann oder Weib, lieber als deine Kinder, Bruͤder und Schweſtern, oder ſonſt ein guter Freund? nach dem ausdrucklichen Ausſpruch Chriſti: Wer Vatter und Mut- ter mehr liebet dann mich, der iſt mein nicht werth. Und wer Sohn a 2 Cor. V. 10. b Joh. XII. 48. c Luc. VIII. 12. d Matth. XIII. 40

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/214
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/214>, abgerufen am 21.11.2024.