wohl sein Lebenlang ein Schuler bleiben; dann ich habe noch niemand gesehen, der es, was die Ubung betrifft, ausgelernet habe; Die Todes-Stund entdecket manchem noch vieles, das man bey frölicher ruhiger Zeit nimmer von sich selbst geglaubet hätte. Wir überlassen es aber der unendlichen Erbarmung des Vatters, wie er einen jed- weden nach seinen Umständen reinigen, läutern, und mit Christi Heyl erfüllen und erfreuen mag, und wollen nun diesen Göttlichen Ausspruch näher an eure Seelen binden.
Zueignung. Das vierte Capitel.
Aufmun- terung das gehör- te zum Nu- tzen anzu- wenden.
§. 1. Jch bitte euch dann, daß ihr aufmercket, dann es sind nicht meine Reden, sondern Wort Jehovah des grossen GOttes, und Richters des gantzen Erdbodens, vor deme wir alle an dem Jüngsten Tag werden stehen müssen a, der eben diese Wort euch wird vorhal- ten, und derentwegen ihr auch müßt Rechenschafft geben, wie ihr die angenommen und denselben gefolget b; Ach so fasset dann eure Hertzen in Andacht, haltet eure Gedancken und Sinnen beysammen, und lasset die bösen Geister nicht um dieselben herum schwärmen, daß sie den guten Saamen von euren Hertzen hinweg reissen c, und euch der so unendlichen Glückseeligkeit, als des Saamens Frucht, berauben, dann es ist ein theurer Schatz, ein köstliches Kleinod d; dann was hilffts dem Menschen, daß er ein Mensch wäre, wann er der ewigen Seeligkeit entbähren müßte?
Prüffung ob JEsus ihnen-über alle Schä- tze seye?
§. 2. Prüffen wir uns, ob wir uns auch zu JEsu wenden: Wie stehets um dich, lieber Mensch! hast du dich zu deinem JEsu ge- wendet? Jst JEsus deine Freud und Wonne? Jsts dein erquick- lichstes Wolleben, wann du fein ruhig an deinen so nahen JEsum gedencken kanst? Jst JEsus dein Reichthum, dein edelstes Kleinod? Jst JEsus dir lieber, als ein Mann oder Weib, lieber als deine Kinder, Brüder und Schwestern, oder sonst ein guter Freund? nach dem ausdrucklichen Ausspruch Christi: Wer Vatter und Mut- ter mehr liebet dann mich, der ist mein nicht werth. Und wer
Sohn
a 2 Cor. V. 10.
bJoh. XII. 48.
cLuc. VIII. 12.
dMatth. XIII. 4[0]
Geiſtliche Sonnen-Wende
wohl ſein Lebenlang ein Schuler bleiben; dann ich habe noch niemand geſehen, der es, was die Ubung betrifft, ausgelernet habe; Die Todes-Stund entdecket manchem noch vieles, das man bey froͤlicher ruhiger Zeit nimmer von ſich ſelbſt geglaubet haͤtte. Wir uͤberlaſſen es aber der unendlichen Erbarmung des Vatters, wie er einen jed- weden nach ſeinen Umſtaͤnden reinigen, laͤutern, und mit Chriſti Heyl erfuͤllen und erfreuen mag, und wollen nun dieſen Goͤttlichen Ausſpruch naͤher an eure Seelen binden.
Zueignung. Das vierte Capitel.
Aufmun- terung das gehoͤr- te zum Nu- tzen anzu- wenden.
§. 1. Jch bitte euch dann, daß ihr aufmercket, dann es ſind nicht meine Reden, ſondern Wort Jehovah des groſſen GOttes, und Richters des gantzen Erdbodens, vor deme wir alle an dem Juͤngſten Tag werden ſtehen muͤſſen a, der eben dieſe Wort euch wird vorhal- ten, und derentwegen ihr auch muͤßt Rechenſchafft geben, wie ihr die angenommen und denſelben gefolget b; Ach ſo faſſet dann eure Hertzen in Andacht, haltet eure Gedancken und Sinnen beyſammen, und laſſet die boͤſen Geiſter nicht um dieſelben herum ſchwaͤrmen, daß ſie den guten Saamen von euren Hertzen hinweg reiſſen c, und euch der ſo unendlichen Gluͤckſeeligkeit, als des Saamens Frucht, berauben, dann es iſt ein theurer Schatz, ein koͤſtliches Kleinod d; dann was hilffts dem Menſchen, daß er ein Menſch waͤre, wann er der ewigen Seeligkeit entbaͤhren muͤßte?
Pruͤffung ob JEſus ihnen-uͤber alle Schaͤ- tze ſeye?
§. 2. Pruͤffen wir uns, ob wir uns auch zu JEſu wenden: Wie ſtehets um dich, lieber Menſch! haſt du dich zu deinem JEſu ge- wendet? Jſt JEſus deine Freud und Wonne? Jſts dein erquick- lichſtes Wolleben, wann du fein ruhig an deinen ſo nahen JEſum gedencken kanſt? Jſt JEſus dein Reichthum, dein edelſtes Kleinod? Jſt JEſus dir lieber, als ein Mann oder Weib, lieber als deine Kinder, Bruͤder und Schweſtern, oder ſonſt ein guter Freund? nach dem ausdrucklichen Ausſpruch Chriſti: Wer Vatter und Mut- ter mehr liebet dann mich, der iſt mein nicht werth. Und wer
Sohn
a 2 Cor. V. 10.
bJoh. XII. 48.
cLuc. VIII. 12.
dMatth. XIII. 4[0]
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0214"n="118"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Geiſtliche Sonnen-Wende</hi></fw><lb/>
wohl ſein Lebenlang ein Schuler bleiben; dann ich habe noch niemand<lb/>
geſehen, der es, was die Ubung betrifft, ausgelernet habe; Die<lb/>
Todes-Stund entdecket manchem noch vieles, das man bey froͤlicher<lb/>
ruhiger Zeit nimmer von ſich ſelbſt geglaubet haͤtte. Wir uͤberlaſſen<lb/>
es aber der unendlichen Erbarmung des Vatters, wie er einen jed-<lb/>
weden nach ſeinen Umſtaͤnden reinigen, laͤutern, und mit Chriſti<lb/>
Heyl erfuͤllen und erfreuen mag, und wollen nun dieſen Goͤttlichen<lb/>
Ausſpruch naͤher an eure Seelen binden.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Zueignung.<lb/>
Das vierte Capitel.</hi></head><lb/><noteplace="left">Aufmun-<lb/>
terung<lb/>
das gehoͤr-<lb/>
te zum Nu-<lb/>
tzen anzu-<lb/>
wenden.</note><p><hirendition="#i">§.</hi> 1. Jch bitte euch dann, daß ihr aufmercket, dann es ſind nicht<lb/>
meine Reden, ſondern Wort Jehovah des groſſen GOttes, und<lb/>
Richters des gantzen Erdbodens, vor deme wir alle an dem Juͤngſten<lb/>
Tag werden ſtehen muͤſſen <noteplace="foot"n="a">2 <hirendition="#aq">Cor. V.</hi> 10.</note>, der eben dieſe Wort euch wird vorhal-<lb/>
ten, und derentwegen ihr auch muͤßt Rechenſchafft geben, wie ihr<lb/>
die angenommen und denſelben gefolget <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq">Joh. XII.</hi> 48.</note>; Ach ſo faſſet dann eure<lb/>
Hertzen in Andacht, haltet eure Gedancken und Sinnen beyſammen,<lb/>
und laſſet die boͤſen Geiſter nicht um dieſelben herum ſchwaͤrmen,<lb/>
daß ſie den guten Saamen von euren Hertzen hinweg reiſſen <noteplace="foot"n="c"><hirendition="#aq">Luc. VIII.</hi> 12.</note>, und<lb/>
euch der ſo unendlichen Gluͤckſeeligkeit, als des Saamens Frucht,<lb/>
berauben, dann es iſt ein theurer Schatz, ein koͤſtliches Kleinod <noteplace="foot"n="d"><hirendition="#aq">Matth. XIII.</hi> 4<supplied>0</supplied></note>;<lb/>
dann was hilffts dem Menſchen, daß er ein Menſch waͤre, wann er<lb/>
der ewigen Seeligkeit entbaͤhren muͤßte?</p><lb/><noteplace="left"><hirendition="#fr">Pruͤffung</hi><lb/>
ob JEſus<lb/>
ihnen-uͤber<lb/>
alle Schaͤ-<lb/>
tze ſeye?</note><p>§. 2. Pruͤffen wir uns, ob wir uns auch zu JEſu wenden: Wie<lb/>ſtehets um dich, lieber Menſch! haſt du dich zu deinem JEſu ge-<lb/>
wendet? Jſt JEſus deine Freud und Wonne? Jſts dein erquick-<lb/>
lichſtes Wolleben, wann du fein ruhig an deinen ſo nahen JEſum<lb/>
gedencken kanſt? Jſt JEſus dein Reichthum, dein edelſtes Kleinod?<lb/>
Jſt JEſus dir lieber, als ein Mann oder Weib, lieber als deine<lb/>
Kinder, Bruͤder und Schweſtern, oder ſonſt ein guter Freund?<lb/>
nach dem ausdrucklichen Ausſpruch Chriſti: <hirendition="#fr">Wer Vatter und Mut-<lb/>
ter mehr liebet dann mich, der iſt mein nicht werth. Und wer</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Sohn</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[118/0214]
Geiſtliche Sonnen-Wende
wohl ſein Lebenlang ein Schuler bleiben; dann ich habe noch niemand
geſehen, der es, was die Ubung betrifft, ausgelernet habe; Die
Todes-Stund entdecket manchem noch vieles, das man bey froͤlicher
ruhiger Zeit nimmer von ſich ſelbſt geglaubet haͤtte. Wir uͤberlaſſen
es aber der unendlichen Erbarmung des Vatters, wie er einen jed-
weden nach ſeinen Umſtaͤnden reinigen, laͤutern, und mit Chriſti
Heyl erfuͤllen und erfreuen mag, und wollen nun dieſen Goͤttlichen
Ausſpruch naͤher an eure Seelen binden.
Zueignung.
Das vierte Capitel.
§. 1. Jch bitte euch dann, daß ihr aufmercket, dann es ſind nicht
meine Reden, ſondern Wort Jehovah des groſſen GOttes, und
Richters des gantzen Erdbodens, vor deme wir alle an dem Juͤngſten
Tag werden ſtehen muͤſſen a, der eben dieſe Wort euch wird vorhal-
ten, und derentwegen ihr auch muͤßt Rechenſchafft geben, wie ihr
die angenommen und denſelben gefolget b; Ach ſo faſſet dann eure
Hertzen in Andacht, haltet eure Gedancken und Sinnen beyſammen,
und laſſet die boͤſen Geiſter nicht um dieſelben herum ſchwaͤrmen,
daß ſie den guten Saamen von euren Hertzen hinweg reiſſen c, und
euch der ſo unendlichen Gluͤckſeeligkeit, als des Saamens Frucht,
berauben, dann es iſt ein theurer Schatz, ein koͤſtliches Kleinod d;
dann was hilffts dem Menſchen, daß er ein Menſch waͤre, wann er
der ewigen Seeligkeit entbaͤhren muͤßte?
§. 2. Pruͤffen wir uns, ob wir uns auch zu JEſu wenden: Wie
ſtehets um dich, lieber Menſch! haſt du dich zu deinem JEſu ge-
wendet? Jſt JEſus deine Freud und Wonne? Jſts dein erquick-
lichſtes Wolleben, wann du fein ruhig an deinen ſo nahen JEſum
gedencken kanſt? Jſt JEſus dein Reichthum, dein edelſtes Kleinod?
Jſt JEſus dir lieber, als ein Mann oder Weib, lieber als deine
Kinder, Bruͤder und Schweſtern, oder ſonſt ein guter Freund?
nach dem ausdrucklichen Ausſpruch Chriſti: Wer Vatter und Mut-
ter mehr liebet dann mich, der iſt mein nicht werth. Und wer
Sohn
a 2 Cor. V. 10.
b Joh. XII. 48.
c Luc. VIII. 12.
d Matth. XIII. 40
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/214>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.