den, daß du seyest mein Heyl biß ans Ende der Erdena. Daher singen die vier Thier, und die vier und zwantzig Aeltesten vor dem Lamm: Du bist würdig zu empfahen das Buch, und aufzuthun seine Siegel, dann du bist erwürget, und hast uns unserm GOtt erkaufft mit deinem Blut, aus allen Stämmen und Sprachen, und Völckern und Heydenb. Und deswegen wird er der Erlöser, der HERR in Jsrael, ein GOTT der gantzen Erden genennt werdenc; und daran werden gedencken, und sich zum HErrn bekehren alle Ende der Erden, und es werden für ihm anbetten alle Geschlechte der Heydend.
Diß ist die einfältige Erklärung dieses so herrlichen Spruchs.
Lehr. Das dritte Capitel.
Der Mensch wird aus Gnaden ohne Wer- cke seelig.
§. 1. Woraus wir zu unserer Haupt-Lehr abfassen, daß der Mensch aus lauter Gnaden selig werde, ohne Werck; weilen JE- sus hier zur Seeligkeit ledig nichts erfordert, als ein gläubiges Um- wenden, eine Zukehr, ein Aufsehen, wie dorten e der Glaub auch abgebildet wird, durch eine Abkehr von sich selbst, und den feuri- gen Schlangen, zu dem ehernen Schlänglein, durch steiffes, un- verrucktes Umwenden des Angesichts auf dasselbe, von welchem An- schauen, krafft der Göttlichen Verheissung, das Gifft alle Krafft verlohre, die Schlangen abfielen, und völlige Gesundheit erfolgte.
Derohal- ben solle er nicht auf seine gute Wer- cke bauen.
§. 2. Wer nicht pur aus dem Glauben leben, sondern sich mit Wercken zur Gnad bereiten, auf sein Frommkeit und ehrbar Leben bauen, und daraufhin Vergebung seiner Sünden, Leben und See- ligkeit hoffen will, der handelt eben so närrisch, als wann ein Be- sudleter sich von erst in kothigen Pfützen obenhin das gröbste abwä- schen wollte, ehe er zum Brunnen käme; Nein, der offene Brun-
nen
aJes. XLIX 6.
b Geschichtb. V. 9.
cEsai. XLV. 5.
dPsal. XXII. 28.
e 4 B. Mos. XXI. 8. 9.
Geiſtliche Sonnen-Wende
den, daß du ſeyeſt mein Heyl biß ans Ende der Erdena. Daher ſingen die vier Thier, und die vier und zwantzig Aelteſten vor dem Lamm: Du biſt wuͤrdig zu empfahen das Buch, und aufzuthun ſeine Siegel, dann du biſt erwuͤrget, und haſt uns unſerm GOtt erkaufft mit deinem Blut, aus allen Staͤmmen und Sprachen, und Voͤlckern und Heydenb. Und deswegen wird er der Erloͤſer, der HERR in Jſrael, ein GOTT der gantzen Erden genennt werdenc; und daran werden gedencken, und ſich zum HErrn bekehren alle Ende der Erden, und es werden fuͤr ihm anbetten alle Geſchlechte der Heydend.
Diß iſt die einfaͤltige Erklaͤrung dieſes ſo herrlichen Spruchs.
Lehr. Das dritte Capitel.
Der Menſch wird aus Gnaden ohne Wer- cke ſeelig.
§. 1. Woraus wir zu unſerer Haupt-Lehr abfaſſen, daß der Menſch aus lauter Gnaden ſelig werde, ohne Werck; weilen JE- ſus hier zur Seeligkeit ledig nichts erfordert, als ein glaͤubiges Um- wenden, eine Zukehr, ein Aufſehen, wie dorten e der Glaub auch abgebildet wird, durch eine Abkehr von ſich ſelbſt, und den feuri- gen Schlangen, zu dem ehernen Schlaͤnglein, durch ſteiffes, un- verrucktes Umwenden des Angeſichts auf daſſelbe, von welchem An- ſchauen, krafft der Goͤttlichen Verheiſſung, das Gifft alle Krafft verlohre, die Schlangen abfielen, und voͤllige Geſundheit erfolgte.
Derohal- ben ſolle er nicht auf ſeine gute Wer- cke bauen.
§. 2. Wer nicht pur aus dem Glauben leben, ſondern ſich mit Wercken zur Gnad bereiten, auf ſein Frommkeit und ehrbar Leben bauen, und daraufhin Vergebung ſeiner Suͤnden, Leben und See- ligkeit hoffen will, der handelt eben ſo naͤrriſch, als wann ein Be- ſudleter ſich von erſt in kothigen Pfuͤtzen obenhin das groͤbſte abwaͤ- ſchen wollte, ehe er zum Brunnen kaͤme; Nein, der offene Brun-
nen
aJeſ. XLIX 6.
b Geſchichtb. V. 9.
cEſai. XLV. 5.
dPſal. XXII. 28.
e 4 B. Moſ. XXI. 8. 9.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0210"n="114"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Geiſtliche Sonnen-Wende</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">den, daß du ſeyeſt mein Heyl biß ans Ende der Erden</hi><noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Jeſ. XLIX</hi> 6.</note>.<lb/>
Daher ſingen die vier Thier, und die vier und zwantzig Aelteſten vor<lb/>
dem Lamm: <hirendition="#fr">Du biſt wuͤrdig zu empfahen das Buch,<lb/>
und aufzuthun ſeine Siegel, dann du biſt erwuͤrget,<lb/>
und haſt uns unſerm GOtt erkaufft mit deinem Blut,<lb/>
aus allen Staͤmmen und Sprachen, und Voͤlckern<lb/>
und Heyden</hi><noteplace="foot"n="b">Geſchichtb. <hirendition="#aq">V.</hi> 9.</note>. Und deswegen wird er <hirendition="#fr">der Erloͤſer, der<lb/>
HERR in Jſrael, ein GOTT der gantzen Erden<lb/>
genennt werden</hi><noteplace="foot"n="c"><hirendition="#aq">Eſai. XLV.</hi> 5.</note>; <hirendition="#fr">und daran werden gedencken, und<lb/>ſich zum HErrn bekehren alle Ende der Erden, und<lb/>
es werden fuͤr ihm anbetten alle Geſchlechte der<lb/>
Heyden</hi><noteplace="foot"n="d"><hirendition="#aq">Pſal.<lb/>
XXII.</hi> 28.</note>.</p><lb/><p>Diß iſt die einfaͤltige Erklaͤrung dieſes ſo herrlichen Spruchs.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Lehr.<lb/>
Das dritte Capitel.</hi></head><lb/><noteplace="left">Der<lb/>
Menſch<lb/>
wird aus<lb/>
Gnaden<lb/>
ohne Wer-<lb/>
cke ſeelig.</note><p>§. 1. Woraus wir zu unſerer Haupt-Lehr abfaſſen, daß der<lb/>
Menſch aus lauter Gnaden ſelig werde, ohne Werck; weilen JE-<lb/>ſus hier zur Seeligkeit ledig nichts erfordert, als ein glaͤubiges Um-<lb/>
wenden, eine Zukehr, ein Aufſehen, wie dorten <noteplace="foot"n="e">4 <hirendition="#aq">B. Moſ. XXI.</hi> 8. 9.</note> der Glaub auch<lb/>
abgebildet wird, durch eine Abkehr von ſich ſelbſt, und den feuri-<lb/>
gen Schlangen, zu dem ehernen Schlaͤnglein, durch ſteiffes, un-<lb/>
verrucktes Umwenden des Angeſichts auf daſſelbe, von welchem An-<lb/>ſchauen, krafft der Goͤttlichen Verheiſſung, das Gifft alle Krafft<lb/>
verlohre, die Schlangen abfielen, und voͤllige Geſundheit erfolgte.</p><lb/><noteplace="left">Derohal-<lb/>
ben ſolle<lb/>
er nicht<lb/>
auf ſeine<lb/>
gute Wer-<lb/>
cke bauen.</note><p><hirendition="#i">§.</hi> 2. Wer nicht pur aus dem Glauben leben, ſondern ſich mit<lb/>
Wercken zur Gnad bereiten, auf ſein Frommkeit und ehrbar Leben<lb/>
bauen, und daraufhin Vergebung ſeiner Suͤnden, Leben und See-<lb/>
ligkeit hoffen will, der handelt eben ſo naͤrriſch, als wann ein Be-<lb/>ſudleter ſich von erſt in kothigen Pfuͤtzen obenhin das groͤbſte abwaͤ-<lb/>ſchen wollte, ehe er zum Brunnen kaͤme; Nein, der offene Brun-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0210]
Geiſtliche Sonnen-Wende
den, daß du ſeyeſt mein Heyl biß ans Ende der Erden a.
Daher ſingen die vier Thier, und die vier und zwantzig Aelteſten vor
dem Lamm: Du biſt wuͤrdig zu empfahen das Buch,
und aufzuthun ſeine Siegel, dann du biſt erwuͤrget,
und haſt uns unſerm GOtt erkaufft mit deinem Blut,
aus allen Staͤmmen und Sprachen, und Voͤlckern
und Heyden b. Und deswegen wird er der Erloͤſer, der
HERR in Jſrael, ein GOTT der gantzen Erden
genennt werden c; und daran werden gedencken, und
ſich zum HErrn bekehren alle Ende der Erden, und
es werden fuͤr ihm anbetten alle Geſchlechte der
Heyden d.
Diß iſt die einfaͤltige Erklaͤrung dieſes ſo herrlichen Spruchs.
Lehr.
Das dritte Capitel.
§. 1. Woraus wir zu unſerer Haupt-Lehr abfaſſen, daß der
Menſch aus lauter Gnaden ſelig werde, ohne Werck; weilen JE-
ſus hier zur Seeligkeit ledig nichts erfordert, als ein glaͤubiges Um-
wenden, eine Zukehr, ein Aufſehen, wie dorten e der Glaub auch
abgebildet wird, durch eine Abkehr von ſich ſelbſt, und den feuri-
gen Schlangen, zu dem ehernen Schlaͤnglein, durch ſteiffes, un-
verrucktes Umwenden des Angeſichts auf daſſelbe, von welchem An-
ſchauen, krafft der Goͤttlichen Verheiſſung, das Gifft alle Krafft
verlohre, die Schlangen abfielen, und voͤllige Geſundheit erfolgte.
§. 2. Wer nicht pur aus dem Glauben leben, ſondern ſich mit
Wercken zur Gnad bereiten, auf ſein Frommkeit und ehrbar Leben
bauen, und daraufhin Vergebung ſeiner Suͤnden, Leben und See-
ligkeit hoffen will, der handelt eben ſo naͤrriſch, als wann ein Be-
ſudleter ſich von erſt in kothigen Pfuͤtzen obenhin das groͤbſte abwaͤ-
ſchen wollte, ehe er zum Brunnen kaͤme; Nein, der offene Brun-
nen
a Jeſ. XLIX 6.
b Geſchichtb. V. 9.
c Eſai. XLV. 5.
d Pſal.
XXII. 28.
e 4 B. Moſ. XXI. 8. 9.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/210>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.