Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Labsal in Trübsal.
Nutz-Anwendung.
Das sechste Capitel.

Welches des Menschen höchstes Gut und wo es zu finden seye, auch
wie es erlanget werde.

(1.) Zur Lehre, und zwar lernen wir aus unserem Text.

Die Ver-
gnügung
des Her-
tzens in
der Er-
kanntnuß
und Ge-
nuß GOt-
tes ist das
höchste
Gut.

§. 1. (1.) Welches das höchste Gut sey, darüber sich die Heyden
mit Worten, die Maul-Christen aber mit Wercken und Thaten
zerzancken: Es ist die Vergnügung des Hertzens in der Erkanntnuß
und Genuß GOttes durch JEsum Christum, welches eine grosse
Seeligkeit ist, so ein erleuchtet Hertz und geheiligter Wille bereits
im Anfang der Bekehrung zu Christo genießt; wie im Geschicht-Buch
der Aposteln zu sehen am Kercker-Meister und so vielen tausend an-
dern in Jerusalem, Samaria, Antiochia und gantz Asien, Grie-
chen-Land und Egypten; welche Freude aber in unsern Tagen nicht
also schnell die Hertzen einnehmen kan, weilen die erweckte Hertzen
lange märckten, ehe sie sich völlig zur Aufopfferung an GOTT ent-
schliessen; jene erste Christen sind in einer Stund weiter kommen im
Glauben und in der Liebe; als die Bekehrte heutiges Tages in vie-
len Jahren nicht kommen; nun gehen Heiligkeit und Seeligkeit ge-
paaret mit einander; Diese folget jener auf dem Fuß nach, also daß
wo jene nicht ohne falsch aufgenommen und beherberget wird, da
mag diese nicht einkehren; soll die Seeligkeit Lust haben an einem
Ort zu hausen, so muß ihre liebste Freundin die Heiligkeit mit aller
gebührenden Ehrerbietung empfangen, erfreut und herrlich gehalten
werden, allermassen wo man diese betrübet, so kan die Seeligkeit
nicht lange bleiben; sie sind so innig vertraute Hertzens-Freundin-
nen, daß keine ohne die andere leben kan; Welches allen zur Nach-
richt dienet, so auch gern etwas von Christi Erquickung haben möch-
ten, daß sie einmahl die Heiligkeit in hohen Ehren halten, sonst flie-
het alle Göttliche Freude und geistliche Erquickung darvon.

Welches
die dazu
erforderte

§. 2. Es muß aber eine rechte Heiligkeit seyn, welche darinn ste-
het, daß der Mensch gern gantz nichts seye in der Welt, zumahlen

das
Labſal in Truͤbſal.
Nutz-Anwendung.
Das ſechste Capitel.

Welches des Menſchen hoͤchſtes Gut und wo es zu finden ſeye, auch
wie es erlanget werde.

(1.) Zur Lehre, und zwar lernen wir aus unſerem Text.

Die Ver-
gnuͤgung
des Her-
tzens in
der Er-
kanntnuß
und Ge-
nuß GOt-
tes iſt das
hoͤchſte
Gut.

§. 1. (1.) Welches das hoͤchſte Gut ſey, daruͤber ſich die Heyden
mit Worten, die Maul-Chriſten aber mit Wercken und Thaten
zerzancken: Es iſt die Vergnuͤgung des Hertzens in der Erkanntnuß
und Genuß GOttes durch JEſum Chriſtum, welches eine groſſe
Seeligkeit iſt, ſo ein erleuchtet Hertz und geheiligter Wille bereits
im Anfang der Bekehrung zu Chriſto genießt; wie im Geſchicht-Buch
der Apoſteln zu ſehen am Kercker-Meiſter und ſo vielen tauſend an-
dern in Jeruſalem, Samaria, Antiochia und gantz Aſien, Grie-
chen-Land und Egypten; welche Freude aber in unſern Tagen nicht
alſo ſchnell die Hertzen einnehmen kan, weilen die erweckte Hertzen
lange maͤrckten, ehe ſie ſich voͤllig zur Aufopfferung an GOTT ent-
ſchlieſſen; jene erſte Chriſten ſind in einer Stund weiter kommen im
Glauben und in der Liebe; als die Bekehrte heutiges Tages in vie-
len Jahren nicht kommen; nun gehen Heiligkeit und Seeligkeit ge-
paaret mit einander; Dieſe folget jener auf dem Fuß nach, alſo daß
wo jene nicht ohne falſch aufgenommen und beherberget wird, da
mag dieſe nicht einkehren; ſoll die Seeligkeit Luſt haben an einem
Ort zu hauſen, ſo muß ihre liebſte Freundin die Heiligkeit mit aller
gebuͤhrenden Ehrerbietung empfangen, erfreut und herrlich gehalten
werden, allermaſſen wo man dieſe betruͤbet, ſo kan die Seeligkeit
nicht lange bleiben; ſie ſind ſo innig vertraute Hertzens-Freundin-
nen, daß keine ohne die andere leben kan; Welches allen zur Nach-
richt dienet, ſo auch gern etwas von Chriſti Erquickung haben moͤch-
ten, daß ſie einmahl die Heiligkeit in hohen Ehren halten, ſonſt flie-
het alle Goͤttliche Freude und geiſtliche Erquickung darvon.

Welches
die dazu
erforderte

§. 2. Es muß aber eine rechte Heiligkeit ſeyn, welche darinn ſte-
het, daß der Menſch gern gantz nichts ſeye in der Welt, zumahlen

das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f1206" n="1110"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Lab&#x017F;al in Tru&#x0364;b&#x017F;al.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Nutz-Anwendung.<lb/>
Das &#x017F;echste Capitel.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Welches des Men&#x017F;chen ho&#x0364;ch&#x017F;tes Gut und wo es zu finden &#x017F;eye, auch<lb/>
wie es erlanget werde.</hi> </head><lb/>
          <p>(1.) <hi rendition="#fr">Zur Lehre,</hi> und zwar lernen wir aus un&#x017F;erem Text.</p><lb/>
          <note place="left">Die Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gung<lb/>
des Her-<lb/>
tzens in<lb/>
der Er-<lb/>
kanntnuß<lb/>
und Ge-<lb/>
nuß GOt-<lb/>
tes i&#x017F;t das<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te<lb/>
Gut.</note>
          <p>§. 1. (1.) Welches das ho&#x0364;ch&#x017F;te Gut &#x017F;ey, daru&#x0364;ber &#x017F;ich die Heyden<lb/>
mit Worten, die Maul-Chri&#x017F;ten aber mit Wercken und Thaten<lb/>
zerzancken: Es i&#x017F;t die Vergnu&#x0364;gung des Hertzens in der Erkanntnuß<lb/>
und Genuß GOttes durch JE&#x017F;um Chri&#x017F;tum, welches eine gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Seeligkeit i&#x017F;t, &#x017F;o ein erleuchtet Hertz und geheiligter Wille bereits<lb/>
im Anfang der Bekehrung zu Chri&#x017F;to genießt; wie im Ge&#x017F;chicht-Buch<lb/>
der Apo&#x017F;teln zu &#x017F;ehen am Kercker-Mei&#x017F;ter und &#x017F;o vielen tau&#x017F;end an-<lb/>
dern in Jeru&#x017F;alem, Samaria, Antiochia und gantz A&#x017F;ien, Grie-<lb/>
chen-Land und Egypten; welche Freude aber in un&#x017F;ern Tagen nicht<lb/>
al&#x017F;o &#x017F;chnell die Hertzen einnehmen kan, weilen die erweckte Hertzen<lb/>
lange ma&#x0364;rckten, ehe &#x017F;ie &#x017F;ich vo&#x0364;llig zur Aufopfferung an GOTT ent-<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en; jene er&#x017F;te Chri&#x017F;ten &#x017F;ind in einer Stund weiter kommen im<lb/>
Glauben und in der Liebe; als die Bekehrte heutiges Tages in vie-<lb/>
len Jahren nicht kommen; nun gehen Heiligkeit und Seeligkeit ge-<lb/>
paaret mit einander; Die&#x017F;e folget jener auf dem Fuß nach, al&#x017F;o daß<lb/>
wo jene nicht ohne fal&#x017F;ch aufgenommen und beherberget wird, da<lb/>
mag die&#x017F;e nicht einkehren; &#x017F;oll die Seeligkeit Lu&#x017F;t haben an einem<lb/>
Ort zu hau&#x017F;en, &#x017F;o muß ihre lieb&#x017F;te Freundin die Heiligkeit mit aller<lb/>
gebu&#x0364;hrenden Ehrerbietung empfangen, erfreut und herrlich gehalten<lb/>
werden, allerma&#x017F;&#x017F;en wo man die&#x017F;e betru&#x0364;bet, &#x017F;o kan die Seeligkeit<lb/>
nicht lange bleiben; &#x017F;ie &#x017F;ind &#x017F;o innig vertraute Hertzens-Freundin-<lb/>
nen, daß keine ohne die andere leben kan; Welches allen zur Nach-<lb/>
richt dienet, &#x017F;o auch gern etwas von Chri&#x017F;ti Erquickung haben mo&#x0364;ch-<lb/>
ten, daß &#x017F;ie einmahl die Heiligkeit in hohen Ehren halten, &#x017F;on&#x017F;t flie-<lb/>
het alle Go&#x0364;ttliche Freude und gei&#x017F;tliche Erquickung darvon.</p><lb/>
          <note place="left">Welches<lb/>
die dazu<lb/>
erforderte</note>
          <p>§. 2. Es muß aber eine rechte Heiligkeit &#x017F;eyn, welche darinn &#x017F;te-<lb/>
het, daß der Men&#x017F;ch gern gantz nichts &#x017F;eye in der Welt, zumahlen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1110/1206] Labſal in Truͤbſal. Nutz-Anwendung. Das ſechste Capitel. Welches des Menſchen hoͤchſtes Gut und wo es zu finden ſeye, auch wie es erlanget werde. (1.) Zur Lehre, und zwar lernen wir aus unſerem Text. §. 1. (1.) Welches das hoͤchſte Gut ſey, daruͤber ſich die Heyden mit Worten, die Maul-Chriſten aber mit Wercken und Thaten zerzancken: Es iſt die Vergnuͤgung des Hertzens in der Erkanntnuß und Genuß GOttes durch JEſum Chriſtum, welches eine groſſe Seeligkeit iſt, ſo ein erleuchtet Hertz und geheiligter Wille bereits im Anfang der Bekehrung zu Chriſto genießt; wie im Geſchicht-Buch der Apoſteln zu ſehen am Kercker-Meiſter und ſo vielen tauſend an- dern in Jeruſalem, Samaria, Antiochia und gantz Aſien, Grie- chen-Land und Egypten; welche Freude aber in unſern Tagen nicht alſo ſchnell die Hertzen einnehmen kan, weilen die erweckte Hertzen lange maͤrckten, ehe ſie ſich voͤllig zur Aufopfferung an GOTT ent- ſchlieſſen; jene erſte Chriſten ſind in einer Stund weiter kommen im Glauben und in der Liebe; als die Bekehrte heutiges Tages in vie- len Jahren nicht kommen; nun gehen Heiligkeit und Seeligkeit ge- paaret mit einander; Dieſe folget jener auf dem Fuß nach, alſo daß wo jene nicht ohne falſch aufgenommen und beherberget wird, da mag dieſe nicht einkehren; ſoll die Seeligkeit Luſt haben an einem Ort zu hauſen, ſo muß ihre liebſte Freundin die Heiligkeit mit aller gebuͤhrenden Ehrerbietung empfangen, erfreut und herrlich gehalten werden, allermaſſen wo man dieſe betruͤbet, ſo kan die Seeligkeit nicht lange bleiben; ſie ſind ſo innig vertraute Hertzens-Freundin- nen, daß keine ohne die andere leben kan; Welches allen zur Nach- richt dienet, ſo auch gern etwas von Chriſti Erquickung haben moͤch- ten, daß ſie einmahl die Heiligkeit in hohen Ehren halten, ſonſt flie- het alle Goͤttliche Freude und geiſtliche Erquickung darvon. §. 2. Es muß aber eine rechte Heiligkeit ſeyn, welche darinn ſte- het, daß der Menſch gern gantz nichts ſeye in der Welt, zumahlen das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1206
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1206>, abgerufen am 22.12.2024.