Das zweyte Capitel. Von dem Leben GOttes: von der Sendung und Zukunfft Christi wie der erschienene Heiland lebe: die Verbindung zwischen dem Vatter und Sohn in diesem Wercke.
Nähere Einthei- lung des ersten Punctens.
§. 1. Jm ersten Theil haben wir vier Puncten daß GOTT lebe: Dieses Denck-Bild ist allen Menschen eingepräget, in Jhm leben, weben und sind wir a, GOtt übertrifft alle Geschöpffe mündlich.
GOtt lebet:
GOtt le- bet, dann Er ist von sich selb- sten,
§. 2. a) Weil er von sich selbst ist, von Ewigkeit her, ohne Anfang, welches uns unbegreifflich ist, wir können wol fassen, wie eine Sach nicht aufhöre zu seyn, darum weilen wir zur unaufhörlichen Ewig- keit geschaffen sind; können aber nicht fassen, wie etwas seyn könne ohne angefangen haben zu seyn, weilen wir ein Anfang haben in der Zeit, wann wir aber in die seelige (dann in dem Unseeligen ists fin- ster, da die Gottlosen noch weniger Heilsames, Erfreuliches und Wonne-seeliges, Himmlisches fassen können, als in der Zeit ihre falsche Bilder von göttlichen Dingen, so sie in dieser Welt geheget, dienen ihnen zu entsetzlicher greulicher Qual, sie können nichts klares von GOtt und seinem Reich erkennen, als was nur zu lauter Angst und Schrecken gerichtet) Ewigkeit kommen werden, alsdann wer- den wirs nicht nur aus Vernunfft-Schlüssen erkennen; sondern klar sehen, wie GOTT von Ewigkeit her seye, und das Leben habe aus sich selbst b.
Er besitzt alle nur mögliche Vollkom- menhei- ten.
§. 3. b) Weil er alle übersteigende Vollkommenheiten die man nur ausdencken kan unendlich in sich hat; Er ist der Allgenug- samec, der vor Sich und alle genug hat, Er vermag alles, Er kan alles vollfüllen und sättigen, daß das Geschöpff schreyen muß vor entzuckender und erstaunender Freude! höre auf mein GOtt, ich habe genug, ich habe genug, die Liebe, Süßigkeit und Freude ist zu groß vor mich, mein Hertzens-Gefäß laufft über, ich kan nicht mehr ertragen, gib nun auch anderen, O mein guter GOTT die nichts haben und dich noch nicht kennen: GOTT ist das Licht selbst, Er ist die ewige Weißheit, Er ist die wesentliche Heiligkeit und Reinig- keit, Er ist die Seeligkeit und das wahre höchste Gut; Er vermag
jeder-
aAct. XVII. 28.
bJoh. V. 26.
cGen. XVII. 1.
Lebens-Mahlzeit.
Das zweyte Capitel. Von dem Leben GOttes: von der Sendung und Zukunfft Chriſti wie der erſchienene Heiland lebe: die Verbindung zwiſchen dem Vatter und Sohn in dieſem Wercke.
Naͤhere Einthei- lung des erſten Punctens.
§. 1. Jm erſten Theil haben wir vier Puncten daß GOTT lebe: Dieſes Denck-Bild iſt allen Menſchen eingepraͤget, in Jhm leben, weben und ſind wir a, GOtt uͤbertrifft alle Geſchoͤpffe muͤndlich.
GOtt lebet:
GOtt le- bet, dann Er iſt von ſich ſelb- ſten,
§. 2. a) Weil er von ſich ſelbſt iſt, von Ewigkeit her, ohne Anfang, welches uns unbegreifflich iſt, wir koͤnnen wol faſſen, wie eine Sach nicht aufhoͤre zu ſeyn, darum weilen wir zur unaufhoͤrlichen Ewig- keit geſchaffen ſind; koͤnnen aber nicht faſſen, wie etwas ſeyn koͤnne ohne angefangen haben zu ſeyn, weilen wir ein Anfang haben in der Zeit, wann wir aber in die ſeelige (dann in dem Unſeeligen iſts fin- ſter, da die Gottloſen noch weniger Heilſames, Erfreuliches und Wonne-ſeeliges, Himmliſches faſſen koͤnnen, als in der Zeit ihre falſche Bilder von goͤttlichen Dingen, ſo ſie in dieſer Welt geheget, dienen ihnen zu entſetzlicher greulicher Qual, ſie koͤnnen nichts klares von GOtt und ſeinem Reich erkennen, als was nur zu lauter Angſt und Schrecken gerichtet) Ewigkeit kommen werden, alsdann wer- den wirs nicht nur aus Vernunfft-Schluͤſſen erkennen; ſondern klar ſehen, wie GOTT von Ewigkeit her ſeye, und das Leben habe aus ſich ſelbſt b.
Er beſitzt alle nur moͤgliche Vollkom- menhei- ten.
§. 3. b) Weil er alle uͤberſteigende Vollkommenheiten die man nur ausdencken kan unendlich in ſich hat; Er iſt der Allgenug- ſamec, der vor Sich und alle genug hat, Er vermag alles, Er kan alles vollfuͤllen und ſaͤttigen, daß das Geſchoͤpff ſchreyen muß vor entzuckender und erſtaunender Freude! hoͤre auf mein GOtt, ich habe genug, ich habe genug, die Liebe, Suͤßigkeit und Freude iſt zu groß vor mich, mein Hertzens-Gefaͤß laufft uͤber, ich kan nicht mehr ertragen, gib nun auch anderen, O mein guter GOTT die nichts haben und dich noch nicht kennen: GOTT iſt das Licht ſelbſt, Er iſt die ewige Weißheit, Er iſt die weſentliche Heiligkeit und Reinig- keit, Er iſt die Seeligkeit und das wahre hoͤchſte Gut; Er vermag
jeder-
aAct. XVII. 28.
bJoh. V. 26.
cGen. XVII. 1.
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Lebens-Mahlzeit.
Das zweyte Capitel.
Von dem Leben GOttes: von der Sendung und Zukunfft Chriſti wie
der erſchienene Heiland lebe: die Verbindung zwiſchen dem Vatter und
Sohn in dieſem Wercke.
§. 1. Jm erſten Theil haben wir vier Puncten daß GOTT lebe:
Dieſes Denck-Bild iſt allen Menſchen eingepraͤget, in Jhm leben,
weben und ſind wir a, GOtt uͤbertrifft alle Geſchoͤpffe muͤndlich.
GOtt lebet:
§. 2. a) Weil er von ſich ſelbſt iſt, von Ewigkeit her, ohne Anfang,
welches uns unbegreifflich iſt, wir koͤnnen wol faſſen, wie eine Sach
nicht aufhoͤre zu ſeyn, darum weilen wir zur unaufhoͤrlichen Ewig-
keit geſchaffen ſind; koͤnnen aber nicht faſſen, wie etwas ſeyn koͤnne
ohne angefangen haben zu ſeyn, weilen wir ein Anfang haben in der
Zeit, wann wir aber in die ſeelige (dann in dem Unſeeligen iſts fin-
ſter, da die Gottloſen noch weniger Heilſames, Erfreuliches und
Wonne-ſeeliges, Himmliſches faſſen koͤnnen, als in der Zeit ihre
falſche Bilder von goͤttlichen Dingen, ſo ſie in dieſer Welt geheget,
dienen ihnen zu entſetzlicher greulicher Qual, ſie koͤnnen nichts klares
von GOtt und ſeinem Reich erkennen, als was nur zu lauter Angſt
und Schrecken gerichtet) Ewigkeit kommen werden, alsdann wer-
den wirs nicht nur aus Vernunfft-Schluͤſſen erkennen; ſondern klar
ſehen, wie GOTT von Ewigkeit her ſeye, und das Leben habe aus
ſich ſelbſt b.
§. 3. b) Weil er alle uͤberſteigende Vollkommenheiten die man
nur ausdencken kan unendlich in ſich hat; Er iſt der Allgenug-
ſame c, der vor Sich und alle genug hat, Er vermag alles, Er
kan alles vollfuͤllen und ſaͤttigen, daß das Geſchoͤpff ſchreyen muß
vor entzuckender und erſtaunender Freude! hoͤre auf mein GOtt, ich
habe genug, ich habe genug, die Liebe, Suͤßigkeit und Freude iſt zu
groß vor mich, mein Hertzens-Gefaͤß laufft uͤber, ich kan nicht mehr
ertragen, gib nun auch anderen, O mein guter GOTT die nichts
haben und dich noch nicht kennen: GOTT iſt das Licht ſelbſt, Er
iſt die ewige Weißheit, Er iſt die weſentliche Heiligkeit und Reinig-
keit, Er iſt die Seeligkeit und das wahre hoͤchſte Gut; Er vermag
jeder-
a Act. XVII. 28.
b Joh. V. 26.
c Gen. XVII. 1.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1026. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1122>, abgerufen am 21.11.2024.
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