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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] man der Tapferkeit die Ober-Stelle unter den
Helden-Tugenden eingeräumt habe; welche
man billich nur für eine Werckmeisterin der ei-
sernen Zeit solte gelten lassen/ wie der Friede das
Kleinod der güldnen ist/ welcher als ein Göttli-
ches Geschencke vom Himmel kommen/ dessen
Fußstapfen von Oele trieffen/ und dessen Flügel
eitel Segen von sich schütten/ welcher umb die
Welt mit Uberflusse zu erquicken die Hände an
den Pflug und Wein - Stock legt/ und der
Handlung alle Gebürge und Seen öffnet.
Jn welchem Absehen die Egyptier den Frie-
den in Gestalt eines jungen mit Weitzen-
Aehren/ Rosen und Lorber-Zweigen gekrönten
Schutz - GOttes mahlen/ und darmit seine
Glückseligkeiten abbilden. Weßwegen auch
die/ welche wider den Frieden eine eingewur-
tzelte Gramschafft im Hertzen hegen/ zu beken-
nen genöthigt werden/ daß der Krieg an sich
selbst nichts gutes/ sondern eine Kranckheit des
gemeinen Wesens/ der Friede aber desselbten
Gesundheit/ jener ein Sturm/ dieser ein Son-
nen-Schein des Glückes/ und wenn der Krieg
nicht umb den Frieden zu befestigen angefan-
gen würde/ solcher kein vernünftiges Begin-
nen/ sondern eine Raserey der wilden Thiere
sey/ derer keines doch so blutgierig/ als der un-
versöhnliche Mensch wider seines gleichen wü-
tet. Wohin die alten Griechen sonder Zwei-
fel gezielet/ als sie der klugen Pallas zwar Helm
und Waffen/ aber zugleich den Oel-Baum/ als
das Zeichen des fruchtbaren Friedens/ zuge-
eignet/ dem streitbaren Achilles auch den fried-
fertigen Palamedes für Troja an die Seite
gesetzt haben. Und bey den Römern hat die
fünfte Legion nur deßhalben eine Sau zum
Kriegs-Zeichen geführet/ weil man dieses un-
saubere Thier denen Friedens - Handlungen
zu opfern pfleget. Daher als die Stadt
Athen dieses Absehen des Friedens insgemein
außer Augen gesetzt/ und niemals/ als in Trau-
[Spaltenumbruch] er-Kleidern/ wenn nemlich selbte/ nach der Ge-
wohnheit der stündlich veränderlichen Waffen/
grosse Niederlagen erlidten/ Friede gemacht/
sie ihr Phocion mit Rechte gescholten/ und Rom
den Regulus billich verflucht hat/ weil er so
hartnäckicht der darumb flehenden Stadt
Carthago den Frieden zu geben widerrieth/ sich
aber dadurch in grausamste Pein/ sein Vater-
land in tausenderley Unglück stürtzte. Wie
denn das kriegerische Sparta/ welches den
Krieg nicht für den letzten/ sondern für den
ersten Streich des Rechtes und den Kriegs-
Gott in Band und Eisen angeschlossen hielt/
wormit er nicht von ihnen entfliehen möchte;
nichts minder das unruhige Athen/ welches
ein ungeflügeltes Siegs - Bild für seinen
Schutz-Gott verehrte/ zu gerechter Rache von
diesem ihrem Schoos-Kinde in die Römische
Dienstbarkeit geliefert worden. Woraus ich
den Römern nichts bessers wahrsagen kan/
weil sie anderer Völcker Laster und Blutstür-
tzungen nicht nur für ihr Glücke/ sondern
wenn sie anderwerts den Saamen der Zwy-
tracht angewehren/ für grosse Klugheit hal-
ten. Denn ob wol insgemein geglaubet
wird/ daß bey langer Ruh nichts minder die
Tugend weibisch/ als das ungenützte Eisen
rostig werde/ weßwegen Scipio Nasica so sehr
die Zerstörung der Stadt Carthago/ als des
rechten Wetz-Steins der Römischen Tapfer-
keit widerrathen; so ist doch diß eine auff diesen
Jrrthum gegründete Meynung/ samb der Frie-
de die Waffen zu unterhalten gar nicht fähig wä-
re/ und er nach Anleitung einer alten Römischen
Müntze die Waffen alsofort zerschmeltzen müste;
Da doch derselben Ubung gar wohl beym Frie-
den geschehen kan und muß; und die streitba-
ren Gemüther sich/ wie die Deutschen/ in aus-
ländischen Kriegen können sehen lassen/ ohne
welche in der Welt fast kein Fürst eine Leibwa-
che hat/ noch einigen Krieg führet. Vielmehr

aber

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] man der Tapferkeit die Ober-Stelle unter den
Helden-Tugenden eingeraͤumt habe; welche
man billich nur fuͤr eine Werckmeiſterin der ei-
ſernen Zeit ſolte gelten laſſen/ wie der Friede das
Kleinod der guͤldnen iſt/ welcher als ein Goͤttli-
ches Geſchencke vom Himmel kommen/ deſſen
Fußſtapfen von Oele trieffen/ und deſſen Fluͤgel
eitel Segen von ſich ſchuͤtten/ welcher umb die
Welt mit Uberfluſſe zu erquicken die Haͤnde an
den Pflug und Wein - Stock legt/ und der
Handlung alle Gebuͤrge und Seen oͤffnet.
Jn welchem Abſehen die Egyptier den Frie-
den in Geſtalt eines jungen mit Weitzen-
Aehren/ Roſen und Lorber-Zweigen gekroͤnten
Schutz - GOttes mahlen/ und darmit ſeine
Gluͤckſeligkeiten abbilden. Weßwegen auch
die/ welche wider den Frieden eine eingewur-
tzelte Gramſchafft im Hertzen hegen/ zu beken-
nen genoͤthigt werden/ daß der Krieg an ſich
ſelbſt nichts gutes/ ſondern eine Kranckheit des
gemeinen Weſens/ der Friede aber deſſelbten
Geſundheit/ jener ein Sturm/ dieſer ein Son-
nen-Schein des Gluͤckes/ und wenn der Krieg
nicht umb den Frieden zu befeſtigen angefan-
gen wuͤrde/ ſolcher kein vernuͤnftiges Begin-
nen/ ſondern eine Raſerey der wilden Thiere
ſey/ derer keines doch ſo blutgierig/ als der un-
verſoͤhnliche Menſch wider ſeines gleichen wuͤ-
tet. Wohin die alten Griechen ſonder Zwei-
fel gezielet/ als ſie der klugen Pallas zwar Helm
und Waffen/ aber zugleich den Oel-Baum/ als
das Zeichen des fruchtbaren Friedens/ zuge-
eignet/ dem ſtreitbaren Achilles auch den fried-
fertigen Palamedes fuͤr Troja an die Seite
geſetzt haben. Und bey den Roͤmern hat die
fuͤnfte Legion nur deßhalben eine Sau zum
Kriegs-Zeichen gefuͤhret/ weil man dieſes un-
ſaubere Thier denen Friedens - Handlungen
zu opfern pfleget. Daher als die Stadt
Athen dieſes Abſehen des Friedens insgemein
außer Augen geſetzt/ und niemals/ als in Trau-
[Spaltenumbruch] er-Kleidern/ wenn nemlich ſelbte/ nach der Ge-
wohnheit der ſtuͤndlich veraͤnderlichen Waffen/
groſſe Niederlagen erlidten/ Friede gemacht/
ſie ihr Phocion mit Rechte geſcholten/ und Rom
den Regulus billich verflucht hat/ weil er ſo
hartnaͤckicht der darumb flehenden Stadt
Carthago den Frieden zu geben widerrieth/ ſich
aber dadurch in grauſamſte Pein/ ſein Vater-
land in tauſenderley Ungluͤck ſtuͤrtzte. Wie
denn das kriegeriſche Sparta/ welches den
Krieg nicht fuͤr den letzten/ ſondern fuͤr den
erſten Streich des Rechtes und den Kriegs-
Gott in Band und Eiſen angeſchloſſen hielt/
wormit er nicht von ihnen entfliehen moͤchte;
nichts minder das unruhige Athen/ welches
ein ungefluͤgeltes Siegs - Bild fuͤr ſeinen
Schutz-Gott verehrte/ zu gerechter Rache von
dieſem ihrem Schoos-Kinde in die Roͤmiſche
Dienſtbarkeit geliefert worden. Woraus ich
den Roͤmern nichts beſſers wahrſagen kan/
weil ſie anderer Voͤlcker Laſter und Blutſtuͤr-
tzungen nicht nur fuͤr ihr Gluͤcke/ ſondern
wenn ſie anderwerts den Saamen der Zwy-
tracht angewehren/ fuͤr groſſe Klugheit hal-
ten. Denn ob wol insgemein geglaubet
wird/ daß bey langer Ruh nichts minder die
Tugend weibiſch/ als das ungenuͤtzte Eiſen
roſtig werde/ weßwegen Scipio Naſica ſo ſehr
die Zerſtoͤrung der Stadt Carthago/ als des
rechten Wetz-Steins der Roͤmiſchen Tapfer-
keit widerrathen; ſo iſt doch diß eine auff dieſen
Jrrthum gegruͤndete Meynung/ ſamb der Frie-
de die Waffen zu unterhalten gar nicht faͤhig waͤ-
re/ und er nach Anleitung einer alten Roͤmiſchen
Muͤntze die Waffen alſofort zerſchmeltzen muͤſte;
Da doch derſelben Ubung gar wohl beym Frie-
den geſchehen kan und muß; und die ſtreitba-
ren Gemuͤther ſich/ wie die Deutſchen/ in aus-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/166>, abgerufen am 26.04.2024.