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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] aber sind die Friedens-Künste zu Befestigung
eines Reiches dienlich; Massen denn Sparta
acht hundert Jahr geblühet/ ehe es seinen
Kriegs-Ruhm und damit auch seinen Unter-
gang verdienet hat. Endlich verdienet auch die
Beysorge/ daß der Pöfel beym Frieden schwü-
rig/ das Volck wollüstig/ der Adel wegen Man-
gelhoher Beförderung unmuthig würde/ nicht/
daß man dem Kriege zu-dem Frieden ablegen
solle. Sintemal so denn nichts minder der Ge-
horsam als das Wachsthum eines Reiches in
der besten Vollkommenheit ist; Weil die/ welche
etwas zu verlieren haben/ für Aufstand und Un-
ruh Abscheu tragen; Die Unvermögenden a-
ber bey allgemeinem Schiffbruche sich von den
Stücken des gemeinen Wesens zu bereichern
vermeinen. Wenn aber auch aus allzulanger
Ruh ein Schaden erwachsen wil/ ist einem Für-
sten nichts leichter/ als dem Müßiggange einen
Rocken zu finden/ woran er sich zu tode spinne
und der Neuerungen vergesse. Wie ich denn
dafür halte/ daß die Egyptischen Könige ihre
unnütze Spitzthürme nicht so wohl ihrer Be-
gräbnüsse halber/ weniger aus Aberglauben/
daß selbte den Menschen eine Leiter in Him-
mel/ den Göttern auf die Erde seyn/ oder ihr
Gedächtniß für einer besorglichen Ubergiessung
der Welt verwahren solten; Sondern vielmehr
um ihre müßige Unterthanen zubeschäfftigen
erbauet haben. Gleichergestalt ist glaublicher:
Daß die kostbaren Jrrgärte in Creta und Jta-
lien zu eben diesem Ende/ nicht aber der Er-
bauer Schätze zu zeigen/ und der Nachbarn
Mißgunst zu erregen/ so kostbar aufgethürmet
worden.

Malovend pflichtete in allem dem klugen Ze-
no bey/ und erwehnte: Daß der Feldherr Ul-
sing um sein Volck so viel besser in Pflicht und
arbeitsam zu erhalten/ und dadurch dem Armu-
the/ daß es seinen Unterhalt verdienen könne/
Gelegenheit zu verschaffen/ viel ansehnliche aber
[Spaltenumbruch] nützlichere Gebäue/ denn vieler Fürsten thörich-
te Wunderwerck e gewest wären/ in Grund ge-
legt hätte. Sintemahl ohne den sichtbaren
Nutzen alle Gebäue der Fürsten aberwitzige
Erschöpffungen der gemeinen Schatzkammer/
fluchwürdige Bürden der Unterthanen/ und
schnöde Merckmaale geschwinder Vergänglig-
keit wären. Diesemnach denn die drey Was-
sergraben/ welche ein Arabischer Fürst aus dem
Flusse Coris/ um seine Sandwüsten anzuwäs-
sern/ geleitet; Des Selevcus Anstalten das ro-
the- und Mittel-Meer/ wie auch die Euxinische
und Caspische See zu vereinbaren; Jngleichen
die vom Pyrrhus und Marcus Varro für ge-
habte Zusammenbindung Jtaliens und Grie-
chenlands über das Adriatische Meer/ des Da-
rius und Xerxes zwey Brücken über den Hel-
lespont/ der Römer Meer-Tämme für dem Li-
lybeischen Hafen vielmehr Ruhms verdienen/
als die Verschwendung desselben Meders/ der
das Ecbatanische Schloß aus silbernen Ziegeln
mauren/ und Memnons/ der zu der Burg in
Susa an statt des Eisens lauter Gold verbrau-
chen lassen. Weßwegen auch des grossen Ale-
xanders bey so vielem Glücke ungemeine Mäs-
sigung kein geringes Lob verdienet; Jn dem er
des Werckmeisters Vorschlag anzunehmen
nicht gewürdigt/ welcher aus dem Berge Athos
Alexanders Bild zu hauen sich erboten/ wel-
ches/ wie ein Opfer-Priester/ mit der einen
Hand aus einer grossen Schale einen Fluß aus-
schütten solte/ worvon zwey darunter gebauete
Städte beströmet werden könten.

Rhemetalces fing hierüber an: Es hätte der
Erzehlung nach der Feldherr Ulsing alles so
vernünfftig eingerichtet/ daß er seines Glückes
wohl werth gewest. Jhn wunderte aber hier-
bey nicht wenig/ daß er als ein so kluger Fürst/
der mit so vielen Eitelkeiten angefüllten Stern-
seher-Kunst beflissen/ und bey dieser unglückseli-
gen Wissenschafft eine so vergnügte Herrschafft

gefüh-
P 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] aber ſind die Friedens-Kuͤnſte zu Befeſtigung
eines Reiches dienlich; Maſſen denn Sparta
acht hundert Jahr gebluͤhet/ ehe es ſeinen
Kriegs-Ruhm und damit auch ſeinen Unter-
gang verdienet hat. Endlich verdienet auch die
Beyſorge/ daß der Poͤfel beym Frieden ſchwuͤ-
rig/ das Volck wolluͤſtig/ der Adel wegen Man-
gelhoher Befoͤrderung unmuthig wuͤrde/ nicht/
daß man dem Kriege zu-dem Frieden ablegen
ſolle. Sintemal ſo denn nichts minder der Ge-
horſam als das Wachsthum eines Reiches in
der beſten Vollkommenheit iſt; Weil die/ welche
etwas zu verlieren haben/ fuͤr Aufſtand und Un-
ruh Abſcheu tragen; Die Unvermoͤgenden a-
ber bey allgemeinem Schiffbruche ſich von den
Stuͤcken des gemeinen Weſens zu bereichern
vermeinen. Wenn aber auch aus allzulanger
Ruh ein Schaden erwachſen wil/ iſt einem Fuͤr-
ſten nichts leichter/ als dem Muͤßiggange einen
Rocken zu finden/ woran er ſich zu tode ſpinne
und der Neuerungen vergeſſe. Wie ich denn
dafuͤr halte/ daß die Egyptiſchen Koͤnige ihre
unnuͤtze Spitzthuͤrme nicht ſo wohl ihrer Be-
graͤbnuͤſſe halber/ weniger aus Aberglauben/
daß ſelbte den Menſchen eine Leiter in Him-
mel/ den Goͤttern auf die Erde ſeyn/ oder ihr
Gedaͤchtniß fuͤr einer beſorglichen Ubergieſſung
der Welt verwahren ſolten; Sondern vielmehr
um ihre muͤßige Unterthanen zubeſchaͤfftigen
erbauet haben. Gleichergeſtalt iſt glaublicher:
Daß die koſtbaren Jrrgaͤrte in Creta und Jta-
lien zu eben dieſem Ende/ nicht aber der Er-
bauer Schaͤtze zu zeigen/ und der Nachbarn
Mißgunſt zu erregen/ ſo koſtbar aufgethuͤrmet
worden.

Malovend pflichtete in allem dem klugen Ze-
no bey/ und erwehnte: Daß der Feldherr Ul-
ſing um ſein Volck ſo viel beſſer in Pflicht und
arbeitſam zu erhalten/ und dadurch dem Armu-
the/ daß es ſeinen Unterhalt verdienen koͤnne/
Gelegenheit zu verſchaffen/ viel anſehnliche aber
[Spaltenumbruch] nuͤtzlichere Gebaͤue/ denn vieler Fuͤrſten thoͤrich-
te Wunderwerck e geweſt waͤren/ in Grund ge-
legt haͤtte. Sintemahl ohne den ſichtbaren
Nutzen alle Gebaͤue der Fuͤrſten aberwitzige
Erſchoͤpffungen der gemeinen Schatzkammer/
fluchwuͤrdige Buͤrden der Unterthanen/ und
ſchnoͤde Merckmaale geſchwinder Vergaͤnglig-
keit waͤren. Dieſemnach denn die drey Waſ-
ſergraben/ welche ein Arabiſcher Fuͤrſt aus dem
Fluſſe Coris/ um ſeine Sandwuͤſten anzuwaͤſ-
ſern/ geleitet; Des Selevcus Anſtalten das ro-
the- und Mittel-Meer/ wie auch die Euxiniſche
und Caſpiſche See zu vereinbaren; Jngleichen
die vom Pyrrhus und Marcus Varro fuͤr ge-
habte Zuſammenbindung Jtaliens und Grie-
chenlands uͤber das Adriatiſche Meer/ des Da-
rius und Xerxes zwey Bruͤcken uͤber den Hel-
leſpont/ der Roͤmer Meer-Taͤmme fuͤr dem Li-
lybeiſchen Hafen vielmehr Ruhms verdienen/
als die Verſchwendung deſſelben Meders/ der
das Ecbataniſche Schloß aus ſilbernen Ziegeln
mauren/ und Memnons/ der zu der Burg in
Suſa an ſtatt des Eiſens lauter Gold verbrau-
chen laſſen. Weßwegen auch des groſſen Ale-
xanders bey ſo vielem Gluͤcke ungemeine Maͤſ-
ſigung kein geringes Lob verdienet; Jn dem er
des Werckmeiſters Vorſchlag anzunehmen
nicht gewuͤrdigt/ welcher aus dem Berge Athos
Alexanders Bild zu hauen ſich erboten/ wel-
ches/ wie ein Opfer-Prieſter/ mit der einen
Hand aus einer groſſen Schale einen Fluß aus-
ſchuͤtten ſolte/ worvon zwey darunter gebauete
Staͤdte beſtroͤmet werden koͤnten.

Rhemetalces fing hieruͤber an: Es haͤtte der
Erzehlung nach der Feldherr Ulſing alles ſo
vernuͤnfftig eingerichtet/ daß er ſeines Gluͤckes
wohl werth geweſt. Jhn wunderte aber hier-
bey nicht wenig/ daß er als ein ſo kluger Fuͤrſt/
der mit ſo vielen Eitelkeiten angefuͤllten Stern-
ſeher-Kunſt befliſſen/ und bey dieſer ungluͤckſeli-
gen Wiſſenſchafft eine ſo vergnuͤgte Herrſchafft

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[117/0167] Arminius und Thußnelda. aber ſind die Friedens-Kuͤnſte zu Befeſtigung eines Reiches dienlich; Maſſen denn Sparta acht hundert Jahr gebluͤhet/ ehe es ſeinen Kriegs-Ruhm und damit auch ſeinen Unter- gang verdienet hat. Endlich verdienet auch die Beyſorge/ daß der Poͤfel beym Frieden ſchwuͤ- rig/ das Volck wolluͤſtig/ der Adel wegen Man- gelhoher Befoͤrderung unmuthig wuͤrde/ nicht/ daß man dem Kriege zu-dem Frieden ablegen ſolle. Sintemal ſo denn nichts minder der Ge- horſam als das Wachsthum eines Reiches in der beſten Vollkommenheit iſt; Weil die/ welche etwas zu verlieren haben/ fuͤr Aufſtand und Un- ruh Abſcheu tragen; Die Unvermoͤgenden a- ber bey allgemeinem Schiffbruche ſich von den Stuͤcken des gemeinen Weſens zu bereichern vermeinen. Wenn aber auch aus allzulanger Ruh ein Schaden erwachſen wil/ iſt einem Fuͤr- ſten nichts leichter/ als dem Muͤßiggange einen Rocken zu finden/ woran er ſich zu tode ſpinne und der Neuerungen vergeſſe. Wie ich denn dafuͤr halte/ daß die Egyptiſchen Koͤnige ihre unnuͤtze Spitzthuͤrme nicht ſo wohl ihrer Be- graͤbnuͤſſe halber/ weniger aus Aberglauben/ daß ſelbte den Menſchen eine Leiter in Him- mel/ den Goͤttern auf die Erde ſeyn/ oder ihr Gedaͤchtniß fuͤr einer beſorglichen Ubergieſſung der Welt verwahren ſolten; Sondern vielmehr um ihre muͤßige Unterthanen zubeſchaͤfftigen erbauet haben. Gleichergeſtalt iſt glaublicher: Daß die koſtbaren Jrrgaͤrte in Creta und Jta- lien zu eben dieſem Ende/ nicht aber der Er- bauer Schaͤtze zu zeigen/ und der Nachbarn Mißgunſt zu erregen/ ſo koſtbar aufgethuͤrmet worden. Malovend pflichtete in allem dem klugen Ze- no bey/ und erwehnte: Daß der Feldherr Ul- ſing um ſein Volck ſo viel beſſer in Pflicht und arbeitſam zu erhalten/ und dadurch dem Armu- the/ daß es ſeinen Unterhalt verdienen koͤnne/ Gelegenheit zu verſchaffen/ viel anſehnliche aber nuͤtzlichere Gebaͤue/ denn vieler Fuͤrſten thoͤrich- te Wunderwerck e geweſt waͤren/ in Grund ge- legt haͤtte. Sintemahl ohne den ſichtbaren Nutzen alle Gebaͤue der Fuͤrſten aberwitzige Erſchoͤpffungen der gemeinen Schatzkammer/ fluchwuͤrdige Buͤrden der Unterthanen/ und ſchnoͤde Merckmaale geſchwinder Vergaͤnglig- keit waͤren. Dieſemnach denn die drey Waſ- ſergraben/ welche ein Arabiſcher Fuͤrſt aus dem Fluſſe Coris/ um ſeine Sandwuͤſten anzuwaͤſ- ſern/ geleitet; Des Selevcus Anſtalten das ro- the- und Mittel-Meer/ wie auch die Euxiniſche und Caſpiſche See zu vereinbaren; Jngleichen die vom Pyrrhus und Marcus Varro fuͤr ge- habte Zuſammenbindung Jtaliens und Grie- chenlands uͤber das Adriatiſche Meer/ des Da- rius und Xerxes zwey Bruͤcken uͤber den Hel- leſpont/ der Roͤmer Meer-Taͤmme fuͤr dem Li- lybeiſchen Hafen vielmehr Ruhms verdienen/ als die Verſchwendung deſſelben Meders/ der das Ecbataniſche Schloß aus ſilbernen Ziegeln mauren/ und Memnons/ der zu der Burg in Suſa an ſtatt des Eiſens lauter Gold verbrau- chen laſſen. Weßwegen auch des groſſen Ale- xanders bey ſo vielem Gluͤcke ungemeine Maͤſ- ſigung kein geringes Lob verdienet; Jn dem er des Werckmeiſters Vorſchlag anzunehmen nicht gewuͤrdigt/ welcher aus dem Berge Athos Alexanders Bild zu hauen ſich erboten/ wel- ches/ wie ein Opfer-Prieſter/ mit der einen Hand aus einer groſſen Schale einen Fluß aus- ſchuͤtten ſolte/ worvon zwey darunter gebauete Staͤdte beſtroͤmet werden koͤnten. Rhemetalces fing hieruͤber an: Es haͤtte der Erzehlung nach der Feldherr Ulſing alles ſo vernuͤnfftig eingerichtet/ daß er ſeines Gluͤckes wohl werth geweſt. Jhn wunderte aber hier- bey nicht wenig/ daß er als ein ſo kluger Fuͤrſt/ der mit ſo vielen Eitelkeiten angefuͤllten Stern- ſeher-Kunſt befliſſen/ und bey dieſer ungluͤckſeli- gen Wiſſenſchafft eine ſo vergnuͤgte Herrſchafft gefuͤh- P 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/167>, abgerufen am 24.11.2024.