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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Die Sonne.
(Photosphäre), welche durch eine zweite, unter ihr liegende, äußerst
elastische und transparente Umgebung immer in einer großen Höhe
über der Sonne erhalten wird. Unter dieser zweiten liegt endlich
eine wolkenartige, dunkle Schichte. Durch die Revolutionen,
welche auf der obersten Lichtsphäre vor sich gehen, und die sich
auch den beiden andern, tiefer liegenden Einhüllungen der Sonne
mittheilen, durch die heftigen Schwankungen, denen dieses Licht-
meer ausgesetzt ist, trennt es sich zuweilen an einzelnen Stellen,
wo es gleichsam Risse bekömmt. Durch die Höhlen, die auf
diese Weise in der höchsten Sonnenschichte entstehen, und um
welche sich die Lichtmaterie dieser Schichte gleichsam in Wänden
aufthürmt, durch diese Höhlen dringen nun die Strahlen der
leuchtenden Wände, erhellen dadurch, nachdem sie durch die
transparente zweite Hülle ungehindert durchgedrungen sind, die
unterste, dunkle Wolkenschichte, und bilden auf diese eise jenen
aschgrauen Rand. Da diese Spalten oder Risse, wie gesagt,
meistens allen drei Umgebungen der Sonne gemeinschaftlich sind,
so wird dadurch auch der unterste Körper, der eigentliche Kern
der Sonne, unsern Augen bloßgelegt, aber dieser kann von den
erwähnten lichten Wänden der obersten Lichtsphäre nicht mehr
beleuchtet werden, weil er von den ihm zunächst liegenden Wolken
der dritten oder untersten, dunklen Schichte beschattet wird, wodurch
also die eigentliche schwarze Stelle des Fleckens erzeugt wird.
-- Diese Erklärung thut den Erscheinungen, so weit wir sie kennen,
allerdings genug, und sie wird daher auch als die beste und
sinnreichste von allen, die man bisher aufgestellt hat, angesehen.

§. 34. (Entdeckung der Sonnenflecken.) Die Ehre der ersten
Entdeckung der Sonnenflecken, die bald nach der Erfindung der
Fernröhre statt hatte, scheint dem Engländer Harriot zu ge-
hören. Baron Zach sah in den hinterlassenen Papieren dieses
Astronomen Beobachtungen von Sonnenflecken, die mit dem
8. Dezember 1610 anfingen. (Berl. Ephem 1788 p. 154). Allein
diese Beobachtungen blieben, wenigstens auf dem Festlande Europas,
sehr lange unbekannt. Der berühmte Arzt Averroes von Cordova,
der im zwölften Jahrhunderte lebte, hat wohl der erste einen
großen Sonnenflecken mit freyen Augen gesehen, aber die Sache
erregte keine Aufmerksamkeit und hatte um so weniger Folge, als

Die Sonne.
(Photoſphäre), welche durch eine zweite, unter ihr liegende, äußerſt
elaſtiſche und transparente Umgebung immer in einer großen Höhe
über der Sonne erhalten wird. Unter dieſer zweiten liegt endlich
eine wolkenartige, dunkle Schichte. Durch die Revolutionen,
welche auf der oberſten Lichtſphäre vor ſich gehen, und die ſich
auch den beiden andern, tiefer liegenden Einhüllungen der Sonne
mittheilen, durch die heftigen Schwankungen, denen dieſes Licht-
meer ausgeſetzt iſt, trennt es ſich zuweilen an einzelnen Stellen,
wo es gleichſam Riſſe bekömmt. Durch die Höhlen, die auf
dieſe Weiſe in der höchſten Sonnenſchichte entſtehen, und um
welche ſich die Lichtmaterie dieſer Schichte gleichſam in Wänden
aufthürmt, durch dieſe Höhlen dringen nun die Strahlen der
leuchtenden Wände, erhellen dadurch, nachdem ſie durch die
transparente zweite Hülle ungehindert durchgedrungen ſind, die
unterſte, dunkle Wolkenſchichte, und bilden auf dieſe eiſe jenen
aſchgrauen Rand. Da dieſe Spalten oder Riſſe, wie geſagt,
meiſtens allen drei Umgebungen der Sonne gemeinſchaftlich ſind,
ſo wird dadurch auch der unterſte Körper, der eigentliche Kern
der Sonne, unſern Augen bloßgelegt, aber dieſer kann von den
erwähnten lichten Wänden der oberſten Lichtſphäre nicht mehr
beleuchtet werden, weil er von den ihm zunächſt liegenden Wolken
der dritten oder unterſten, dunklen Schichte beſchattet wird, wodurch
alſo die eigentliche ſchwarze Stelle des Fleckens erzeugt wird.
— Dieſe Erklärung thut den Erſcheinungen, ſo weit wir ſie kennen,
allerdings genug, und ſie wird daher auch als die beſte und
ſinnreichſte von allen, die man bisher aufgeſtellt hat, angeſehen.

§. 34. (Entdeckung der Sonnenflecken.) Die Ehre der erſten
Entdeckung der Sonnenflecken, die bald nach der Erfindung der
Fernröhre ſtatt hatte, ſcheint dem Engländer Harriot zu ge-
hören. Baron Zach ſah in den hinterlaſſenen Papieren dieſes
Aſtronomen Beobachtungen von Sonnenflecken, die mit dem
8. Dezember 1610 anfingen. (Berl. Ephem 1788 p. 154). Allein
dieſe Beobachtungen blieben, wenigſtens auf dem Feſtlande Europas,
ſehr lange unbekannt. Der berühmte Arzt Averroes von Cordova,
der im zwölften Jahrhunderte lebte, hat wohl der erſte einen
großen Sonnenflecken mit freyen Augen geſehen, aber die Sache
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[43/0053] Die Sonne. (Photoſphäre), welche durch eine zweite, unter ihr liegende, äußerſt elaſtiſche und transparente Umgebung immer in einer großen Höhe über der Sonne erhalten wird. Unter dieſer zweiten liegt endlich eine wolkenartige, dunkle Schichte. Durch die Revolutionen, welche auf der oberſten Lichtſphäre vor ſich gehen, und die ſich auch den beiden andern, tiefer liegenden Einhüllungen der Sonne mittheilen, durch die heftigen Schwankungen, denen dieſes Licht- meer ausgeſetzt iſt, trennt es ſich zuweilen an einzelnen Stellen, wo es gleichſam Riſſe bekömmt. Durch die Höhlen, die auf dieſe Weiſe in der höchſten Sonnenſchichte entſtehen, und um welche ſich die Lichtmaterie dieſer Schichte gleichſam in Wänden aufthürmt, durch dieſe Höhlen dringen nun die Strahlen der leuchtenden Wände, erhellen dadurch, nachdem ſie durch die transparente zweite Hülle ungehindert durchgedrungen ſind, die unterſte, dunkle Wolkenſchichte, und bilden auf dieſe eiſe jenen aſchgrauen Rand. Da dieſe Spalten oder Riſſe, wie geſagt, meiſtens allen drei Umgebungen der Sonne gemeinſchaftlich ſind, ſo wird dadurch auch der unterſte Körper, der eigentliche Kern der Sonne, unſern Augen bloßgelegt, aber dieſer kann von den erwähnten lichten Wänden der oberſten Lichtſphäre nicht mehr beleuchtet werden, weil er von den ihm zunächſt liegenden Wolken der dritten oder unterſten, dunklen Schichte beſchattet wird, wodurch alſo die eigentliche ſchwarze Stelle des Fleckens erzeugt wird. — Dieſe Erklärung thut den Erſcheinungen, ſo weit wir ſie kennen, allerdings genug, und ſie wird daher auch als die beſte und ſinnreichſte von allen, die man bisher aufgeſtellt hat, angeſehen. §. 34. (Entdeckung der Sonnenflecken.) Die Ehre der erſten Entdeckung der Sonnenflecken, die bald nach der Erfindung der Fernröhre ſtatt hatte, ſcheint dem Engländer Harriot zu ge- hören. Baron Zach ſah in den hinterlaſſenen Papieren dieſes Aſtronomen Beobachtungen von Sonnenflecken, die mit dem 8. Dezember 1610 anfingen. (Berl. Ephem 1788 p. 154). Allein dieſe Beobachtungen blieben, wenigſtens auf dem Feſtlande Europas, ſehr lange unbekannt. Der berühmte Arzt Averroes von Cordova, der im zwölften Jahrhunderte lebte, hat wohl der erſte einen großen Sonnenflecken mit freyen Augen geſehen, aber die Sache erregte keine Aufmerkſamkeit und hatte um ſo weniger Folge, als

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/53>, abgerufen am 26.04.2024.