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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Jährliche Bewegung der Sonne.
§. 46) bestimmt, so wird man sie, nach ihrer Rectascension geordnet,
in einen Catalog bringen, um die Angaben desselben für jeden
vorkommenden künftigen Fall zu benutzen. Will man nämlich
den Ort der Sonne oder den eines Planeten für irgend einen
Tag durch Beobachtung bestimmen, so wird man ihn mit irgend
einem der in dem Sternkatalog verzeichneten, also genau be-
kannten Sterne durch den Meridian gehen lassen, wo dann die
beobachtete Differenz der Durchgangszeit zu der durch den Catalog
gegebenen Rectascension des Sterns geschlagen, die gesuchte Recta-
scension des Planeten geben wird. Eben so wird man die Dekli-
nation des Planeten entweder unmittelbar durch seine beobachtete
Meridianhöhe (nach §. 46), oder, wenn man sich auf die absoluten
Höhen seines Instruments weniger verlassen kann, durch die be-
obachtete Differenz der mittägigen Höhen des Sterns und des
Planeten erhalten, indem man nämlich diese Differenz zu der aus
dem Sternkataloge gegebenen Deklination des Sterns addirt.

Man sieht, daß die Verfertigung eines solchen Sternkatalogs
eines der wichtigsten Geschäfte der praktischen Astronomie ist, weil
der Gebrauch desselben allen andern Beobachtungen zu Grunde
liegt. Die vorzüglichsten der neueren Sternkataloge sind die von
Piazzi (Catalogus proc. stellarum, Edit. II); von M. Lalande
(Histoire celeste)
und Bessel (Astron. Beob. in Königsberg).

III. Wir haben oben (§. 47. I) bemerkt, daß die dort gegebene
Methode, die Schiefe der Ekliptik zu bestimmen, voraussetzt, daß
die Zeit des Solstitiums mit der Zeit des Mittags zusammen-
falle. Da dieß aber nur sehr selten eintreffen wird, so müssen
wir ein Mittel haben, auf diese Abweichung Rücksicht zu nehmen.

Nehmen wir also an, daß man an jedem der dem Solstitium
nahen Mittage nebst der Höhe der Sonne auch noch, nach dem
(in II) erklärten Verfahren die Rectascension der Sonne beobachtet
habe, so wird man dadurch die Zeit des Solstitiums genau bestim-
men können. Die Sonne wird nämlich in den Wendepunkt in
dem Augenblicke treten, wo ihre Rectascension 90 oder 270 Grade
beträgt. Nehmen wir an, daß an dem dem Solstitium nächsten
Mittage noch a Secunden zu 90° oder 270° fehlen, so wird man
zu der beobachteten Deklination dieses Mittags noch das Quadrat
dieser Zahl a, multiplicirt durch 0,0000018, addiren, um die wahre

Jährliche Bewegung der Sonne.
§. 46) beſtimmt, ſo wird man ſie, nach ihrer Rectaſcenſion geordnet,
in einen Catalog bringen, um die Angaben deſſelben für jeden
vorkommenden künftigen Fall zu benutzen. Will man nämlich
den Ort der Sonne oder den eines Planeten für irgend einen
Tag durch Beobachtung beſtimmen, ſo wird man ihn mit irgend
einem der in dem Sternkatalog verzeichneten, alſo genau be-
kannten Sterne durch den Meridian gehen laſſen, wo dann die
beobachtete Differenz der Durchgangszeit zu der durch den Catalog
gegebenen Rectaſcenſion des Sterns geſchlagen, die geſuchte Recta-
ſcenſion des Planeten geben wird. Eben ſo wird man die Dekli-
nation des Planeten entweder unmittelbar durch ſeine beobachtete
Meridianhöhe (nach §. 46), oder, wenn man ſich auf die abſoluten
Höhen ſeines Inſtruments weniger verlaſſen kann, durch die be-
obachtete Differenz der mittägigen Höhen des Sterns und des
Planeten erhalten, indem man nämlich dieſe Differenz zu der aus
dem Sternkataloge gegebenen Deklination des Sterns addirt.

Man ſieht, daß die Verfertigung eines ſolchen Sternkatalogs
eines der wichtigſten Geſchäfte der praktiſchen Aſtronomie iſt, weil
der Gebrauch deſſelben allen andern Beobachtungen zu Grunde
liegt. Die vorzüglichſten der neueren Sternkataloge ſind die von
Piazzi (Catalogus proc. stellarum, Edit. II); von M. Lalande
(Histoire céleste)
und Beſſel (Aſtron. Beob. in Königsberg).

III. Wir haben oben (§. 47. I) bemerkt, daß die dort gegebene
Methode, die Schiefe der Ekliptik zu beſtimmen, vorausſetzt, daß
die Zeit des Solſtitiums mit der Zeit des Mittags zuſammen-
falle. Da dieß aber nur ſehr ſelten eintreffen wird, ſo müſſen
wir ein Mittel haben, auf dieſe Abweichung Rückſicht zu nehmen.

Nehmen wir alſo an, daß man an jedem der dem Solſtitium
nahen Mittage nebſt der Höhe der Sonne auch noch, nach dem
(in II) erklärten Verfahren die Rectaſcenſion der Sonne beobachtet
habe, ſo wird man dadurch die Zeit des Solſtitiums genau beſtim-
men können. Die Sonne wird nämlich in den Wendepunkt in
dem Augenblicke treten, wo ihre Rectaſcenſion 90 oder 270 Grade
beträgt. Nehmen wir an, daß an dem dem Solſtitium nächſten
Mittage noch a Secunden zu 90° oder 270° fehlen, ſo wird man
zu der beobachteten Deklination dieſes Mittags noch das Quadrat
dieſer Zahl a, multiplicirt durch 0,0000018, addiren, um die wahre

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[122/0134] Jährliche Bewegung der Sonne. §. 46) beſtimmt, ſo wird man ſie, nach ihrer Rectaſcenſion geordnet, in einen Catalog bringen, um die Angaben deſſelben für jeden vorkommenden künftigen Fall zu benutzen. Will man nämlich den Ort der Sonne oder den eines Planeten für irgend einen Tag durch Beobachtung beſtimmen, ſo wird man ihn mit irgend einem der in dem Sternkatalog verzeichneten, alſo genau be- kannten Sterne durch den Meridian gehen laſſen, wo dann die beobachtete Differenz der Durchgangszeit zu der durch den Catalog gegebenen Rectaſcenſion des Sterns geſchlagen, die geſuchte Recta- ſcenſion des Planeten geben wird. Eben ſo wird man die Dekli- nation des Planeten entweder unmittelbar durch ſeine beobachtete Meridianhöhe (nach §. 46), oder, wenn man ſich auf die abſoluten Höhen ſeines Inſtruments weniger verlaſſen kann, durch die be- obachtete Differenz der mittägigen Höhen des Sterns und des Planeten erhalten, indem man nämlich dieſe Differenz zu der aus dem Sternkataloge gegebenen Deklination des Sterns addirt. Man ſieht, daß die Verfertigung eines ſolchen Sternkatalogs eines der wichtigſten Geſchäfte der praktiſchen Aſtronomie iſt, weil der Gebrauch deſſelben allen andern Beobachtungen zu Grunde liegt. Die vorzüglichſten der neueren Sternkataloge ſind die von Piazzi (Catalogus proc. stellarum, Edit. II); von M. Lalande (Histoire céleste) und Beſſel (Aſtron. Beob. in Königsberg). III. Wir haben oben (§. 47. I) bemerkt, daß die dort gegebene Methode, die Schiefe der Ekliptik zu beſtimmen, vorausſetzt, daß die Zeit des Solſtitiums mit der Zeit des Mittags zuſammen- falle. Da dieß aber nur ſehr ſelten eintreffen wird, ſo müſſen wir ein Mittel haben, auf dieſe Abweichung Rückſicht zu nehmen. Nehmen wir alſo an, daß man an jedem der dem Solſtitium nahen Mittage nebſt der Höhe der Sonne auch noch, nach dem (in II) erklärten Verfahren die Rectaſcenſion der Sonne beobachtet habe, ſo wird man dadurch die Zeit des Solſtitiums genau beſtim- men können. Die Sonne wird nämlich in den Wendepunkt in dem Augenblicke treten, wo ihre Rectaſcenſion 90 oder 270 Grade beträgt. Nehmen wir an, daß an dem dem Solſtitium nächſten Mittage noch a Secunden zu 90° oder 270° fehlen, ſo wird man zu der beobachteten Deklination dieſes Mittags noch das Quadrat dieſer Zahl a, multiplicirt durch 0,0000018, addiren, um die wahre

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/134>, abgerufen am 04.05.2024.