[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des dritten Bischof Alberts, siebenzehntes Jahr, §. 7. 1214Jm Jahr nach der Menschwerdung Christi tausend zweyhundert funfzehn, §. 8. Die von Rotalien aber waren noch aufsätzig und wegerten sich, von den segnete *) [Hier spielt der Verfasser wieder mit Worten, Riga vero rigat gentes.]
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſiebenzehntes Jahr, §. 7. 1214Jm Jahr nach der Menſchwerdung Chriſti tauſend zweyhundert funfzehn, §. 8. Die von Rotalien aber waren noch aufſaͤtzig und wegerten ſich, von den ſegnete *) [Hier ſpielt der Verfaſſer wieder mit Worten, Riga vero rigat gentes.]
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Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, ſiebenzehntes Jahr,
§. 7.
Jm Jahr nach der Menſchwerdung Chriſti tauſend zweyhundert funfzehn,
ward das Kirchenconcilium zu Rom unter dem Vorſitz Pabſt Jnnocentius die-
ſes Namens des dritten, in Beyſeyn von vier hundert Patriarchen, Cardinaͤlen und
Biſchoͤfen, und acht hundert Aebten gehalten. Unter dieſen befanden ſich der Biſchof
uͤber Liefland Albert, und der Biſchof uͤber Eſthland. Er gab dem Pabſte, wie
auch allen Biſchoͤfen von den Drangſalen, Kriegen und Anſtalten der Kirche in Lief-
land Nachricht. Es freueten ſich auch alle uͤber die Bekehrung der Heiden, und
uͤber die Kriege und vielfaͤltigen Siege der Chriſten. Demnach ſagte der
Biſchof: Heiliger Vater, wie du das Land Jeruſalem, welches das Land
des Sohnes iſt, nicht aufhoͤreſt mit dem Eifer deiner Heiligkeit in Pflege zu
nehmen: alſo ſolſt du auch Liefland, ſo das Land der Mutter iſt, und durch
die Bemuͤhung deines Troſtes bisher unter den Heiden iſt erweitert worden,
nicht Troſtlos laſſen. Denn ein Sohn liebt ſeine Mutter, und wie er nicht
wil, daß ſein Land zu Schaden gehe, ſo wil er auch nicht, daß ſeiner Mut-
ter Land Gefahr laufe. Der Pabſt gab ihm zur Antwort und ſprach: Wir
wollen das Land der Mutter mit gleichem Eifer unſerer vaͤterlichen Fuͤrſorge
allezeit ſo erweitert wiſſen als das Land ihres Sohnes. Nach geendigten Un-
terredungen ſchickte er ſie mit Freuden nach Hauſe, erneuerte ihnen die Volmacht
zu predigen, und Pilger mit dem Kreuze zur Vergebung der Suͤnden bezeichnen,
die mit ihnen nach Liefland gehen und die Kirche vor den Anfaͤllen der Heiden
ſchuͤtzen ſolten. Rom gab die Freyheit, Riga aber taufte *) die Heiden.
Denn Peter Kakewald und der Prieſter Otto wurden von Riga abgeferti-
get, verſahen Saccala und Ungannien inzwiſchen mit der heiligen Taufe und
beriefen ſie zum ewigen Leben.
§. 8.
Die von Rotalien aber waren noch aufſaͤtzig und wegerten ſich, von den
Chriſten ſich Geſetze vorſchreiben zu laſſen. Man beſchloß alſo, ſie mit Krieg zu
uͤberziehen. Wie das heilige Weihnachtsfeſt vorbey war, ſagte man den Liven
und Letten an, ſie ſolten ſich fertig halten, und wider die Feinde des Namens
Chriſti ſich aufmachen. Es ſtieſſen auch die Deutſchen mit den Ordensbruͤ-
dern zu ihnen. So war auch Graf Burchard
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mit ſeinen Pilgern dabey, die
zuſammen uͤber das Eis des Meers marſchirten, und in die erſte Eſthniſche Pro-
vinz gelangten. Sie zertheilten die Armee auf alle Doͤrfer, folgten den fluͤchtigen
Eſthen aufm Fuſſe nach, ſchlugen die, ſo ertappet wurden, todt, entfuͤhrten Wei-
ber, Kinder und Vieh, verſamleten ſich vor dem Schloß Sontagana, belager-
ten die Eſthen in ſelbigem, und fochten mit ihnen neun Tage. Sie richteten de-
rohalben ein hoͤlzern Sturmdach auf, ſo ganz nahe an das Schloß gebracht ward.
Auf ſelbiges ſtiegen die Liven und Letten mit ihren Schuͤtzen, und ſchoſ-
ſen viele Eſthen auf der Spitze der Veſtung mit Lanzen und Pfeilen zu todte, ver-
wundeten viele und hinderten ſie an der Gegenwehr. Denn die Eſthen ſprun-
gen alzu verwegen zum Gefechte heraus, und bekamen alſo deſto mehr Bleßirte und
Todte, da ſie gleichſam den Schuͤtzen Platz machten. Nachdem endlich viel darauf
gegangen, und ſie weder Waſſer noch Proviant hatten, ergaben ſie ſich und baten
um gut Wetter. Die Deutſchen aber ſagten: Wenn ihr die Waffen eu-
rer Untreue wollet ſtrecken, und den wahren Frieden, der Chriſtus
iſt, in euer Schloß aufnehmen; ſo wollen wir eurer gerne ſchonen,
und euch wieder zu unſern Bruͤdern in Liebe annehmen. Wie ſie das
hoͤrten, verſprachen ſie mit Freuden, ſogleich das Sacrament der heiligen Taufe
mit den Pflichten des Chriſtenthums anzunehmen. Daher ward ſogleich nach
zwanzig Tagen der Prieſter Gottfried zu ihnen ins Schloß geſchickt; der ſie
ſegnete
*) [Hier ſpielt der Verfaſſer wieder mit Worten, Riga vero rigat gentes.]
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