Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite
Hamburgische
Dramaturgie.


Sieben und neunzigstes Stück.





Diese Auflösung, genau betrachtet, dürfte
wohl nicht in allen Stücken befriedigend
seyn. Denn zugegeben, daß fremde
Sitten der Absicht der Komödie nicht so gut
entsprechen, als einheimische: so bleibt noch
immer die Frage, ob die einheimischen Sitten
nicht auch zur Absicht der Tragödie ein besseres
Verhältniß haben, als fremde? Diese Frage
ist wenigstens durch die Schwierigkeit, einen
einheimischen Vorfall ohne allzumerkliche und
anstößige Veränderungen für die Bühne be-
quem zu machen, nicht beantwortet. Freylich
erfodern einheimische Sitten auch einheimische
Vorfälle: wenn denn aber nur mit jenen die
Tragödie am leichtesten und gewissesten ihren
Zweck erreichte, so müßte es ja doch wohl besser
seyn, sich über alle Schwierigkeiten, welche sich
bey Behandlung dieser finden, wegzusetzen, als

in
Y y
Hamburgiſche
Dramaturgie.


Sieben und neunzigſtes Stück.





Dieſe Auflöſung, genau betrachtet, dürfte
wohl nicht in allen Stücken befriedigend
ſeyn. Denn zugegeben, daß fremde
Sitten der Abſicht der Komödie nicht ſo gut
entſprechen, als einheimiſche: ſo bleibt noch
immer die Frage, ob die einheimiſchen Sitten
nicht auch zur Abſicht der Tragödie ein beſſeres
Verhältniß haben, als fremde? Dieſe Frage
iſt wenigſtens durch die Schwierigkeit, einen
einheimiſchen Vorfall ohne allzumerkliche und
anſtößige Veränderungen für die Bühne be-
quem zu machen, nicht beantwortet. Freylich
erfodern einheimiſche Sitten auch einheimiſche
Vorfälle: wenn denn aber nur mit jenen die
Tragödie am leichteſten und gewiſſeſten ihren
Zweck erreichte, ſo müßte es ja doch wohl beſſer
ſeyn, ſich über alle Schwierigkeiten, welche ſich
bey Behandlung dieſer finden, wegzuſetzen, als

in
Y y
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0359" n="[353]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Hamburgi&#x017F;che<lb/><hi rendition="#g">Dramaturgie</hi>.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Sieben und neunzig&#x017F;tes Stück.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <dateline>Den 5ten April, 1768.</dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>ie&#x017F;e Auflö&#x017F;ung, genau betrachtet, dürfte<lb/>
wohl nicht in allen Stücken befriedigend<lb/>
&#x017F;eyn. Denn zugegeben, daß fremde<lb/>
Sitten der Ab&#x017F;icht der Komödie nicht &#x017F;o gut<lb/>
ent&#x017F;prechen, als einheimi&#x017F;che: &#x017F;o bleibt noch<lb/>
immer die Frage, ob die einheimi&#x017F;chen Sitten<lb/>
nicht auch zur Ab&#x017F;icht der Tragödie ein be&#x017F;&#x017F;eres<lb/>
Verhältniß haben, als fremde? Die&#x017F;e Frage<lb/>
i&#x017F;t wenig&#x017F;tens durch die Schwierigkeit, einen<lb/>
einheimi&#x017F;chen Vorfall ohne allzumerkliche und<lb/>
an&#x017F;tößige Veränderungen für die Bühne be-<lb/>
quem zu machen, nicht beantwortet. Freylich<lb/>
erfodern einheimi&#x017F;che Sitten auch einheimi&#x017F;che<lb/>
Vorfälle: wenn denn aber nur mit jenen die<lb/>
Tragödie am leichte&#x017F;ten und gewi&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten ihren<lb/>
Zweck erreichte, &#x017F;o müßte es ja doch wohl be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
&#x017F;eyn, &#x017F;ich über alle Schwierigkeiten, welche &#x017F;ich<lb/>
bey Behandlung die&#x017F;er finden, wegzu&#x017F;etzen, als<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y y</fw><fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[353]/0359] Hamburgiſche Dramaturgie. Sieben und neunzigſtes Stück. Den 5ten April, 1768. Dieſe Auflöſung, genau betrachtet, dürfte wohl nicht in allen Stücken befriedigend ſeyn. Denn zugegeben, daß fremde Sitten der Abſicht der Komödie nicht ſo gut entſprechen, als einheimiſche: ſo bleibt noch immer die Frage, ob die einheimiſchen Sitten nicht auch zur Abſicht der Tragödie ein beſſeres Verhältniß haben, als fremde? Dieſe Frage iſt wenigſtens durch die Schwierigkeit, einen einheimiſchen Vorfall ohne allzumerkliche und anſtößige Veränderungen für die Bühne be- quem zu machen, nicht beantwortet. Freylich erfodern einheimiſche Sitten auch einheimiſche Vorfälle: wenn denn aber nur mit jenen die Tragödie am leichteſten und gewiſſeſten ihren Zweck erreichte, ſo müßte es ja doch wohl beſſer ſeyn, ſich über alle Schwierigkeiten, welche ſich bey Behandlung dieſer finden, wegzuſetzen, als in Y y

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/359
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. [353]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/359>, abgerufen am 30.12.2024.