Zu den bedeutendsten Einrissen der nordspanischen Küste zählt der Ria (Fjord) von Bilbao, in welchen der Gebirgsfluss Nervion, auch Ausa genannt, einmündet. In vielfach gewundenem Laufe und von fruchtbaren Vegas begleitet durchfliesst dieser ein blühendes, stellen- weise schluchtartig eingeengtes Thal, welches vermöge seiner gross- artigen und wechselvollen Naturscenerien zu den landschaftlich schönsten Gebieten Spaniens gezählt werden kann. Dort thront, 12 km von der Mündung bei Portugalete entfernt, in reizender Umgebung und male- risch zu beiden Seiten des Flusses aufgebaut, die Stadt Bilbao, die Unbesiegte, deren Bedeutung als wichtigster Exportplatz Spaniens für Eisenerze, bearbeitetes Eisen und Stahl in der letzten Zeit wesent- lich zugenommen hat.
Der Hafen wird durch die Berge d'Orchanda im Norden, de Morro im Osten und Maravilla im Süden geschützt; gegen Nordosten, woher eben die meisten Winde und eisigen Stürme kommen, ist er ganz offen. Diese ursprünglichen Verhältnisse waren der Schiffahrt durch- aus abträglich gewesen, aber seit dem Jahre 1878 hat die spanische Regierung durch kostspielige Kunstbauten zahlreiche Verbesserungen geschaffen und andere in Aussicht genommen, so dass der Seeverkehr hier binnen Kurzem die weitesten Erleichterungen finden wird. Die Flussregulirung, der Bau des neuen Dammes (Eisenrostwerk) bei Por- tugalette, die Baggerungen an der Flussbarre daselbst, die Errichtung von Bassins am Flusslaufe, die prächtige elektrische Beleuchtung durch eine grosse Zahl von Bogenlichtern, welche das linke Ufer des Rio bis Desierto markiren, all diese Werke haben Bilbao erst den Charakter eines modernen Seehafens aufgeprägt. Neuestens wird an die Abschliessung eines äusseren Hafens durch den Bau zweier mächtiger Dämme, und zwar des Rompeolas (Wellenbrecher) im Süden und des Contramuelle (Gegendamm) im Norden geschritten, wodurch ein gross- artiges gegen den Ansturm der hohen See geschütztes Becken ge-
Bilbao.
Zu den bedeutendsten Einrissen der nordspanischen Küste zählt der Ria (Fjord) von Bilbao, in welchen der Gebirgsfluss Nervion, auch Ausa genannt, einmündet. In vielfach gewundenem Laufe und von fruchtbaren Vegas begleitet durchfliesst dieser ein blühendes, stellen- weise schluchtartig eingeengtes Thal, welches vermöge seiner gross- artigen und wechselvollen Naturscenerien zu den landschaftlich schönsten Gebieten Spaniens gezählt werden kann. Dort thront, 12 km von der Mündung bei Portugalete entfernt, in reizender Umgebung und male- risch zu beiden Seiten des Flusses aufgebaut, die Stadt Bilbao, die Unbesiegte, deren Bedeutung als wichtigster Exportplatz Spaniens für Eisenerze, bearbeitetes Eisen und Stahl in der letzten Zeit wesent- lich zugenommen hat.
Der Hafen wird durch die Berge d’Orchanda im Norden, de Morro im Osten und Maravilla im Süden geschützt; gegen Nordosten, woher eben die meisten Winde und eisigen Stürme kommen, ist er ganz offen. Diese ursprünglichen Verhältnisse waren der Schiffahrt durch- aus abträglich gewesen, aber seit dem Jahre 1878 hat die spanische Regierung durch kostspielige Kunstbauten zahlreiche Verbesserungen geschaffen und andere in Aussicht genommen, so dass der Seeverkehr hier binnen Kurzem die weitesten Erleichterungen finden wird. Die Flussregulirung, der Bau des neuen Dammes (Eisenrostwerk) bei Por- tugalette, die Baggerungen an der Flussbarre daselbst, die Errichtung von Bassins am Flusslaufe, die prächtige elektrische Beleuchtung durch eine grosse Zahl von Bogenlichtern, welche das linke Ufer des Rio bis Desierto markiren, all diese Werke haben Bilbao erst den Charakter eines modernen Seehafens aufgeprägt. Neuestens wird an die Abschliessung eines äusseren Hafens durch den Bau zweier mächtiger Dämme, und zwar des Rompeolas (Wellenbrecher) im Süden und des Contramuelle (Gegendamm) im Norden geschritten, wodurch ein gross- artiges gegen den Ansturm der hohen See geschütztes Becken ge-
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Bilbao.
Zu den bedeutendsten Einrissen der nordspanischen Küste zählt
der Ria (Fjord) von Bilbao, in welchen der Gebirgsfluss Nervion, auch
Ausa genannt, einmündet. In vielfach gewundenem Laufe und von
fruchtbaren Vegas begleitet durchfliesst dieser ein blühendes, stellen-
weise schluchtartig eingeengtes Thal, welches vermöge seiner gross-
artigen und wechselvollen Naturscenerien zu den landschaftlich schönsten
Gebieten Spaniens gezählt werden kann. Dort thront, 12 km von der
Mündung bei Portugalete entfernt, in reizender Umgebung und male-
risch zu beiden Seiten des Flusses aufgebaut, die Stadt Bilbao, die
Unbesiegte, deren Bedeutung als wichtigster Exportplatz Spaniens
für Eisenerze, bearbeitetes Eisen und Stahl in der letzten Zeit wesent-
lich zugenommen hat.
Der Hafen wird durch die Berge d’Orchanda im Norden, de
Morro im Osten und Maravilla im Süden geschützt; gegen Nordosten,
woher eben die meisten Winde und eisigen Stürme kommen, ist er ganz
offen. Diese ursprünglichen Verhältnisse waren der Schiffahrt durch-
aus abträglich gewesen, aber seit dem Jahre 1878 hat die spanische
Regierung durch kostspielige Kunstbauten zahlreiche Verbesserungen
geschaffen und andere in Aussicht genommen, so dass der Seeverkehr
hier binnen Kurzem die weitesten Erleichterungen finden wird. Die
Flussregulirung, der Bau des neuen Dammes (Eisenrostwerk) bei Por-
tugalette, die Baggerungen an der Flussbarre daselbst, die Errichtung
von Bassins am Flusslaufe, die prächtige elektrische Beleuchtung
durch eine grosse Zahl von Bogenlichtern, welche das linke Ufer des
Rio bis Desierto markiren, all diese Werke haben Bilbao erst den
Charakter eines modernen Seehafens aufgeprägt. Neuestens wird an die
Abschliessung eines äusseren Hafens durch den Bau zweier mächtiger
Dämme, und zwar des Rompeolas (Wellenbrecher) im Süden und des
Contramuelle (Gegendamm) im Norden geschritten, wodurch ein gross-
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [560]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/580>, abgerufen am 21.11.2024.
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