Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
Luft, damit eine längere Flamme gebildet werde (vergl. die Bemerkungen
auf S. 115). Die in der dritten Abtheilung enthaltene Abbildung eines
Martinofens mit Siemensfeuerung (vergl. Martinprocess) wird noch besser
als die soeben erwähnte die Einrichtung eines solchen Schmelzofens für
Roheisen veranschaulichen.

Mehrere derartige Oefen sind im Teplitzer Bessemerwerke im Be-
triebe. Sie werden mit Braunkohlengas geheizt, welches zuvor durch
Condensation eines grossen Theils seines Wassergehaltes beraubt wurde
(S. 95). Jeder Ofen fasst 6.5 t Roheisen; die Herdlänge ist 3.8 m, die
Herdbreite 2.0 m. Das geschmolzene Eisen nimmt die ganze Herdbreite,
von der Länge dagegen nur 3 m ein und steht in der Mitte 0.3 m tief.
Die Regeneratoren für Luft enthalten 15.5 cbm, diejenigen für Gas
14.5 cbm. Die Gesammtrostfläche der Generatoren beträgt per Ofen
5--8 qm. Das Schmelzen der oben genannten Roheisenmenge währt,
wenn die Oefen einmal in Gluth sind, ca. 2 Stunden; in 24 Stunden
werden 8 Einsätze verarbeitet. 1) Der Brennstoffverbrauch zum Schmelzen
von 1000 kg Roheisen beträgt 450 kg Teplitzer Braunkohle (Nusskohle).

Beachtenswerth ist die bedeutende Verringerung des Mangan-
gehaltes des Roheisens in diesen Oefen. Ein (weisses) Roheisen mit
2 Proc. Mangan enthält nach dem Schmelzen nur noch 0.6 Proc.2)

C. Tiegelöfen.

Noch seltener als Flammöfen kommen Tiegelöfen zum Schmelzen
des Roheisens in Anwendung. Der Brennstoffverbrauch hierbei beträgt
mindestens das Zehnfache als beim Schmelzen in Cupolöfen; der Ver-
brauch an Tiegeln vertheuert fernerhin das Verfahren; die Menge des
in einem einzigen Tiegel zu schmelzenden Metalles aber ist beschränkt
und geht selten über 50 kg hinaus, so dass für grössere Schmelzen
auch eine grosse Anzahl Tiegel erforderlich sein würden. Diesen schwer
wiegenden Nachtheilen des Tiegelschmelzens vermag der Umstand, dass
die chemische Zusammensetzung des Roheisens weniger als bei anderen
Schmelzmethoden geändert wird, nur in Ausnahmefällen das Gegen-
gewicht zu halten. In der That findet das Tiegelschmelzen des Roh-
eisens nur bei einem einzigen Zweige des Eisenhüttenbetriebes, der in
der dritten Abtheilung besprochenen Darstellung sogenannten schmied-
baren Gusses, Verwendung; und auch hierbei ersetzt man in der Neuzeit
den Tiegelofen mehr und mehr durch den billiger arbeitenden Cupolofen.

Die einfachste und zum Roheisenschmelzen auch am häufigsten
angewendete Form eines Tiegelofens ist ein niedriger Schacht, unten
durch einen Rost abgeschlossen, auf dem die Tiegel stehen, um durch
die rings herum eingeschütteten Kohlen (Koks) erhitzt zu werden. Man
hat Oefen für einen und für mehrere Tiegel; da aber die Schwierig-
keit, eine gleichmässige Erhitzung mehrerer Tiegel zu erreichen, mit
ihrer Anzahl wächst, so geht man selten über vier bis fünf, fast niemals
über neun Tiegel hinaus. Der Querschnitt durch den Schacht ist kreis-
förmig, quadratisch oder oblong.

1) Für das Einsetzen und Abstechen des Roheisens ist mithin etwa 1 Stunde
Zeit erforderlich.
2) "Stahl und Eisen" 1883, S. 214.

Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
Luft, damit eine längere Flamme gebildet werde (vergl. die Bemerkungen
auf S. 115). Die in der dritten Abtheilung enthaltene Abbildung eines
Martinofens mit Siemensfeuerung (vergl. Martinprocess) wird noch besser
als die soeben erwähnte die Einrichtung eines solchen Schmelzofens für
Roheisen veranschaulichen.

Mehrere derartige Oefen sind im Teplitzer Bessemerwerke im Be-
triebe. Sie werden mit Braunkohlengas geheizt, welches zuvor durch
Condensation eines grossen Theils seines Wassergehaltes beraubt wurde
(S. 95). Jeder Ofen fasst 6.5 t Roheisen; die Herdlänge ist 3.8 m, die
Herdbreite 2.0 m. Das geschmolzene Eisen nimmt die ganze Herdbreite,
von der Länge dagegen nur 3 m ein und steht in der Mitte 0.3 m tief.
Die Regeneratoren für Luft enthalten 15.5 cbm, diejenigen für Gas
14.5 cbm. Die Gesammtrostfläche der Generatoren beträgt per Ofen
5—8 qm. Das Schmelzen der oben genannten Roheisenmenge währt,
wenn die Oefen einmal in Gluth sind, ca. 2 Stunden; in 24 Stunden
werden 8 Einsätze verarbeitet. 1) Der Brennstoffverbrauch zum Schmelzen
von 1000 kg Roheisen beträgt 450 kg Teplitzer Braunkohle (Nusskohle).

Beachtenswerth ist die bedeutende Verringerung des Mangan-
gehaltes des Roheisens in diesen Oefen. Ein (weisses) Roheisen mit
2 Proc. Mangan enthält nach dem Schmelzen nur noch 0.6 Proc.2)

C. Tiegelöfen.

Noch seltener als Flammöfen kommen Tiegelöfen zum Schmelzen
des Roheisens in Anwendung. Der Brennstoffverbrauch hierbei beträgt
mindestens das Zehnfache als beim Schmelzen in Cupolöfen; der Ver-
brauch an Tiegeln vertheuert fernerhin das Verfahren; die Menge des
in einem einzigen Tiegel zu schmelzenden Metalles aber ist beschränkt
und geht selten über 50 kg hinaus, so dass für grössere Schmelzen
auch eine grosse Anzahl Tiegel erforderlich sein würden. Diesen schwer
wiegenden Nachtheilen des Tiegelschmelzens vermag der Umstand, dass
die chemische Zusammensetzung des Roheisens weniger als bei anderen
Schmelzmethoden geändert wird, nur in Ausnahmefällen das Gegen-
gewicht zu halten. In der That findet das Tiegelschmelzen des Roh-
eisens nur bei einem einzigen Zweige des Eisenhüttenbetriebes, der in
der dritten Abtheilung besprochenen Darstellung sogenannten schmied-
baren Gusses, Verwendung; und auch hierbei ersetzt man in der Neuzeit
den Tiegelofen mehr und mehr durch den billiger arbeitenden Cupolofen.

Die einfachste und zum Roheisenschmelzen auch am häufigsten
angewendete Form eines Tiegelofens ist ein niedriger Schacht, unten
durch einen Rost abgeschlossen, auf dem die Tiegel stehen, um durch
die rings herum eingeschütteten Kohlen (Koks) erhitzt zu werden. Man
hat Oefen für einen und für mehrere Tiegel; da aber die Schwierig-
keit, eine gleichmässige Erhitzung mehrerer Tiegel zu erreichen, mit
ihrer Anzahl wächst, so geht man selten über vier bis fünf, fast niemals
über neun Tiegel hinaus. Der Querschnitt durch den Schacht ist kreis-
förmig, quadratisch oder oblong.

1) Für das Einsetzen und Abstechen des Roheisens ist mithin etwa 1 Stunde
Zeit erforderlich.
2) „Stahl und Eisen“ 1883, S. 214.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0686" n="618"/><fw place="top" type="header">Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.</fw><lb/>
Luft, damit eine längere Flamme gebildet werde (vergl. die Bemerkungen<lb/>
auf S. 115). Die in der dritten Abtheilung enthaltene Abbildung eines<lb/>
Martinofens mit Siemensfeuerung (vergl. Martinprocess) wird noch besser<lb/>
als die soeben erwähnte die Einrichtung eines solchen Schmelzofens für<lb/>
Roheisen veranschaulichen.</p><lb/>
              <p>Mehrere derartige Oefen sind im Teplitzer Bessemerwerke im Be-<lb/>
triebe. Sie werden mit Braunkohlengas geheizt, welches zuvor durch<lb/>
Condensation eines grossen Theils seines Wassergehaltes beraubt wurde<lb/>
(S. 95). Jeder Ofen fasst 6.<hi rendition="#sub">5</hi> t Roheisen; die Herdlänge ist 3.<hi rendition="#sub">8</hi> m, die<lb/>
Herdbreite 2.<hi rendition="#sub">0</hi> m. Das geschmolzene Eisen nimmt die ganze Herdbreite,<lb/>
von der Länge dagegen nur 3 m ein und steht in der Mitte 0.<hi rendition="#sub">3</hi> m tief.<lb/>
Die Regeneratoren für Luft enthalten 15.<hi rendition="#sub">5</hi> cbm, diejenigen für Gas<lb/>
14.<hi rendition="#sub">5</hi> cbm. Die Gesammtrostfläche der Generatoren beträgt per Ofen<lb/>
5&#x2014;8 qm. Das Schmelzen der oben genannten Roheisenmenge währt,<lb/>
wenn die Oefen einmal in Gluth sind, ca. 2 Stunden; in 24 Stunden<lb/>
werden 8 Einsätze verarbeitet. <note place="foot" n="1)">Für das Einsetzen und Abstechen des Roheisens ist mithin etwa 1 Stunde<lb/>
Zeit erforderlich.</note> Der Brennstoffverbrauch zum Schmelzen<lb/>
von 1000 kg Roheisen beträgt 450 kg Teplitzer Braunkohle (Nusskohle).</p><lb/>
              <p>Beachtenswerth ist die bedeutende Verringerung des Mangan-<lb/>
gehaltes des Roheisens in diesen Oefen. Ein (weisses) Roheisen mit<lb/>
2 Proc. Mangan enthält nach dem Schmelzen nur noch 0.<hi rendition="#sub">6</hi> Proc.<note place="foot" n="2)">&#x201E;Stahl und Eisen&#x201C; 1883, S. 214.</note></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">C. Tiegelöfen.</hi> </head><lb/>
              <p>Noch seltener als Flammöfen kommen Tiegelöfen zum Schmelzen<lb/>
des Roheisens in Anwendung. Der Brennstoffverbrauch hierbei beträgt<lb/>
mindestens das Zehnfache als beim Schmelzen in Cupolöfen; der Ver-<lb/>
brauch an Tiegeln vertheuert fernerhin das Verfahren; die Menge des<lb/>
in einem einzigen Tiegel zu schmelzenden Metalles aber ist beschränkt<lb/>
und geht selten über 50 kg hinaus, so dass für grössere Schmelzen<lb/>
auch eine grosse Anzahl Tiegel erforderlich sein würden. Diesen schwer<lb/>
wiegenden Nachtheilen des Tiegelschmelzens vermag der Umstand, dass<lb/>
die chemische Zusammensetzung des Roheisens weniger als bei anderen<lb/>
Schmelzmethoden geändert wird, nur in Ausnahmefällen das Gegen-<lb/>
gewicht zu halten. In der That findet das Tiegelschmelzen des Roh-<lb/>
eisens nur bei einem einzigen Zweige des Eisenhüttenbetriebes, der in<lb/>
der dritten Abtheilung besprochenen Darstellung sogenannten schmied-<lb/>
baren Gusses, Verwendung; und auch hierbei ersetzt man in der Neuzeit<lb/>
den Tiegelofen mehr und mehr durch den billiger arbeitenden Cupolofen.</p><lb/>
              <p>Die einfachste und zum Roheisenschmelzen auch am häufigsten<lb/>
angewendete Form eines Tiegelofens ist ein niedriger Schacht, unten<lb/>
durch einen Rost abgeschlossen, auf dem die Tiegel stehen, um durch<lb/>
die rings herum eingeschütteten Kohlen (Koks) erhitzt zu werden. Man<lb/>
hat Oefen für einen und für mehrere Tiegel; da aber die Schwierig-<lb/>
keit, eine gleichmässige Erhitzung mehrerer Tiegel zu erreichen, mit<lb/>
ihrer Anzahl wächst, so geht man selten über vier bis fünf, fast niemals<lb/>
über neun Tiegel hinaus. Der Querschnitt durch den Schacht ist kreis-<lb/>
förmig, quadratisch oder oblong.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[618/0686] Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens. Luft, damit eine längere Flamme gebildet werde (vergl. die Bemerkungen auf S. 115). Die in der dritten Abtheilung enthaltene Abbildung eines Martinofens mit Siemensfeuerung (vergl. Martinprocess) wird noch besser als die soeben erwähnte die Einrichtung eines solchen Schmelzofens für Roheisen veranschaulichen. Mehrere derartige Oefen sind im Teplitzer Bessemerwerke im Be- triebe. Sie werden mit Braunkohlengas geheizt, welches zuvor durch Condensation eines grossen Theils seines Wassergehaltes beraubt wurde (S. 95). Jeder Ofen fasst 6.5 t Roheisen; die Herdlänge ist 3.8 m, die Herdbreite 2.0 m. Das geschmolzene Eisen nimmt die ganze Herdbreite, von der Länge dagegen nur 3 m ein und steht in der Mitte 0.3 m tief. Die Regeneratoren für Luft enthalten 15.5 cbm, diejenigen für Gas 14.5 cbm. Die Gesammtrostfläche der Generatoren beträgt per Ofen 5—8 qm. Das Schmelzen der oben genannten Roheisenmenge währt, wenn die Oefen einmal in Gluth sind, ca. 2 Stunden; in 24 Stunden werden 8 Einsätze verarbeitet. 1) Der Brennstoffverbrauch zum Schmelzen von 1000 kg Roheisen beträgt 450 kg Teplitzer Braunkohle (Nusskohle). Beachtenswerth ist die bedeutende Verringerung des Mangan- gehaltes des Roheisens in diesen Oefen. Ein (weisses) Roheisen mit 2 Proc. Mangan enthält nach dem Schmelzen nur noch 0.6 Proc. 2) C. Tiegelöfen. Noch seltener als Flammöfen kommen Tiegelöfen zum Schmelzen des Roheisens in Anwendung. Der Brennstoffverbrauch hierbei beträgt mindestens das Zehnfache als beim Schmelzen in Cupolöfen; der Ver- brauch an Tiegeln vertheuert fernerhin das Verfahren; die Menge des in einem einzigen Tiegel zu schmelzenden Metalles aber ist beschränkt und geht selten über 50 kg hinaus, so dass für grössere Schmelzen auch eine grosse Anzahl Tiegel erforderlich sein würden. Diesen schwer wiegenden Nachtheilen des Tiegelschmelzens vermag der Umstand, dass die chemische Zusammensetzung des Roheisens weniger als bei anderen Schmelzmethoden geändert wird, nur in Ausnahmefällen das Gegen- gewicht zu halten. In der That findet das Tiegelschmelzen des Roh- eisens nur bei einem einzigen Zweige des Eisenhüttenbetriebes, der in der dritten Abtheilung besprochenen Darstellung sogenannten schmied- baren Gusses, Verwendung; und auch hierbei ersetzt man in der Neuzeit den Tiegelofen mehr und mehr durch den billiger arbeitenden Cupolofen. Die einfachste und zum Roheisenschmelzen auch am häufigsten angewendete Form eines Tiegelofens ist ein niedriger Schacht, unten durch einen Rost abgeschlossen, auf dem die Tiegel stehen, um durch die rings herum eingeschütteten Kohlen (Koks) erhitzt zu werden. Man hat Oefen für einen und für mehrere Tiegel; da aber die Schwierig- keit, eine gleichmässige Erhitzung mehrerer Tiegel zu erreichen, mit ihrer Anzahl wächst, so geht man selten über vier bis fünf, fast niemals über neun Tiegel hinaus. Der Querschnitt durch den Schacht ist kreis- förmig, quadratisch oder oblong. 1) Für das Einsetzen und Abstechen des Roheisens ist mithin etwa 1 Stunde Zeit erforderlich. 2) „Stahl und Eisen“ 1883, S. 214.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/686
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/686>, abgerufen am 22.12.2024.