Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
V. Abschnitt. VII. Fragment.
Siebentes Fragment.
[Abbildung]

Zween Köpfe, deren äußerste Verschiedenheit jedem Auge des Menschen und des Viehes auffal-
lend seyn muß. -- Der Physiognomist kann sie in sehr vielen verschiedenen Absichten betrachten. Aus
dem Gesichtspunkte der Menschheit, der Nationalität, der Schönheit und Häßlichkeit. Bey-
des sind Menschenköpfe, und ob ich gleich nicht ganz dafür gut stehen will, daß der Zeichner nichts
davon und dazu gethan habe, so darf ich dennoch für die Wahrheit der Hauptform, und den Grad
der Differenz gut stehen; denn wenn auch das Mißgestaltige in dem Baschkiren, wie's wahrschein-
lich ist, einigermaßen übertrieben seyn sollte, obgleich ein Augenzeuge von feinem physiognomischen
Sinn mich des Gegentheils versichern will -- so wollte ich wohl dafür alles wetten, daß die Schön-
heit der Giorgierinn nicht erreicht ist, nicht erreicht seyn kann. Man kann hier, wie von vielen
Porträten großer Leute, mit Gewißheit sagen: Wo so viel ist, muß noch mehr seyn.

So
V. Abſchnitt. VII. Fragment.
Siebentes Fragment.
[Abbildung]

Zween Koͤpfe, deren aͤußerſte Verſchiedenheit jedem Auge des Menſchen und des Viehes auffal-
lend ſeyn muß. — Der Phyſiognomiſt kann ſie in ſehr vielen verſchiedenen Abſichten betrachten. Aus
dem Geſichtspunkte der Menſchheit, der Nationalitaͤt, der Schoͤnheit und Haͤßlichkeit. Bey-
des ſind Menſchenkoͤpfe, und ob ich gleich nicht ganz dafuͤr gut ſtehen will, daß der Zeichner nichts
davon und dazu gethan habe, ſo darf ich dennoch fuͤr die Wahrheit der Hauptform, und den Grad
der Differenz gut ſtehen; denn wenn auch das Mißgeſtaltige in dem Baſchkiren, wie’s wahrſchein-
lich iſt, einigermaßen uͤbertrieben ſeyn ſollte, obgleich ein Augenzeuge von feinem phyſiognomiſchen
Sinn mich des Gegentheils verſichern will — ſo wollte ich wohl dafuͤr alles wetten, daß die Schoͤn-
heit der Giorgierinn nicht erreicht iſt, nicht erreicht ſeyn kann. Man kann hier, wie von vielen
Portraͤten großer Leute, mit Gewißheit ſagen: Wo ſo viel iſt, muß noch mehr ſeyn.

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0370" n="314"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Ab&#x017F;chnitt. <hi rendition="#aq">VII.</hi> Fragment.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Siebentes Fragment.</hi> </hi> </head><lb/>
            <figure/>
            <p><hi rendition="#in">Z</hi>ween Ko&#x0364;pfe, deren a&#x0364;ußer&#x017F;te Ver&#x017F;chiedenheit jedem Auge des Men&#x017F;chen und des Viehes auffal-<lb/>
lend &#x017F;eyn muß. &#x2014; Der Phy&#x017F;iognomi&#x017F;t kann &#x017F;ie in &#x017F;ehr vielen ver&#x017F;chiedenen Ab&#x017F;ichten betrachten. Aus<lb/>
dem Ge&#x017F;ichtspunkte der <hi rendition="#fr">Men&#x017F;chheit,</hi> der <hi rendition="#fr">Nationalita&#x0364;t,</hi> der <hi rendition="#fr">Scho&#x0364;nheit</hi> und <hi rendition="#fr">Ha&#x0364;ßlichkeit.</hi> Bey-<lb/>
des &#x017F;ind Men&#x017F;chenko&#x0364;pfe, und ob ich gleich nicht ganz dafu&#x0364;r gut &#x017F;tehen will, daß der Zeichner nichts<lb/>
davon und dazu gethan habe, &#x017F;o darf ich dennoch fu&#x0364;r die Wahrheit der Hauptform, und den Grad<lb/>
der Differenz gut &#x017F;tehen; denn wenn auch das Mißge&#x017F;taltige in dem <hi rendition="#fr">Ba&#x017F;chkiren,</hi> wie&#x2019;s wahr&#x017F;chein-<lb/>
lich i&#x017F;t, einigermaßen u&#x0364;bertrieben &#x017F;eyn &#x017F;ollte, obgleich ein Augenzeuge von feinem phy&#x017F;iognomi&#x017F;chen<lb/>
Sinn mich des Gegentheils ver&#x017F;ichern will &#x2014; &#x017F;o wollte ich wohl dafu&#x0364;r alles wetten, daß die Scho&#x0364;n-<lb/>
heit der <hi rendition="#fr">Giorgierinn</hi> nicht erreicht i&#x017F;t, nicht erreicht &#x017F;eyn kann. Man kann hier, wie von vielen<lb/>
Portra&#x0364;ten großer Leute, mit Gewißheit &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Wo &#x017F;o viel i&#x017F;t, muß noch mehr &#x017F;eyn.</hi></p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0370] V. Abſchnitt. VII. Fragment. Siebentes Fragment. [Abbildung] Zween Koͤpfe, deren aͤußerſte Verſchiedenheit jedem Auge des Menſchen und des Viehes auffal- lend ſeyn muß. — Der Phyſiognomiſt kann ſie in ſehr vielen verſchiedenen Abſichten betrachten. Aus dem Geſichtspunkte der Menſchheit, der Nationalitaͤt, der Schoͤnheit und Haͤßlichkeit. Bey- des ſind Menſchenkoͤpfe, und ob ich gleich nicht ganz dafuͤr gut ſtehen will, daß der Zeichner nichts davon und dazu gethan habe, ſo darf ich dennoch fuͤr die Wahrheit der Hauptform, und den Grad der Differenz gut ſtehen; denn wenn auch das Mißgeſtaltige in dem Baſchkiren, wie’s wahrſchein- lich iſt, einigermaßen uͤbertrieben ſeyn ſollte, obgleich ein Augenzeuge von feinem phyſiognomiſchen Sinn mich des Gegentheils verſichern will — ſo wollte ich wohl dafuͤr alles wetten, daß die Schoͤn- heit der Giorgierinn nicht erreicht iſt, nicht erreicht ſeyn kann. Man kann hier, wie von vielen Portraͤten großer Leute, mit Gewißheit ſagen: Wo ſo viel iſt, muß noch mehr ſeyn. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/370
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/370>, abgerufen am 18.12.2024.