Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.I. Fragment. Von der Allgemeinheit Erstes Fragment. Von der Allgemeinheit des physiognomischen Gefühles. Wir haben besonders im VII. Fragmente des ersten Bandes bereits verschiedenes von der All- Durch dieß physiognomische Gefühl verstehen wir -- "die durch gewisse Physiognomien Dieß Gefühl ist sehr allgemein, das ist -- es ist kein Mensch, (und vielleicht kein Thier) So verschieden nun auch immer die Eindrücke seyn mögen, die derselbe Gegenstand auf Man darf von hundert Beweisen für die Allgemeinheit dieses physiognomischen Gefühles Die schon angeführte allgemeine schnelle Beurtheilung aller Menschen nach ihrem Aeußer- "Gesicht
I. Fragment. Von der Allgemeinheit Erſtes Fragment. Von der Allgemeinheit des phyſiognomiſchen Gefuͤhles. Wir haben beſonders im VII. Fragmente des erſten Bandes bereits verſchiedenes von der All- Durch dieß phyſiognomiſche Gefuͤhl verſtehen wir — „die durch gewiſſe Phyſiognomien Dieß Gefuͤhl iſt ſehr allgemein, das iſt — es iſt kein Menſch, (und vielleicht kein Thier) So verſchieden nun auch immer die Eindruͤcke ſeyn moͤgen, die derſelbe Gegenſtand auf Man darf von hundert Beweiſen fuͤr die Allgemeinheit dieſes phyſiognomiſchen Gefuͤhles Die ſchon angefuͤhrte allgemeine ſchnelle Beurtheilung aller Menſchen nach ihrem Aeußer- „Geſicht
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I. Fragment. Von der Allgemeinheit
Erſtes Fragment.
Von der Allgemeinheit des phyſiognomiſchen Gefuͤhles.
Wir haben beſonders im VII. Fragmente des erſten Bandes bereits verſchiedenes von der All-
gemeinheit des phyſiognomiſchen Gefuͤhles geredet; hin und wieder uns auch mehrmals darauf be-
rufen; und noch ſehr oft werden wir Gelegenheit haben, darauf zuruͤckzukehren.
Durch dieß phyſiognomiſche Gefuͤhl verſtehen wir — „die durch gewiſſe Phyſiognomien
„veranlaßte Empfindung und Vermuthung von der Gemuͤthsbeſchaffenheit, die damit verbunden
„iſt; von dem Jnnern des Menſchen, den wir vor uns haben. —“
Dieß Gefuͤhl iſt ſehr allgemein, das iſt — es iſt kein Menſch, (und vielleicht kein Thier)
dem nicht ſo gut phyſiognomiſches Gefuͤhl gegeben ſey, als ihm Augen gegeben ſind, zu ſehen. Ein
jeder hat ungleiche Empfindungen, bey ungleichen Menſchengeſtalten. Jede Menſchengeſtalt macht
einen andern Eindruck auf jeden, erregt andere Empfindungen in ihm, als jede andere.
So verſchieden nun auch immer die Eindruͤcke ſeyn moͤgen, die derſelbe Gegenſtand auf
verſchiedene Zuſchauer macht; ſo widerſprechend die Urtheile von einer und ebenderſelben Geſtalt;
ſo giebt es dennoch gewiſſe Extreme, gewiſſe Geſtalten, Phyſiognomien, Mienen, Lineamente —
von denen alle Menſchen, die nicht augenſcheinlich toll ſind, daſſelbe Urtheil faͤllen, welche ſie we-
nigſtens uͤberhaupt in Eine Claſſe ſetzen werden. So wie alle Menſchen, ſo verſchieden ſie ſonſt
uͤber die Aehnlichkeit deſſelben Portraͤts denken und urtheilen moͤgen, dennoch von gewiſſen Por-
traͤten einmuͤthig ſagen werden „zum Sprechen aͤhnlich“ — oder „durchaus unaͤhnlich! —“
Man darf von hundert Beweiſen fuͤr die Allgemeinheit dieſes phyſiognomiſchen Gefuͤhles
nur einige nennen, um die Sache außer Zweifel zu ſetzen.
Die ſchon angefuͤhrte allgemeine ſchnelle Beurtheilung aller Menſchen nach ihrem Aeußer-
lichen will ich nicht wiederholen. — Nur ſo viel will ich noch ſagen: Man gebe nur ein Paar Tage
Acht auf alles, was man etwa von Menſchen hoͤrt, oder lieſt. Man wird allenthalben, ſelber von
Gegnern der Phyſiognomik, phyſiognomiſche Urtheile von Menſchen hoͤren und leſen. — „Man
„ſieht’s ihm an den Augen an“ — „Man darf den Mann nur anſehen“ — „Er hat ein ehrlich
„Geſicht
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