Auf den Neujahrstag 1776 war Freund Ouvrier Rector der Universität geworden. Er verwaltete sein Rectorat nach gewissen Grundsätzen, die ihn äus- serst verhaßt machten, und ihm manches pereat zu- zogen. Der Kanzler Koch haßte ihn aus vielen Ursachen, vorzüglich wegen seines Schwiegervaters, des Geheimen Raths Miltenberg zu Darmstadt. Herr Schmid sagt zwar in der dickbelobten Apologie: Millenberg sey immer ein vorzüglicher Freund und Gönner von Kochen gewesen; das ist aber mit Herrn Schmids Erlaubniß, nicht wahr: wenigstens haßte Koch im Jahr 1776 den Geheimen Rath Miltenberg von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüthe, und aus allen seinen Kräften, und hielt diesen Haß für sein erstes und gröstes Gebot. Freilich sehr unevangelisch; aber Herr Koch ist nicht sehr orthodox, was die Moral betrift -- wie das gewöhnlich der Fall bei vielen Orthodoxen ist! -- In der Dogmatik ist er aller- dings rechtgläubig, geht aber nicht in die Kirche, als am Neujahrstage, wenn der neue Rector in der Kirche inaugurirt wird.
Zwanzigſtes Kapitel.
Ein Maͤuſekrieg in Gießen!
Auf den Neujahrstag 1776 war Freund Ouvrier Rector der Univerſitaͤt geworden. Er verwaltete ſein Rectorat nach gewiſſen Grundſaͤtzen, die ihn aͤuſ- ſerſt verhaßt machten, und ihm manches pereat zu- zogen. Der Kanzler Koch haßte ihn aus vielen Urſachen, vorzuͤglich wegen ſeines Schwiegervaters, des Geheimen Raths Miltenberg zu Darmſtadt. Herr Schmid ſagt zwar in der dickbelobten Apologie: Millenberg ſey immer ein vorzuͤglicher Freund und Goͤnner von Kochen geweſen; das iſt aber mit Herrn Schmids Erlaubniß, nicht wahr: wenigſtens haßte Koch im Jahr 1776 den Geheimen Rath Miltenberg von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemuͤthe, und aus allen ſeinen Kraͤften, und hielt dieſen Haß fuͤr ſein erſtes und groͤſtes Gebot. Freilich ſehr unevangeliſch; aber Herr Koch iſt nicht ſehr orthodox, was die Moral betrift — wie das gewoͤhnlich der Fall bei vielen Orthodoxen iſt! — In der Dogmatik iſt er aller- dings rechtglaͤubig, geht aber nicht in die Kirche, als am Neujahrstage, wenn der neue Rector in der Kirche inaugurirt wird.
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Zwanzigſtes Kapitel.
Ein Maͤuſekrieg in Gießen!
Auf den Neujahrstag 1776 war Freund Ouvrier
Rector der Univerſitaͤt geworden. Er verwaltete
ſein Rectorat nach gewiſſen Grundſaͤtzen, die ihn aͤuſ-
ſerſt verhaßt machten, und ihm manches pereat zu-
zogen. Der Kanzler Koch haßte ihn aus vielen
Urſachen, vorzuͤglich wegen ſeines Schwiegervaters,
des Geheimen Raths Miltenberg zu Darmſtadt.
Herr Schmid ſagt zwar in der dickbelobten Apologie:
Millenberg ſey immer ein vorzuͤglicher Freund
und Goͤnner von Kochen geweſen; das iſt aber mit
Herrn Schmids Erlaubniß, nicht wahr: wenigſtens
haßte Koch im Jahr 1776 den Geheimen Rath
Miltenberg von ganzem Herzen, von ganzer Seele
und von ganzem Gemuͤthe, und aus allen ſeinen
Kraͤften, und hielt dieſen Haß fuͤr ſein erſtes und
groͤſtes Gebot. Freilich ſehr unevangeliſch; aber
Herr Koch iſt nicht ſehr orthodox, was die Moral
betrift — wie das gewoͤhnlich der Fall bei vielen
Orthodoxen iſt! — In der Dogmatik iſt er aller-
dings rechtglaͤubig, geht aber nicht in die Kirche, als
am Neujahrstage, wenn der neue Rector in der
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/192>, abgerufen am 21.11.2024.
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